Allerlei Fröhliches ftir die
Landsturm=Wachstuben
0 diese Landstürmer
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Der Branntweinsaufer und die Berli
ner Glocken. (E i n e alte Anekdotevon H. v.
Kleist). Ein Soldat vom ehemaligen Regiment Lignowsky,
ein heilloser und unverbesserlicher Saufer, versprach nach
unendlichen Straten, die er deshalb bekam, dass er seine
Aufführung bessern und sich des Brannteweins enthalten
wolle. Er hielt auch, in der Tat, Wort, wahrend drei Tage
ward aber am vierten wieder besoffen in einem Rinnstein
gefunden, und, von einem Unteroffizier, in Arrest gebracht,
lm Verhör befragte man ihn, warum er, seines Vorsatzes
uneingedenk, sich von neuem dein Laster des Trunks
ergeben habe Herr Hauptmann antwortete eres ist nicht
meine Schuld. Ich ging in Geschaften eines Kaufmanns,
mit einer Kiste Farbholz, über den Lustgarten da lauteten
vom Dom-herab die Glocken P o m meranzen IPomme-
ranzen Pom meranzen Laut', Teufel, laut', sprach ich,
und gedachte meines Vorsatzes und trank nichts. In der
Königsstrasse, wo ich die Kiste abgeben sollte, steh ich
einen Augenblick, urn mich auszuruhen, vor dem Rathaus
still da bimmelt es vom Turm herab Kümmel Kümmel
Kümmel Kümmel Kümmel Kümmel Ich sage, zum
Turm Bimmle du, dass die Wolken reissen und gekenke,
mein Seel, gedenke meines Vorsatzes, ob ich gleich durstig
war, und trinke nichts. Drauf führt mich der Teufel, auf dem
Rückweg, über den Spittelmarkt und da ich eben vor einer
Kneipe, womehr denndreissig Gaste beisammen waren,stehe,
geht es, vom Spittelturm herab AnisetteAnisette Anisette
Was kostet das Glas frag' ich. Der Wirt spricht Sechs
Pfennige. Geb' Er her, sag' ich und was weiter aus mir
geworden ist, das weiss ich nicht.
Vorsorglich. Im Schiitzengraben fragt ein Land-
wehrmann seinen Nachbar Wieviel Uhr ist's eigentlich
Hast du denn keine Uhr
Noi, mei Weib hot g'sait, lass dei Uhr do, s o n sc h t
ischt di a no hin!"
A. Wissen Sie auch, dass zwischen einem General und
einem Uhrmacher kein grosser Unterschied ist
B. Wieso denn
A. Der General beschaftigt sich mit der Taktik und der
Uhrmacher mit dem Tiktak.
Vor wem der Russe sich am meisten
fürchtet. Russische Gefangene werden gefragt, vor
welchen Truppengattungen sie die meiste Angst haben.
Prompt, doch ebenso ratselhaft antwortet ein heller Bursche:
Vor Pruss mit Brett und Pruss mit KartoffelAllgemeines
Staunen und Fragen. Endlich die Lösung Pruss mit
Brett bedeutet Ulan (man denke an die Helmform) und
Pruss mit Kartoffel Artillerist.
Das feindliche Huhn. Bekanntlich wird in
Feindesland erschossen, wer sich widersetzt. Aber das
Requirieren auf eigene Faust ist den deutschen Soldaten
streng untersagt. Oline Befehl der Vorgesetzten darf nichts
genommen werden. In Belgien kommt ein Leutnant die
Strasse entlang und sieht, wie ein paar Soldaten ein Huhn
im Feldkessel kochen. Nanu, sagt er, wo habt ihr
- denn das Huhn her Herr Leutnant, riefen die Sol
daten, wie wir vorhin dort in den Bauernhof wollten, hat
sich das Huhn widersetzt!"
Petrograd und Hindenburg. Folgende
Scherzfrage machte die Runde Warum haben die Russen
Peters burg in Petrograd umgetauft Weil sie
hinten burg nicht leiden können
Ein Kamerad erzahlte mir folgende lustige Geschichte
Kennst Du unseren Unteroffizier E. Mensch, wenn Du
mit dem mal ins Gesprach kommst, dann biste verloren, der
kommt vons Hunderste ins Tausendste, da gibt's kein Ende
und Du musst stille halten, bis Du rein damlich bistim Kopfe.
Na, mit dem gehe ich vorhin nach einem Ort, weisst Du,
wohin auch ein Kaiser zu Fuss gehen muss, ich auf N° 4 und
er auf N° 6. Meinst Du, dem hatte einen Augenblick der
Schnabe! stillgestanden Ich sage nichts, nur manchmal
hm und manchmal ja, ja, und als mein Geschaft
erledigt ist, mache ich mich leise aus dem Staube. Und,
denk mal, als ich nach 10 Minuten zufallig wieder da vorbei
komme, sitzt der E. noch immer auf N° 6 und redet und
redet... und mit wem Mensch, habe ich lachen müssen.
Mit mir, spricht er, immer noch mit mir
Derselbe redefohe Unteroffizier ist auf einem Büro be
schaftigt. Kommt da eines Morgens der Leutnant aufs Büro
und fragt, ob der Unteroffizier E. schon da gewesen sei.
Nein, Herr Leutnant,antwortet sein Kamerad, ich
habe ihn noch nicht gehort!"
Es war vor einem Jahre, als wir in Belgien einzogen.
Eine Brückenwache hatte von einem Hause, dessen Be-
wohner geflüchtet waren, Besitz genommen. Bei einer gründ-
üchen Durchsuchung man kann ja nicht wissen
wurden ein paar Flaschen Wein gefunden, die bisher wun-
derbarerweise ihren Beruf verfehlt hatten. Na, denn mal
'nen Korkzicher her Aber niemand war im Besitz eines
so unentbehrlichen Werkzeuges. Und da sagen die Belgier,"
knurrte einer der Biederen, wir waren schon lange auf den
Krieg vorbereitet gewesen, so'n Blech s.
Vor dem Zoologischen Garten in Antwerpen steht ein
Landsturmmann in ernstem Ueberlegen: Soil ich hineingehen
oder nicht Denn da sitzt am Eingang ein belgischer Unifor-
mierter, dessen Haltung und Gesicht deutlich zu ihm zu
sprechen scheint Komme mir nur nicht mit einem
Groschen, unter 50 Pfennige ist hier nichts zu machen
und 50 Pfennige ist ein Kapital fur den Soldaten,ist der sauer
erworbene Tagesverdienst jedes Gemeinen und überzahligen
Gefreiten. Schon will unser Landstürmer sich entfernen, als
ein paar Kameraden aus dem Garten kommen. Schüchtern
wendet er sich an den einen mit der Anfrage, wieviel der
Eintritt eigentlich koste. Mensch, schreit der auf, biste
denn varückt Dat jehört ja aliens unser
BEILAGE N° 29 und N° 30 der Losen Blatter von
der Kriegszeitung der 4. Armee. Erstere ist dem Hohen-
zollern jubilaum, letztere dem L a n d s t u r m
gewidmet.
Wir bitten das ohne unsere Schuld verzögerte Erschei-
nen dieser Nr. des „Landsturm" frdl.entschuldigen zu wollen.