Sicherheit des stadtischen Archivs sehleunigst zu sorgen. Also nun war es klar die langst erwarteten Verbiindeten waren im Anmarsch Und was war an der Sache Schon vor dem Krieg war von der belgischen Bebörde eine derar- tige Verordnung erlassen worden. Man hatte ihr aber damals nicht nachkommen können, weil man gerade die Biiroraume im Rathaus baulich veriinderte. Nun hatte die deutsche Verwaltung die Sache abermals aufgegriffen. Die nun schon verpuffte franz.-engl. Offensive hat über haupt in den Köpfen der armen Belgier wieder einmal viel Verwirrung angerichtet. In Aalst konzertiert ieden Mitte- woch Mittag die Landsturmkapelle. Am letzten Mittwoch aber nicht. Warum nicht Nun wenn die Verbündeten schon in Roulers sind, wird doch die Sache verdammt ernst für die Deutschen. Ein Neunmalweiser hatte das irgendwie und irgendwo gelesen. Und die Feldschlachtereien waren auch schon aus der vorgeschobenen Stellung nach Gent verlegt worden. Ja, ja, da ist's kein Wunder, wenn man keine Lust hat, Musik anzuhören. In Wirklichkeit aber hatten die Landstürmer und mit ihnen die Mitglieder der Kapelle in jenen Tagen starkeren Nacht-Patrouiliedienst gehabt, da wollte man ihnen eben am Tage etwas Ruhe gönnen. Wie nennt der Berichterstatter aus Lier in der Vlaam- schen Post die die obige Notiz brachte, seine lieben Mit- bürger Schaapjes d. h. auf deutsch kleine Schafe Wir haben dem nichts hinzuzufügen. S c h w i n d e 1Man kann in Belgien haufig die Redensart horen Ich glaube keiner Zeitung mehr, alle lügen, die englischen sowohl wie die französischen, deut schen, belgischen und holiandischen Weisst du, was das heisst Das heisst kurz und bündig Die deutschen Zeitungen lügen Aber das so auszusprechen, ist zur Zeit gefahriich, und so kleidet man denn vorsichtshalber seine Meinung in die obige verbindlichere Form, indem man das deutsche möglichst unauffallig zwischen die anderen Nationalitaten schiebt. Mit Eifer fahndet man nach franzö sischen und englischen Zeitungen, die der Eroberer das ist doch recht verdachtig in Belgien verboten hat, und immer noch schlüpfen einige Exemplare durch irgend welche Hintertiir herein. Zwar müssen solche Nummern schwer bezahlt werden, mais ce n'est rien, man hat doch auch endlich mal einen Einblick in die wirkliche Kriegslage. Diese Schwache ihrer Mitbürger haben sich einige Brüsseler Gauner zu nutze gemacht. Sie haben sich Nummern der Pariser Zeitungen Matin und Journal verschafft, die bei einem Durchschnittspreis von einer Mark in den dunklen Abendstunden reissenden Absatz finden. Froh eilt der glückllche Kaufer heim und stürzt sich auf die seltene Lektüre, die er aber bald argerlich bei Seite wirft, denn was er da in der Hand hat, ist eine schon vor dem Krieg erschienene Nummer. - - Und nicht einmal anzeigem kann er die Gauner, die ihm das Blatt verkauft haben Vlamische Bauern in Deutschland. Es 1 war hier schon darauf hingewiesen worden, welchen Anteil vlamische Handwerker an der Hebung der Webereikunst in Deutschland zur Zeit des Mittelalters hatten, aber auch vlamische Bauern haben unserem Vaterlande grosse Dienste geleistet. In den Wirren der grossen Völkerwanderung hatten sich die Slaven bis an die Elbe vorgeschoben, seit dem 9. Jahrhundert versuchte aber das erstarkte Deutschtum sich der verlorenen Lande wieder zu bemachtigen. Mit Erfolg. Aber was die rohe Kraft des Schwertes errungen, musste die kulturelle Ueberlegenheit der Eroberer, insbesondere im Ackerbau, befestigen, wenn etwas Dauerndes geschaffen werden sollte. Man schritt dazu, die damaligen Sumpf- und Moorgegenden Ostelbiens zu entwassern und in fruchtbares Ackerland zu verwandeln. Niemand aber kannte diese Arbeit besser als die Leute, die im westdeutschen Niederland sassen und schon viele Geschlechter hindurch im Kampfe gegen die Nordsee jeden Fuss breit Ackerland dem Wasser hatten abringen müssen. So rief man etwa seit 1100 vlamische, hollandische und friesische Kolonisten ins Land. Sie haben 1143, an Stelle des slavischen Baku, die erste deutsche Stadt an der Ostsee erbaut Lübeck. Aber ihre Spuren lassen sich bis in Ostpreussen uncT~$chlesien, ja bis nach Siebenbürgen hinein verfolgen. Wie in Hersteld der noch heute so genannte Vlamenweg an die niederdeutschen Webergemahnt, so erinnern im Osten Deutschlands manche Ortsnamen an die vlamischen Bauern, so der Flaming ein Höhenzug im Brandenburgischen und der Ort Flemmin- gen bei Schulpforta in Sachsen, aber auch der bekannte Kirchenlieder-Dichter Paul Flemming ist sicher ein Nacli- komme ehemals eingewanderter Vlamen. Bruder Lolls! Die Stadt Hersteld (Bez. Cassel) feiert alljahrlich nun schon seit mehr als tausend Jahren ein eigenartiges Fest, das Lullusfest. Lullus (Lolls), der Nach- folger der hl. Bonifatius auf dem Bischofsstuhle in Mainz, ist der Gründer des Klosters und der Stadt Hersteld und liegt hier begraben. Am dem Montag der Woche, in die sein Todestag (16. Oktober) hineinfallt, zündet man punkt 12 Uhr auf dem Marktplatz ein grosses Feuer an unter dem brausenden Bruder Lolls (dem Erkennungsruf der Hers- felder, der in einem eigenartigen Tonfall gerufen wird) der versammelten Menge. Die ehrwürdige Lullusglocke, wohl die alteste Glocke Deutschlands dann (und nur bei dieser einzigen Gelegenheit) ihre zitternde Stimme erschallen. Das Feuer brennt ununterbrochen Tag und Nacht bis zum Don- nerstag. Auch in diesem Jahr hat man das Feuer nach altem Brauch entzündetder Jahrmarkt aber und die Vereinsfest- lichkeiten, die sonst in der Lulluswoche stattfanden, fielen wegen des Ernstes der Zeit fort. Die Stadt-Verwaltung (Ausschuss für Liebesgaben Vor- sitzender: Bürgermeister Strauss) aber hat es sich nicht nehmen lassen, der im Felde stehenden Söhne der Stadt zu gedenken und hat jedem von ihnen mit einem Bruder Lolls - Gruss ein Packchen Cigarren gesandt. Und wie die Stadt ihrer Kinder, so haben auch diese der Heimat gedacht. In Wehmut und in Liebe. Wo ein paar Hersfelder zusammen waren, sei es in Russland, Serbien, Frankreich oder Belgien, da ist sicher ihr Bruder Lolls erklungen; wir Landstürmer in Aalst konnten sogar zur rechten Zeit und Stunde auf unserem Kasernenhofe ein Feuer anzünden. Heil klang unser Ruf zum Himmel empor als ein Gelübde der Treue zu unserer Stadt und unserem Vater lande, als ein Gruss an unsere Hessenheimat, die mit ihren weiten Waldern schützend unsere Lieben umschiingt. Teure Heimat, sei gegrüsset, In der Feme sei gegrusst. Unsere Bilder sind alteren Nummern der Kriegs- zeitung für die 4. Armee entnommen, der wir für die Ueberlassung der Bilderplatten Dank schulden. Die h e u t i g e B e i 1 a g e N° 28 der Losen Blatter, schildert in Wort und Bild das Leben und Treiben deutscher Landsknechte.

Digitaal krantenarchief - Stadsarchief Aalst

Landsturm | 1915 | | pagina 7