Nr. 13
1. Decemb. 1915
Die Teuerung.
Wenn der Landsturm kommt
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AALST (Belgien).
Wenn der Landsturm kommt,
Wenn der Landsturm kommt,
Dann wird die Werkstatt leer.
Wir legen die Arbeit nieder,
Und Mann für Mann, ihr Brtider,
Fasst Sabel und Gewehr.
Wenn der Landsturm kommt,
Wenn der Landsturm kommt,
Dann riickt er morgens aus.
Lebt wohl, ihr Mutter und Frauen
Ob wir uns wiederschauen
Habt Acht auf Kind und Haus.
Wenn der Landsturm kommt,
Wenn der Landsturm kommt,
Dann schlagt die Trommel an.
Jetzt wird die Schlacht geschlagen,
Den Ivrieg, den müssen beklagen,
Die ihn geziindet ha'n.
Wenn der Landsturm kommt,
Wenn der Landsturm kommt,
Steekt an den Helm ein Reis,
Dann ist in deutschen Landen
Der Frieden auferstanden.
Dir, Gott, sei Lob und Preis.
Fritz Philippi.
Einst gehorte Teuerung, ja Hungersnot, ebenso zu den
unvermeidlichen Begleiterscheinungen des Krieges wie die
Pestilenz. Die neue Zeit hat da viel gebessert. Dank der
arztlichen Wissenschaft kommen verheerende Seuchen wie
in alten Zeiten nicht mehr vor dank der hohen Entwicke-
lung der Landwirtschaft und dank den heutigen Verkehrs-
mitteln kann Hungersnot in einem Lande, das gut verwaltet
wird, nicht mehr ausbrechen. In dieser Lage befindet sich
unser deutsches Reich. Unsere Landwirtschaft ist durch eine
sorgsame Gesetzgebung sowie durch grossartige Verbesse-
rungen der Wirtsehaftsmethoden in einer Ausdehnung und
Leistungsfahigkeit erhalten geblieben, dass sie trotz der
zunehmenden Industrialisierung des Landes den notwendig-
sten Bedarf an Lebensmitteln für das ganze Volkallein zu
liefern imstande ist. Ware das Reich ein Industriestaat mit
verkümmerter Landwirtschaft, wie England, geworden, so
ware der teuflische Plan unserer Feinde, uns auszuhungern,
schon langst geglückt. Ware Deutschlaud vorwiegend Agrar-
staat geblieben, so hatte uns die wirtschaftliche Kraft, die
technische Fahigkeit zur Ausnutzung unserer Kohlen- und
Eisenschatze und auch die Menschenfülle zum Durchhalten
gegen eine Welt von Feinden gefehlt. Die deutsche Land
wirtschaft und die deutsche Industrie zusammen haben uns
unbesiegbar gemacht.
Aber ein Schaden ist doch nicht zu vermeiden gewesen:
die Teuerung. Bis zu einem gewissen Grade ist sie in allen
Landern der Erde wahrend dieses Weltkrieges ausgebrochen,
in den daran beteiligten wie in den neutralen. Das ist ganz
natürlich. Der ungeheure Kriegsbedarf aller europaischen
Grossstaaten muss die Preise für Lebensmittel, industrielle
Erzeugnisse und für die Verkehrsmittel der ganzen Welt in
die Höhe schnellen lassen. Wir horen die Klagen über Teue
rung aus England und Frankreich, denen doch die Zufuhr
über den Ozean offensteht, ebenso wie aus Russland, wo der
Mangel an Verkehrsorganisation schlimme Zustande hervor-
gerufen hat. Es ist also gewiss nicht verwunderlich, dass
auch in unserer Heimat die Preise vielfach steigen. Bei den
Woll- und Baumwollwaren und manchen anderen Artikeln
lag der Grund auf der Hand die Zufuhr des Rohmaterials
war abgeschnitten. Aber auch bei den Lebensmitteln musste
eine gewisse Teuerung eintreten. Denn trotz der glücklichen
Entwickelung unserer Landwirtschaft lagen die Dinge vor
dem Kriege doch nicht so, dass wir alle Lebensmittel aus
dem eigenen Lande bezogen. Es wurden betrachtliche Men
gen an Weizen, Fleisch, Hiilsenfrüchten, Butter, Eiern und
anderen Lebensmitteln, vor allemaberan Futtermitteln aus
dem Auslande bezogen. Unsere Ausfuhr landwirtschaftlicher
Erzeugnisse stand dagegen erheblich zuriick. So blieb nach
Kriegsausbruch, trotz dem Festhalten aller heimischen Er
zeugnisse und trotz der Zufuhr aus einzelnen neutralen Lan
dern, doch einegeringere Menge an Lebensmitteln für den
Volksgebrauch übrig, als in Friedenszeiten zur Verfügung
gestanden hatte.
Es besteht kein Zweifel darüber, dassmit dem immer-
hin vorhandenen grossen Vorrat unsere Grosseltern glanzend
ausgekommen waren ohne Zwangsmassregeln und ohne
grosse Preiserhöhungen. Denn sie verbrauchten, namentlich
an Fleisch und Weizen, lange nicht so viel wie wir. Es soil
damit gegen die bessere Volksernahrung wahrlich nichts
gesagt werden; aber es war doch auffallend, wie schwer
sich im allgemeinen die Daheimgebiiebenen entschliessen
konnten, von der alten Gewohnheit abzuweichen und sich
den Verhaltnissen des Krieges anzupassen. Der Mann im
TURM