Hande kam. Fast, sage ich, denn dass bei der oft sehr nachlassigen Verpackung und den sehr unleserlichen und ungenauen Adressen nicht alles an den Bestim- mungsort kommen konnte, war mehr wie selbstver- standlich. Nun ist aber auch das dank den uner- müdlichen Ermahnungen der Postamtsvorsteher besser geworden, und damit sind auch die Beschwerden iiber abhandengekommene Sendungen verschwunden. Der Packchen-Verkehr mit den Kriegsgefangen unterliegt ebenfalls gewis- sen einschrankenden Be- stimmungen,er würdesonst, weil er gebührenfrei ist, ins Unendliche wachsen. So diirfen nicht allzugrosse Pakete aufgeliefert werden und keiner soli wöchentlich mehr als etwas 2 kg versenden. Aber das wird so genau nicht genommen. Auch waren für den Oktober grössere Pakete zugelassen, urn das Versenden warmer Unterkleidung zu ermöglichen. Jeder Absender muss die mündliche Versicherung abgeben, dass die Sendung keine schriftlichen Mitteilungen enthalt. Ein dementsprechender Vermerk wird dem Paket aufgeklebt. Sie werden nach Kriegsgefangenenlagern sortiert und gehen diesen, ohne vorher eine Priifungsstelle zu durchlaufen, direkt zu. Im Lande haben sich Vereinigungen gebildet, die Gaben sammeln, urn auch den Kriegsgefangenen regelmassige Sen dungen zukommen zu lassen, die ohne Angehörige dastehen oder deren Familie zu arm ist, urn etwas verschicken zu kön- nen. (Vergl. „Dies und das" in ds. Nr.) Viele Orte gedenken durch regelmassige Zusendungen ihrer Söhne. Es befassen sich auch einige Geschafte besonders mit der Zusammen- stellung und Absendung von Paketen, die alles für einen Soldaten Wünschenswerte von der Wurst bis zum Spiel Karten enth alten. Man hat nur je nach dem Inhalt 2, 5 oder 10 Franken einzuzahlen, die Adresse abzugeben, und alles wird aufs beste besorgt. So sucht man die Dankesschuld für dieTapferen an dem Yzerbei den Gefangenen in Deutschland in etwas abzu- tragen, und wir wissen diese Gefühle des schwergepriiften Volkes wohl zu würdigen und zu achten. 2. Das Beitreibungskommando. Das Beitreibungskommando im Dorfe 1st das nicht ein Schreckensruf für seine Bewohner? Beitreiben oder requirieren wie man früher sagte denkt man da nicht an gewaltatige Soldaten, sieht man da nicht die jam- mernden Mienen armer Frauen und die finsteren Blicke der Manner, denen man hohnlachend das letzte Stück Vieh aus dem Stalle treibt Der jetzige Krieg, der so manches um- gewertet hat, hat auch diesem Wort viel von seinen Schrek- ken genooimen. Die Bevölkerung wenigstens, die hier in Belgien und Frankreich in den Operations- und Etappenge- bieten lebt, wird spater einmal der deutschen Militarbehörde das Zeugnis ausstellen müssen, dass sie möglichst schonend vorging und ihre Beitreibungen gut bezahlte. Postamt in AalstBelgische Kriegsgefangenensendungen. Jedes der vorn kampfenden Armeekorps hat von der Etappen-Inspektion einen bestimmten Bezirk angewiesen erhalten, in dem es für seinen Bedarf Lebensmittel, Hafer, Heu und Stroh beitreiben darf. Die Korps-lntendantur beauftragt einen Feld-Magazin-Inspektor, dem ein kleines Begleitkommando beigegeben wird, mit diesem Geschaft. Er quartiert sich, öfters seinen Wohnsitz wechselnd, in den Dörfern seines Bezirks ein, die für seine Arbeit wie für die Abfuhr des Beigetriebenen durch die Balm günstig gelegen sind. Er ist meistens daheim Landwirt und auch seine Leute sind mit den landlichen Verhaltnissen gut vertraut. Er wird sich bald ein ungefahres Bild, das im Laufe der Zeit immer richtiger und klarer wird, von der Leistungsfahigkeit seines Bereiches gemacht haben. Er möchte den Kameraden in der Front möglichst viel und das Beste senden, weiss aber auch, dass er den Bauern alles, was ihnen fiir den Betrieb ihrer Wirtschaft unbedingt nötig ist, lassen muss. Er will nach ein paar Monaten wiederkommen und abermals kom men und möchte keine Leute im Dorfe vorfinden, die miss- mutig, weil man ihnen alles nahm, Feld und Hof verkommen lassen. Er möchte Nachwuchs in den Stallen sehen und wohlbestellte Fluren. Begleiten wir einmal das Kommando bei der Beitrei- bung von Vieh. Es hat telegraphisch von der Intendantur den Befehl erhalten, für die kommende Woche 300 Rinder und lOOSchweine anzuliefern. Hoch zu Ross reitet der Feld- Magazin-lnspektor mit seiner kleinen Schar in ein Dorf ein. Man tritt in das Haus des Bürgermeisters. „Also", mein Herr Bürgermeister, am Freitag wünsche ich aus ihrer Gemeinde das Vieh zu sehen und zvvar sind von je 4 Stück Grossvieh eins, von je 6-7 zwei und von 10 und mehr drei Stück vorzuführen. Als't u belieft, mijnheer, und weiter geht's zu einem zweiten, dritten Dorfe. Dass nun die Bürger meister ihren Champetter zu den inbetracht kommenden Besitzern senden, urn ihnen den Befehl mitzuteilen.ist eigent- üch unnötig, denn die wissen langst Bescheid, wie sich ja alles, was in irgendeinem Hause des Ortes geschieht, mit geradezu unheimlicher Schnelle in der ganzen Gemeinde und darüber hinaus verbreitet. An dem bezeichneten Tage nun ist das bestelite Vieh

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Landsturm | 1915 | | pagina 5