Vom und fiir den Landsturm. Dies und das. Zwischen zwei Feuern. Ein russischer Feldpostbrief. „Meine lieben Eltern In den ersten Zeilen meines Briefes darf ich Euch mitteilen, dass ich, dem lieben Gott dankend, noch beim Leben und noch gesund bin, was ich auch Euch wiinsche und iibersende Euch meinen ehrfurchtsvollen Gruss. Ich befinde mich sehr weit von Euch in einer Gegend, von der ich nie gestraumt habe. Unser Feind ist schlau und hartnackig, aber wie kann er Widerstand leisten einem tapferen russischen Soldaten, der immer bereit ist, sein Leben hinzugeben fiir Vaterland und Vaterchen Zar Tapfer ist Russisches Volk. Geht unermiidet voran. Voll todes- mutiger Tapferkeit für Vaterchen Zar. Mit jedem Tag drücken wir den Feind immer mehr. Die Deutschen zeigen die Zahne, und wir durchbohren sie mit Bajonetten, sie zeigen uns die Brust, und wirschiessen sie mit Kanonen tot, nachher fallen durch unsere Maschinengewehre die Deutschen unzahlig. Unser russisches Hurra donnert. Erkenne Deutscher, was Sclion trug man die ersten Verwundeten an uns vorbei und die Auf- regung hatte ihren Höhepunkt erreicht, da kam der Befehl zum Ein- schwarmen. Schnell ging es vorwarts. Schrrrrum, schrrrrum, klang es plötzlich dicht hinter und vor mir, sodass ich mil 2 Sanitatern, welche einen Verwundeten aus der Feuerlinie trugen, durch den Luftdruck zu Boden gerissen wurde, wobei leider mein Gewehr dem einen Sanitater eine klaffende Wunde an der Stirn schlug. ,,Das waren zwei zu 15!" rief einer von den Braven, die nimmer den Humor verloren. Merkwürdig, sobald wir in der Feuerline lagen, hatte sich die Aufregung gelegt, alle Befehle wurden auf das prompteste ausgeftihrt. So hielten wir denn tapfer aus bis gegen 9 Uhr abends, wo der Feind Fersengeld gab. Hier machten wir die ersten Gefangenen, eine feindliche Patrouille, welche sich sehr schnell bei uns einlebte; mir boten sie Bisquit zum Probieren an. Ihr Tun machte den Eindruck, als wenn sie sich ihrer Gefangen- schaft freuten. Von unesrer Stellung aus hatten wir eine sehr gute Fern- sicht: Der Himmel feuerrot, wo das Auge hinschweifte, brennende Dörfer. Noch eine kurze Pause und weiter ging's in dunkier Nacht dem Feinde nach. Kein Licht, kein Feuer durfte gemacht werden, alle Be fehle wurden im Flüstertone gegeben. Wieder war es gegen Mittag andern Tages, als wir in einem Walde oberhalb des franz. Dorfes Spincourt Aufstellung nahmen. Kurze Zeit darauf beschossen die Franzosen denselben mit Granaten und Schrap- nells. Hierdurch gezwungen, den Wald zu verlassen, kamen wir gleich in ein sehr heftiges Gefecht. Aufgelöst in Schützenlinie, ging es dem Gegner entgegen. Begünstigt durch das Terrain und durchdrungen von dem Wunsche, recht nahe an den Feind zu kommen, war unser schwacher Halbzug, geführt von einem Leutnant, ca. 300 m zu weit vorgesprungen. Infolgedessen lag diese kleine Truppe von Anfang an in zwei Feuern Vor uns auf 500 m der Gegner, hinter uns unsere Truppen, welche uns infolge des hohen Haferfeldes nicht sehen konnten, feuerten liber und zwischen uns durch. Durch Schwenken mit den Helmen usw. und durch lautes Rufen wollten wir die unsrigen veranlassen, ihr Feuer ein- zustellen. Aber wir erreichten etwas ganz anderes: Der Gegner hatte unsere Lage bemerkt und dirigierte sofort eine starke Abteilung in unsere linke Flanke. Hageldicht schlugen die Geschosse vor, hinter und neben uns ein. Leider konnten wir die Stellung, die wir stundenlang gegen grosse Uebermacht behauptet hatten, nicht mehr halten. Es war zwischen 6—7 Uhr abends, als unser Leutnant den Befehl „Zurück bis zur Feuerlinie der Kompagniegab. Wie jeder von uns, so machte auch ich mein Tragegeriist, welches sich gelost hatte, zurecht. Mein Brotbeutel, der wahrend des langen Liegens ganz nach vorne ge- rutscht war, wollte und woilte nicht an den fur ihn bestimmten Platz zurück. Und so musste ich denn, den Oberkörper nach vorne gebeugt, mit dem Hindernis bis zur Kompagnie zurückiaufen. Die Schwere des Tornisters, das genannte Hindernis und die hohen Haferhaime bewirk- ten, das ich mehrere Mal beim Laufen hinfiel. Das Tragegerüst, welches sich bei jedem Sturz gelost hatte, wieder einhakend, lief ich meinen vor- auseilenden kameraden bis in die Feuerlinie der A'ompagnie nach. In folge der grossen Anstrengung und Aufregung hatte sich bei mir die Gaumenhaut von vorne bis hinten gelost. Auch steilten sich grosse Schmerzen beim Schlucken ein. Leider kostete uns dies Zurückspringen auchmehrere Opf er. Jetzt, etwa 8 Uhr abends, liess das feindl. Feuer etwas nach und nun ging's eifrig an's Schanzen, denn einem jeden von uns war der blutige Ernst unserer Lage zum Bewustsein gekommen. Durch unsern Hauptmann, der mitten im Feuer auf allen Vieren unserer Linie entlang kroch, angetrieben, hackten und schaufelten wir bis Mitternacht, als plötzlich von Mund zu Mund der leise Ruf sich weiterflanzte: „Die Auche ist da!" Sie hatte es gewagt, bis dicht an unsere Schanzen heran- zukommen. So erhielten wir noch mitten in der Nacht Aaffee. Natür- lich musste alles laut- und lichtlos vor sich gehen. Ernste Gedanken durchzogen mein Gehirrn, ehe sich meine Augen schliessen wollten. Meine Deckung war so gross wie ein Grab und unwillkürlich fragte ich mich, ob ich wohl hier nicht mein eigen Grab gegraben hatte. Mit einem heissen „Vater unser" für mich und meine Lieben schlief ich dann endlich mit Gewehr irn Arm in meiner Deckung ein. (Forts, folgt.) C. F. ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■BB Anerkennungen. a. In der Etappe. Durch den Etappen Tagesbefehl von 26- X. spricht der Etappeninspektor der 4. Armee, Excellenz von Unger, den Gefreiten R o e s s i e r und W a 1 g e r der 1. Comp. Landst. Inf. Batl. Hersfeld fuer ihr umsichtiges und tatkraeftiges Handeln beim Abfassen eines belgischen Schweineschmugglers seine Anerkennung aus. B. Im Tjeneral-Gouvernement. Der General Gouverneur spricht folgenden Landsturmleuten seine Anerken nung aus 1. Dem Vicewachtmeister j u n g e Unteroffizier U li 1 i g den Gefreiten O p i t z und H a h n sowie den Gardisten F i n d e i s e n und Gries von der 2. Landst. Eskadron Dres den. Sie haben sich in Laroche bei Bekaempfung eines grossen Feuers, das 4 Haeuser niederlegte, hervorragend beteiligt, vor allem eine weitere Ausdehnung des Feuers verhindert. 2. Dem Unteroffizier W i Ike. Feidwebel S c h 1 a n g e und Landsturmmann Roehrbein .Sie haben sich mit ihrer Kompagnie (l. Komp. Landst. Batl. 2 Hannover) bei rcchtzeitiger Entdeckung und Loeschung ei nes bedeutenden Brandes auf einem mit grossen Erntevorraeten angefuellten Wirtschaftshof in Hachy wirksam betaetigt. Insbesondere hat sich hierbei der Unteroffizier W i 1 ke durcli ruecksichtsloses Einsetzen seiner Person ausgezeichnet. 3. Den Gefreiten B o e r n e r und Schroeter von der 3. Komp Landst. Batl. Zwickau. Sie haben in Antwerpen bei der Festnahme eines Personenschmugglers durch schnelles Erfassen der Lage erfolgreiche Hilfe geleistet. 4. Dem Feldwebelleutnant Stoessel, den Gefreiten H e m p e 1 und Schwaeblein und den Landstui mleuten I] d h a r d t und V o i g t saemtlich von der 2. Komp. des Landst Batl. 1 Eifurt. Beim Grenzschutz haben sie sich durch grosse Aufmerksamkeit und Tatkraft besonders hervorgetan. Es gelang ihnen bei Cul des Sarts eine grosse Zahl von Schmugglern zu ergreifen und denselben betraechtliche Waren abzunehmen. 5. Dem Unterofficier GeislerGefreiten Hildebrandt und Landsturmmann Beilschmidt in der 3. Komp. Landst. Batl. Erfurt. Ihrem entschlossenen und beherzten Zufassen ist es zu danken, dass bei einem Brande in Oignies ein Kind vom siche- ren Tode errettet wurde. Auch haben sie sich durch besondere Umsicht und Tatkraft beim Loeschen des Feuers hervorgetan. Auskunft ueber belg. Gefangene Wir Landstuermer werden oft gefragt, wo man ueber belgische Ge fangene Auskunft erhalten kann. Alle Fragesteller sind an die belgische Auskunftsstelle ueber Kriegsgefangene und Inter- nierte in Bruessel, Holzmarkt 12", zu verweisen. Auskuenfte ueber verwundete und g storbene belgische Soldaten aber gibt der Aerzteausschuss des Belgischen Roten Kreuzes. Vereini- gungsstrasse 24 in Bruessel Beide Stellen stehen mit dem Zentral-Nachweisbuero der Roten Kreuzverbaende in Berlin in Verbindung und sind dadurch in der Lage, auf das schnellste zu bedienen.

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Landsturm | 1915 | | pagina 4