Dr. Max Osborn,
Vossische Zeitung
Dies und das.
überfall gleich wehrlos gegenüber wie dem Elementarvor-
gang eines Gewitters. Und ebenso zufallig, wahllos, von
ungefahr, wie der Blitz, schlagt die aus zwei- bis dreitausend
Meter herabgeschleuderte Bombe ein.
Ratsch und Ratsch Immer heftiger brüllt es zu uns
in den Heldenkeller. Man denkt Gleich wird das Hausdes
Hotels selbst getroffen, und dann ist nur die Frage wie
kommt man aus dem unterirdischen Wigwam heraus
Wenigstens legte ich mir als Neuling diese Frage vor. Den
Offizieren ist das alles langst wohlvertraut. Sie können der
Situation nicht mehr den Reiz des Ungewöhnlichen abge-
winnen. Nur der Oberleutnant ist unwirsch. Er hat vierzehn
Tage im schwersten Feuer ganz vorn gelegen und sollte sich
und seinen Nerven ein bisschen Erholung gönnen. „Verfluchte
Zuchtsagte er. Nun kommt man gerade aus dem Radau
da vorn und wollte zwei Tage Ruhe haben. Nun geht der
Zimt hier auch wieder los. Man kann es ihm nachfiihlen,
dass er nicht entzückt ist.
Allmahlich aber wird der Schall der aufplatzenden
Luftgrüsse ein wenig schwacher. Die Flieger haben sich
augenscheinlich verzogen. Schnell hinauf und hinaus, urn
noch etwas zu sehen Richtig, da sind sie über dem ein Stück
entfernten Gelande des Bahnhofs. Deutlich sieht man, wie
aus den Flugzeugen sich ein Punkt loslöst und in sausender
Geschwindigkeit erdwarts fallt. Doch was ist das das
Geschwader verliert seine Geschlossenheit. Irgend etwas
muss die Franzosen gestort haben. Es klingen auch ganz
andere Tack-tack-Töne plötzlich herüber. Sofort folgt die
Erklarungvon der anderen Seite her sind unsere Flieger
aufgestiegen.
Den Franzmannern da oben scheint dieser Gegenangriff
peinlich. Eine grosse Maschine von unserer Seite steuert
gerade auf sie zu. Das ist ein deutsches Kampfflugzeug, und
vor dieser Sorte haben sie drüben höllischen Dampf. Schnell
noch ein paar ziellose Abschiedsgrüsse senden sie herab,
und dann löst sich der Schwarm der feindlichen Flugapparate
in weitern Felde auf. Sie strahlen auseinander, suchen noch
höher zu steigen und fliegen nach Siiden zurück. Die Unsern
verfolger.d hinterher, das Kampfflugzeug voran. Weit übers
Land tont das Geknatter. Einer der Franzosen schwankt,
aber er halt sich noch. Und nun nehmen Dunstwolken des
herbstlichen Spatnachmittags die ganze Gesellschaft auf.
Auch die deutschen Verfolger entschwinden dem Bliek.
In der Stadt sieht man nun die Bescherung. Die milita-
rische Schadigung ist völlig gleich Null. Zwei oder drei
Soldaten haben durch Splitter leichte Verwundungen davon-
getragen.
Auch Einwohner der Stadt haben das Unheil mit Ent-
setzen am eigenen Leibe erfahren. Schnell spricht es sich
herum nicht weniger als fünf sind sofort getötet oder
tödlich verletzt worden.
Die Bruesseler „Tonnenklinkers". Ganz
eigenartige Kaeutze, die man wohï nirgends anderswo zu linden
vermag, sind die Bruesseler Tonnenklinkers Die Kerle sind
immer frisch und munter und leicht an ihrer stark geroeteten
Nase zu erkennen. Alle Morgen erwarten und folgen sie den
Lieferungswagen der Brauereien, die vor den Wirtschaften hal
ten. Sie bemaechtigen sich dann, wie es ihnen nach altherge-
brachtem Brauch erlaubt ist, der Faesser, die aus den Wirt
schaften zur Brauerei zurueckgebracht werden, und in denen
immer ein Rest Bier bleibt. Diesen Rest giessen sie mit einer
Geschicklichkeit, die nur durch eine laengere Praxis zu erlangen
ist, in eine leere Konservenbuechse, und schuetten ihn dann mit
dem groessten Wohlbehagen in die durstige Gurgel. Wenn sie so
der Reihe nach tuechtig auf billige Weise gezecht haben und die
Strassen yor ihren unsicheren Blieken tanzen, dann gehen sie
heiin oder wenden sich einem sieheren Zufluchtsort zu, wo sie
sich dem Schlafe der Gerechten hingeben, bis es wieder an der
Zeit ist, dem ueblichen Genuss nachzugehen. ,,Belg. Kurier".
Wie man au den Zeppelin en lebt, veran-
schaulichen in interessanter, vielleicht manchen ueberraschender
Weise Mitteilungen aus einer Unterredung, die kuerzlich ein
bekannter amerikanischer Journalist mit dem erfolgreichen
deutschen Kriegsluftschiffuehrer, Kapitaenleutnant
Ma they, hatte. Die Unterhaltung knuepfte an eine kurz vor-
her erfolgte, wohlgelungene Angriffsfahrt des betreffenden Luft-
fahrzeugs nach England an. Es ist intensiv kalt auf dieser
Hoehe von 3 5000 Fuss bemerkte der Offizier wenn man
mit solcher Schnelligkeit faehrt, wie wir fahren. Dabei kann
man sich kaum Bewegung machenBevor wir uns einschiff-
ten, hatten wir eine gute Mahlzeit zu uns genommen, und ausser-
dem nahmen wir von Zeit zu Zeit einen Schluck heissen Kaffee
oder Tee aus unseren Thermosflaschen Nichts Staerkeres
fragte ich dazwischen. Nein, durchaus nichts Staerkeres
antwortete der junge Kommandant. Die Zeppeline besitzen
weder eine Bar, noch eine Kueche, noch einen Speiseraum. Wir
alle enthalten uns vollstaendig aller geistigen Getraenke auf den
Zeppelinschiffen, denn wir brauchtn klare Koepfe und kuehle
Nerven, und das sind Dinge, die der Alkohol nicht beguenstigt.
Auf einem Zeppelin geht es zu wie in einer Sonntagsschule es
wird weder getrunken noch geraucht
Wie Namen entstehen. Wir hatten hier schon aut
die eigenartigen Wirtshausnamen in Belgien aufmerksain ge-
macht, auch die Bezeichnungen, die einzelne Geschaefte fuehren,
sind oft hoechst sonderbar. Ein treffendes Beispiel, wie manch-
mal solche Namen entstehen, liefert nach dem Belg Kurier
ein Zigarrenlaedchen Au cigre Hektor in der Naehe des
Heiligen Kreuzplatzes. Dort stattete vor Jahr und Tag ein deut-
scher Tiger von der Hagenbeckschau, die sich auf dem Kreuz-
platz niedergelassen hatte, einen Besuch ab. Hektor war durch-
gebrannt und nach langen Irrfahrten gluecldich in dem Zigarren
laedchen gelandet, wo er sich auf der Theke haeuslich niederliess
und wartete, bis sein Wagen kam und ihn abholte. Er hatte
keinen Schaden angerichtet, nicht einmal sich eine Zigarre an-
gesteckt. Zum Andenken an diesen seltenen Gast, nennt sich der
Zigarrenladen fortan Au tigre Hektor
Eine jetzt entstan dene Uebersetzung der
„Wacht am Rhein ins Vlaemische (die offenbar
Klang und-Rhythmus des Originals ausgezeichnet wiedergibt)
wird, wie es heisst, in der belgischen Bevoelkerung vielfach ge-
sungen
Er bruist een roep als donderschal,
Als zwaardgekletter, golvenval
Ten Rijn, ten Rijn, ten Duitschen Rijn
Wie wil des stromes hoeder zijn,
Lief Vaderland, mag rustig zijn,
Vaststaat en trouw de Wacht aan Rijn
Door hondertduizend trekt het snel,
En aller oogen bliks'men hel.
De Duitsche jong'ling vroom en snel,
Beschut het heilig landesmerk.
Lief Vaderland, mag rustig zijn,
Vast staat en trouw de Wacht aan Rijn
Hij blikten wil den hemel zien,
Waai" heldengeesten hem bespie'n,
En zweert meet feilen kampersdorst
Gij Rijn, blijft Duitsch als mijne borst
Lief Vaderland, mag rustig zijn,
Vast staat en trouw de Wacht aan Rijn