Nr. 15
21.Decemb. 1915
Deutsche AVeihnacht.
Unser zweites Kriegsweihnachten.
Schril tl tg Getr. W. NEUHAUS, i. Comp. Ldst. Batl. Her leid z. Zt. Aalst (Belgien)
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AALST (Belgien).
Erstarrte Hügel, winterliche Welt,
Helmspitzen, schlichte Kreuze, Grab an Grab.
Und auf die Helden, Freund und Feind, die hier
Der Tod gesellt,
Neigt segnend sich die heilige Nacht herab.
Und Sterne leuchten. Frommer Friede webt
Um das entschlafene Getild der Schlacht.
Kein Kampfgeschrei. Kein brüllendes Geschoss.
Zum Himmel schwebt
Kein Seufzer mehr empor. Es ist volbracht.
Doch geistern Stimmen um die Hügel her,
Die Luft, von unsichtbarem Chor erfüllt,
Scheint glanzender. Und seltsam klingt es, schwillt,
Bald ernst und schwer,
Bald kriegerisch, stolz, jubelnd, glanzumhüllt.
Daheim in Deutschland schlagen Giocken an,
Und Kinder singen um den WeJJ^htsbaum.
Die Alten weinen doch die Knaben^- seht
Bald sind sie Mann,
Und Deutschlands Zukunft traumt in ihrem Traum.
Und abseits, todeswund, im Lazarett
Liegt ein Soldat, der starrt im Fieberbrand
Mit heissem Bliek nach seines Heilands Bild
Vor seinem Bett
Du starbst für mich, ich sterbe für
meinLand
Und irgendwo auf einer Kanzei steht
Ein alter Mann in weissem Haar, der spricht
Von Deutschland, und sein welkes Antlitz flammt,
Und sein Gebet
1st lauter Glut und heilige Zuversicht
Starker gerechter GottAuf dich vertraut
Ein ganzes Volk in seinem heiligen Streit.
Du führst es wunderbar durch Nacht und Not,
Und Friede taut
Aus deiner Hand, und Licht, uhd Herrlichkeit. Amen.
Gustav Falke.
Also doch noch einmal Weihnachten, deutsches Weih-
nachten in Feindesland Das liebliche, wonnige, traute Fest
der Liebe und des Friedens hineingestellt in das Gedröhne
der Kanonen und das Getösedes mannermordenden Kampfes.
Das passt freilich schlecht zueinander. Es klingt wie Spott
und Hohn, wenn da vorn, wo Tod und Verderben lauern,
die alte Botschaft vom Frieden auf Erden verkïmdet werden
soil. Wir empfindenes wie einen Peitschenschlag ins Gesicht,
wenn gerade just zur Weihnachtszeit unsere Feinde, die
ihre Niederlage noch nicht eingestehn wollen, neues lautes
Kriegsgeschrei erheben und immer noch von der Zerschmet-
terung Deutschlands phantasieren. Das Herz möchte uns
zusammenzucken vor innerem Grauen über die hasserfülite
friedeleere Menschheit, die alles andere ist und war als ein
Bild des Friedens. Wie weit, wie weit liegt das Traumland
der Friedenspropheten, die durch Friedenskongresse und
Schiedsgerichte den grossen Weltfrieden herbeiführen woll-
ten. Wer hat die Macht dazu, einem Volk, das um seine
Zukunft kampft. den Befehl zu erteiien Die Waffen
nieder Diesen Kampf kampft noch heute unser Volk. Mit
Schmerz sehen wir, dass noch blutige, heisse Opfer fallen,
aber wir sind überzeugt, dass es noch nötig ist, bis wir
unsere Feinde zur Einsicht zwingen, ihr Spiel verloren zu
geben. Dann kommt der Friede, aber der Friede, den wir
wollen, den w i r brauchen, um gegen künftige Friedensstörer
gesichert zu sein. Wir segnen den Tag, da unserm Volke sein
Friede geschenkt wird. Wie weihnachtlich wirds dann bei
uns werden Aber wir überlassen das weitere Geschick
unseres Volkes dem allmachtigen Weltenlenker, der es wohl
weiss,warum das Schwert noch nicht in die Scheide gesteckt
werden darf. Er beschert uns auch dies zweite Kriegsweih
nachten, nicht um uns zu demütigen, sondern um uns zu
erfreuen und zu erquicken mitten in harter Kriegszeit.
Wir deutschen Soldaten wissen, was wir an Weihnach
ten haben. Mit den alten Weihnachtsliedern, die wir ge-
schart um den Lichterbaum anstimmen, da erwachen alle
guten Geister in unserer Brust. Da erglanzt im Auge des
rauh und hartgewordenen Kriegers die Thrane. Im Geist
sieht er die Seinen in der Heimat still die Weihnachtstage
verleben. Es fehlt ja ihm und denen daheim die Krone des
Festes, die Familiengemeinschaft, das köstliche Zusammen-
sein. Es fehlen ihm die lachenden und strahlenden Kinder-
augen, der Weihnachtsjubel der Kleinen. Es fehlt ihm die
weiche, treue Hand der Gattin, mit der er sonst Arm in Arm
unter dem Tannbaum stand mit viiterlicher und mütterlicher
Freude. Es fehlt ihm das ehrliche, ergraute Vaterantlitz, die
stets sorgenden, aber unendlich guten Mutteraugen, die auf
dem jungen, starken Sohn so stolz ruhten. Es fehlt 'uns allen
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