Deutscher Reiterspruch.
Meine Erlebnisse im 9. Lothr. Inf.=Regiment 173.
Er hat aqsverkauft urxthat'ès'sich auf dem Wagen bequem
gemacht. Das Messinghorn ist nach hinten geschoben. Mun
ter trabt das Rössiein mit dem geflickten Kumt vorüber,
weiss es doch, dass auch ihm der Lohn winkt. Hinten auf
dem Wagen hangt ein Grasbündel, das irgendwo unterwegs
erstanden wurde. Achiel Van Driessche tritt auf.Achiel
geht ohne Miitze, vielleicht, urn sein schön gelocktes Haar
zu zeigen. Der Spassvogel, der von seinen Geschaften heim-
kehrt, hat einen kleinen Jungen auf den Wagen gesetzt und
ihm die Ziigel seines grauen Einhufers anvertraut. Reisege-
fahrten suchen Achiel zu verdachtigen. Sie geben mir zu
verstehen, dass der mit dem Esel keinen guten Pass habe
und ein Trinker sei. Ich kenne aber bereits Achiels durchaus
einwandfreien Pass und ohne in den Ausweis zu sehen,
nenne ich den vollen Namen des Angeschuldigten. Achiel ist
erfreut überdiese meine „Wissenschaft" und zieht triumphie-
rend an seinen Feinden vorüber. Gasarbeiter, Lehrer und
Schuier, Professoren, Landmesser und Gartner radeln vor
über und miissen sich ausweisen. Von Palmen umfachelt,
umgeben von der Farbenpracht der letzten Herbstblumen,
fahrt die Gartnerin heran. Ihr schmuckes Rössiein schüttelt
ein helles Gelaut aus den Glöckchen seines Geschirrzeuges.
Komm mit deinem Scheine Die Gartnerin halt. Pas
poort ist gut. Der Siegeswagen eilt von dannen. Nicht so
schnell kommt der alte Herr vorbei, der alle Taschen seines
Arfzuges und Wagens nach dem Ausweis durchsucht. Pas
poort ist verloren. Ein Mann von der Wache muss mit zur
Kommandantur, urn den Fall dort zu erledigen. Töff
töff Die rote Fahne schwenken Papier und Bleistift zur
Hand Wer sind die Insassen Offiziere oder Unteroffiziere
und Mannschaften Nummer und Formationszeichen
Schreibe IV 1076 Die Insassen weisen sich aus. Militar-
führerschein Kraftwagenausweis Erganzungsausweis
Kann weiterfahren. Das Auto verschwindet. Ein Trupp
junger Kameraden zieht singend vorüber. Der Landsturm-
mann macht dem führenden Offizier seine Ehrenbezeugung.
Im Dienste des Vaterlandes begegnen sich Vater und Sohn.—
Ein langer Leichenzug kommt die Strasse herauf. Die Leute
vor den Hausern stecken die Köpfe zusammen, schatzen die
Kosten der Beerdigung und danach den Reichtum des Man
nes. Auf Augenblicke ruht die Arbeit des Landstiirmers. Ein
müder Erdenpilger macht seine letzte Fahrt ohne
Paspoort.
Es ist Nacht. Mit geputztem Koppelschloss und blinken-
dem Seitengewehr steht Orion, die Arme verschrankt, am
hohen Himmelsbogen und schaut in den steenweg hinab,
als wollte er spöttisch fragen Ich auch paspoort Im
Westen ist Jupiter langst zur Front gegangen im Osten
kommen neue Sterne herauf und bringen Grüsse aus der
Heimat, Grüsse von Weib und Kind. In Gedanken versunken
wandert der Landsturmmann auf und ab doch hab acht auf
den surrenden Nachtvogel, der ohne paspoort seine verder-
benbringenden Kreise zieht.
Gefr. Helmbold - Gent.
Hinein in die Sattel Durch Korn und Mohn
Karriere Wirflammen und fliegen
Vorn Sankt Georg, unser Schutzpatron,
Führt uns zum Sterben, zum Siegen.
Gott weiss, wie's geht drum keine Sorg',
Und eins nur, Kam'rad, ist vonnöten
Dass ich und du und der Heil'ge Georg
W i r k 1 i c h den Drachen töten
Franz Ludtke.
Auf der Suche nach dem Bataillon.
Sicherungsdienst beim Hauptquartier des Kronprinzen.
(Fortsetzung).
Die Division hat eine Frontverönderung vorgenommen, jetzt istguter
Rat teuer. Mit gutemGIück gehe ich los, 'erall wo ich Menschen treffe,
nach meinem Bataillon fragend. Aus der Dunkelheit dringt ab und zu
ein Licht, auf das halte ich zu. Ich komme durch einen Hohlweg, links
liegt ein Toter vom Regiment 7 und einige Schritte weiter ein toter Fran-
zose. Ueberall liegen fortgeworfene Ausrüstungsstücke. Ein zer-
schossenes Gehoft mit eingesturzten Ddchern wird sichtbar. Der Kamin
neben den Trümmern des Herdes ragt wie ein drohender Finger zum
Abendhimmel. Noch knistern die Balken, ein warmer Wind treibt mir
den Gestank von verbranntem Vieh entgegen.
Jetzt geht's bergauf. Schon bin ich ein gutes Stuck Weges vorwörts-
gekommen. Der Mond hat den Dunstschleier zerrissen und wirft sein
Licht auf die Landschaft, als ich plötzlich oben auf der Höhe des Berges
die Umrisse eines Menschen erkenne. 1st er ein Feind, oder ein Freund
Ich weiss es nicht. Missmutig werfe ich mich in ein Haferfeld. Rechts
von mir ist eine tiefe Schlucht. Eben im Begriff, mich durch diese
naher an den Unbekannten heranzuschleichen, da wirds unten in der
Schlucht und am jenseitigen Abhange der Schlucht lebendig. Vorsichtig
krieche ich bis in die Mitte des Haferfeldes zurück. Gespannt horche
ich hin. Noch kann ich nichts verstehen als ein Gemurmel. Bange auf-
reibende 10 Minuten vergehen. Immer naher kommt das Gemurmel.
Vorsichtig erhebe ich meinen Kopf. Ich sehe einen Pferdekarren fahren,
darauf liegen Verwundete. In einigen Satzen bin ich bei Rameraden,
die mich verwundernd fragen woher ich komme und wohin ich will.
Oben auf der Höhe sammelt sich die Mannschaftes ist die 9. Compag
nie 145 unter Führung ihres Hauptmanns. Hier hatte sie gefochten
und befand sich jetzt auf der Suche nach Verwundeten und Toten. So-
fort melde ich mich bei dem Hauptmann und bitte ihn, mich anschliessen
zu dfirfen. Weiter geht's durch einen Wald bis zu einem Dörfchen in
welchem ein Hilfsverbandsplatz errichtet worden ist. Der Magen knurrt
sehr. Es wird abgekocht, die Mannschaft muss ihre eiserne Portion
anbrechen. Da das Dorf schon ganz belegt ist, legt sich jeder nieder,
wo er Platz findet. Ich komme in eine Scheune neben dem Verbands-
raum unter. Die Offiziere der Truppen sitzen vor dem Hause an einem
Tische bei Kerzenschein und verzehren ihr Abendbrot. Ihre lebhafte
Unterhaltung und ihre Scherze versetzen mich auf einige Augenblicke in
die Manöverzeit zurück.
Am frühen Morgen geht's weiter dem Divisionssammelplatz ent
gegen, den wir gegen 1 Uhr mittags erreichen. Hier stellt mir der Com-
pagnieführer eine Bescheinigung aus, dass ich mich über Nacht bis
Mittag bei seiner Compagnie aufhielt.
Das Feld vor mir wimmelt von Feldgrauen. Nun geht's wieder auf
die Suche nach dem Bataillon. Gleich vor mir auf dem Hange liegt eins,
ich gehe hin, es ist vergebens dort, links davon, liegt wieder eins, ich
gehe hin^ wieder vergebens. //alt, die dort, wo der kleine Offizier mit
lauter Stimme Befehle erteilt, ist sicher meine Compagnie, ich gehe hin,
abermals vergebens. Verdriesslich gehe ich bis zu einer Strassengabe-
lung zurück, setze mich an den Strassenrand und frage alle, die vorbei-
gehen, nach meinem Bataillon. Ceiner von den vielen kann mir Be
scheid geben. Es ist brennend heiss geworden. Auf der anderen Seite
der Strasse liegt ein leergepumpter Brunnen. Pustend qualen sich Sol
daten ab, die letzten Tropfen aus demselben zu pumpen. Auf seinem
Boden liegt allerhand Unrat: alte Schuhe, Töpfe, Lumpen usw. Immer
mehr Soldaten sammeln sich anjeder denkt, seinen Durst stillen zu
können und doch muss er unverrichteter Sache wieder von dannen
Ziehen. Eine Patrouille bringt einen franz. Chasseur-Unteroffizier. Noch
sind meine Blicke auf den Gefangenen gerichtet, als unser Reg.-Adjutant
vorbeischreitet. Schnell bin ich an seiner Seite und bitte ihn urn Aus-
kunft. „Gehen Sie nur hier durch diesen Hohlweg, da werden Sie den
Herrn Bataillonskommandeur und Ihren Z/auptmann finden," sagt er.
Und in der Tat, am Ende des Weges angelangt, sehe ich beide Herren
auf einem gefallten Baumstamm sitzen. Der Commandeur, der mich er-
kennt, ruft von weitem: Da kommt unser Schafhirt!" Ich mache Mel-
dung. Mit den Worten, „ich bin zufrieden, ich habe Sie schon verloren
geglaubt," entlasst er mich.
Die Truppen haben Biwak aufgeschlagen. Ein wundervoller
Sommerabend tut sich auf. Soweit das Auge sehen kann, brennen
Siwakfeuer. Aus der Feme klingt Musik an mein Ohr„Ich bete an
die Macht der Liebe" ist's, was sie spielen. Auch unsre Musik lasst