Neue Kriegslieder. die Aufgabe der zweiten Abteilung. Sie hatte das Rhein- Mainische Verbandstheater für einen Monat verpflichtet, das am 19. Juli seine Vorsteilungen mit der Iphigenie i'm Parktheater in Brüssel eröffnete, Minna von Barnhelm u. a. Lustspiele schlossen sich an. Die Auffiihrungen,die auch den Truppen in anderen Orten, z. B. St. Quentin geboten wurden,fanden grossen Beifall. Dann kam eine zweimonatige Pause. Wie unser Heer, so musste sich auch das Theater für den Winterfeldzug vorbereiten. Ende September trat es in neuer Personal-Zusammensetzung, die zum grössten Teil aus ersten Fachmitgliedern der grössten Theater Deutsch- lahds besteht, als Deutsches Theater in Belgien von Neuem an die Offentlichkeit. Die erste Vorstellung fand am 30. September im Park-Theater in Brüssel statt und brachte nach einem Vorspiel von Leo Sternberg, zwei Fast- nachtsspiele von Hans Sachs und Wallensteins Lager. Am 1. Oktober folgten dann Freytags Journalisten Der Spiel- plan sieht u. a. Egmont, die Rauber, die Rabensteinerin, die Quitzows, Meineidbauer vor und lasst im übrigen, mit vollem Recht, dem guten deutschen Humor breiten Raum. Das Theater wird wahrend des Winters in allen grosseren Stad- ten Belgiens und der Nachbargebiete spielen. Nach den Zeitungsmeldungen stand das bisher Gebotene auf künstle- rischer Höhe und wurde von den feldgrauen Besuchern mit Begeisterung und Dank aufgenommen. Der Konzertreise von Künstlern der ersten Hofopern war schon gedacht, sie hat ausserordentlichen Beifall ge- funden, so dass die Veranstaltung weiterer Koncerte in die Wege geleitet worden ist. Auch die so beliebten Recita- tions-Vortrage Marcel Salzers, die vom köstlichsten Humor getrankt waren, haben unsere Truppen dieser Abteilung der Bildungs-Zentrale zu verdanken. Trotzdem alle diese Ver- anstaltungen für die Mannschaften unentgeltlich oder gegen ein geringes Eintrittsgeld zuganglich waren (nur Offiziereund Beamte zahlten einen normalen Eintrittspreis), konnte bei den entgegenkommenden Bedingungen der Kiinstler ein kleiner Garantiefonds für etwaige Ausfalle gesammelt wer den. Und nun zur 1. Abteilung, die das Bibliothekswesen um- fasst. Hier fliesst alles zusammen, was aus der Heimat an Bücher-Liebesgaben gesammelt worden ist, hier wird es gepriift und geordnet, von hier aus geht es in kleinen Büchereien an die Truppen-Verbande. Wenn auch die Be- satzung des General-Gouvernements-Gebietes in erster Linie bedacht werden soli, so werden doch auch die Truppen in der Etappe und im Operationsgebiet nicht vergessen. Viele tausend Bücher sind schon hinausgegangen, tausende harren noch ihrer Bestimmung und immer neue kommen aus der Heimat an. Die zur Verfügung stehenden Raume reichen kaum noch aus, urn die Menge zu fassen. Gerade empfangen ein Unterofficier und 6 Mann die Bücher, die ihrer Kom- pagnie zugebilligt worden sind, mit dickgefüllten Ruck- sacken ziehen sie ab, schon stehen wieder neue draussen, und auf dem Tisch liegt das lange Verzeichnis der Brüsseler Wachen, die auch Lesestoff erhalten sollen. Vielfach sind die Wünsche und nach Möglichkeit werden sie auch erfüllt. Humoristische Schriften werden natürlich am meisten ver langt, Schund aber geht nicht hinaus. So findet der Leiter der Zentrale Arbeit genug vor, aber er kann sie in dem freu- digen Bewusstsein verrichten, dass sie reichen Segen da draussen stiftet und eine wahrhaft vaterlandische genannt werden darf. h Was dieser Weltkrieg an Poesie hervorgebracht hat und noch taglich hervorbringt, geht ins Ungeheuere, Nichtzu- zahlende. Das meiste davon starb schon am Tage seiner Geburt oder ein paar Tage spater. Weniges nur wird noch über die Kriegszeit hinaus am Leben bleiben, und auch von ihm wird sich nur ein kleiner Bruchteil in die Ewigkeit retten. Wird ein solch voller Kranz von Liedern übrig blei ben, wie er die Freiheitskriege umschlingt, Lieder, die noch heute jede deutsche Brust mit dem heiligen Schauer und dem todesbereiten Mut, jener Tage erfüllen Wer ver mochte es zu sagen Noch können wir uns keine rechte Uebersicht verschaffen, und sicher wird uns die Zukunft, wenn erst die Stürme vertost sind, noch Köstliches beschee- ren, das jetzt noch in den Seelen schlummert. Wie dem aber auch sei, wir können uns schon heute an einzelnen Blüten unserer Kriegspoesie erfreuen, die wir hier zu einem bunten Strauss zusammenwinden mochten. Unter dem Bewusst-Geformten, das edelste Form mit tiefem Gehalt verbindet, stossen wir auf Namen von gutem bekanntem Klang, vor allen auf Rudolf Herzog, dem wir manche prachtige Kriegs-Ballade, so vor allem den Mel- dereiterden wir heute an die Spitze unseres Blattes stellen, verdanken. Auch Gerhart Hauptmanns frisches, trutziges Reiterlied, und Joseph Lauffs ergreifendes Fahn- richslied von den drei Brüdern und drei Herzen haben wir schon unseren Lesern geboten. Weniger bekannt war Walter Flex vor dem Kriege, sein wuchtiger Preussischer Fahneneid(Nr 6 ds. BI.) aber wird sicher immer einen hervorragenden Platz in der Poesie dieser ehernen Zeit einnehmen. Die Lieder, die mehr den volkstümlich-frischen Ton anschlagen, beschaftigen sich meistens mit einem der Helden dieses Feldzugs, einer bestimmten Waffengattung oder den verschiedenen Volksstammen. Natürlich wird unter den ersteren unser Hindenburg am liebsten besungen, so Friedrich Hussong in seinem Lied vom General Hindenburg Von den deutschen Burgen allen Muss am besten uns getallen Hindenburg, der General. Auch ein paar prachtige Strophen auf den Landsturm sind in dem Liede Derselbe Dichter ist vor allem durch seinen tempera mentvollen Sang vom General Emmich, den Sieger von Lüttich, bekannt geworden. Russen kamen unter Rennen- kampf daher mit Mord und Brennen, Wollten bringen ihn zu Fall. So bei Tannenbergim Süden. Wo er gar mit rauhen, rüden Landsturmleuten schlug die Schlacht. 1st denn das noch völkerrechtlich, Wenn der Landsturm so betrachtlich Tote und Gefangne macht Leute mit der Landsturmkiepe Gaben plötzlich wilde Hiebe Russen von dem Gardekorps, Und zum wilden AttentaCer Wurden da Familienvater, Dass der Russ' die Schlacht verlor... Unsre Kerrels, die wollten ins Frankreich hinein, In einem Ritt nach Paris vom Rhein. Da lag das Lüttich mitten im Weg Nicht links, nicht rechts Pfad oder Steg. Da sprach der General Emmich Gottsakerment, das nemm ich i*) Auf zwei Soldatenlieder-Sammlungen, die unter dem Titel Liebe und Trompetenblasen und Mit Trommeln und Pfeifen (jedesBuch geh. 3 - geb. 31 von Felix Schloemp im Verlage von Georg Müllerin München herausgegeben wurden. sei hier besonders hingewiesen. Sie bringen in guter Auswahl Soldatenlieder aus alter und neuester Zeit und sind illustrativ ausgezeichnet ausgestattet.

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Landsturm | 1915 | | pagina 2