Etwas von der Kriegssprache.
Baum das ewig neue Lied Stille Nacht, heilige Nacht.
Es folgte von zarter Stimmung getragen das Lied Es ist
ein Ros' entsprungen. Lauter Beifall lohnte die tüchtigen
Sanger. Dann wurde die Kompagnie beschenkt die Gaben
sorgten dafür, dass die frohe Stimmung sich noch erhöhte.
Hierauf folgte ein Essen, bei dem selbst der selige Lukullus
seine gefüllten Trüffellerchen verschmacht hatte. Allerdings
müsste er ein Feldgrauer sein, der in Flanderns Wasser-
wüsten sich fünf Tage von Wasserriiben ernahrte. Der Herr
Major gedachte nun in kurzen kernigen Worten der Tapferen
und Treuen, die heute und immerdar die Wacht vor dem
Feinde hallten. Unser Herr Kompagnieführer dankte dem
Herrn Major für die Worte und sein Erscheinen und ermahnte
uns mit tief empfundenen Worten an unsere Pflicht und
unsere höheren Ziele. Dann gingein militarisches Schaustück
über die knarrenden Bretter. (Sie knarrten wirklich.) In ihm
feierte die treue Waffenbrüderschaft und Kameradschaft der
Deutschen und Oesterreicher einen stoizen Sieg.Ein Kamerad
erfreute uns mit einigen ernsten und heiteren Dichtungen,
welehe Herz und Gemüt bewegten. Eine dankbare Zuhörer-
schaft spendete lauten Beifall. In bunter Folge reihten sich
Gesang, Vortrage, Ansprachen, und die Stunden gingen.
Herr Feldwebel-Leutnant Radtke dankte den werten Gasten
für das Erscheinen und gemahnte uns die Treue gegen unsre
Lieben daheim zu wahren. Treue saet Treue. Herr Vize-
Feldwebel Wesselmann dankte im Namen der Kompagnie
dem Herrn Kompagnie-Führer für sein Erscheinen. Doch die
schönsten Stunden haben die kürzeste Dauer. In froher,
festlicher Freude endete der Abend. Die Unrast und Arbeit
der vorhergehenden Tage ruhte auf den Schultern des Herrn
Feldwebels Bünk. Dass Jeder zufrieden war, bewies der
Dank der Gaste, des Herrn Kompagnie-Führers und unsere
Festfreude. Auch all' den anderen Kameraden, die den
Abend zu seinem Glanze verhalfen, sei hier der Dank der
Kameraden ausgesprochen. Ich hoffe und mit mir wohl alle,
dass uns das nachste Fest am heimatlichen Herd findet und
als köstlichstes Geschenk den Frieden bringt. Sollte aber im
Schosse der Zukunft eine andere Bestimmung ruhen, so wird
uns auch das nachste Fest treu unserer Pflicht finden. Im
letzten Augenblick bannte die Kamera die grossen und
kleinen Mimen auf die Platte. (Siehe das Bild).
Die Erinnerung wird bleiben
Wir schritten aus dem Kinderland
Hinaus in rauhe Wirklichkeiten,
Uns alle moge eine sanfte Hand
Durch alle fernen, schweren Tage leiten.
So endete der Prolog.
Getreiter Graumann.
Mit Stolz blieken wir alle auf unser Heer und seine
gewaltigen Taten. Wo finden wir in der weiten Welt ein
Volk, das ein gleichgewaltiges Rüstzeug zu seinem Schutze
geschaffen hatte Urn so mehr scheint es uns dürfen
wir darüber staunen, dass gerade in diesem Werke deutschen
Willens das fremde Wort fast unumschrankt herrscht. Und
doch ist's im Grunde deutsche Ehrlichkeit, die auch aus
dieser Tatsache spricht lange war der Deutsche im Kriegs-
wesen Lehrling der Romanen, und allzulange war unser
Vaterland Tummelplatz fremder Heere. Da ist's kein Wunder,
wenn viel Fremdes zurückblieb.Vielleicht ist's nianchem lieb,
einmal einen Bliek auf Entstehung und Bedeutung wenig-
stens eines kleinen Teils aus dem Wortschatze des Heeres
zu werfen.
Das einzelne Glied unsrer ungeheuren Armeen (von
arma Waffen) ist der S o I d a t Der solidatus ist der
mit dem solidus Bezahlte, Besoldete Der solidus aber
bekam diese Bezeichnung, weil er im Gegensatz zu andern
Münzen schön stark und dick war es war was
Solides Im Französischen wurde aus dem Solidus der
Sou.
Die höhere Stufe der Gemeinheit ist, wie unsre
Feldgrauen scherzend sagen, der „Gefreite". Das ist
eine der wenigen Bezeichnungen deutscher Herkunft in der
Rangordnung unsres Heeres und deutet darauf hin, dass der
in diese Stellung Befördete von gewissen Arbeiten bef reit
war. Noch höher stehen Korporal und Feldwebel. Wer Latein
getrieben hat, wird vielleicht geneigt sein, bei „Korporal"
an corpus (Körper) zu denken. Das ware fehlgeschossen
Der Volksmund, der da und dort noch belachelt von den
Gebildeten von einer Kapperalschaftredet, hat
unbewusst das Richtige bewahrt es müsste Kaperal
heissen, denn das Wort ist abzuleiten von caput Haupt.
Und sprachlich verwandt mit dem „Kaperal" waren Kapital
(Hauptsumme), Kapitel (Hauptabschnitt), Kap (ins Meer
vorspringender Kopf eines Landes), Kapuze und natürlich
auch der K a p i t ;i n, ein Wort, das also mit Hauptmann
wort- und sinngemass übersetzt wird. Auch der K a d e 11
gehort letzten Endes hierher, wenngleich wir ihn aus Frank-
reich bezogen. Ein cadet war der Jüngere und zu ergan-
zen ist wohl Sohn des Hauses der kein Anrecht aufs
vaterliche Gut hatte und daher als Offizierschüler ins Heer
eintreten rnusste. Das Wort cadet aber wird abgeleitet von
capidettus, einer Koseform mit der Bedeutung Köpfchen,
Kindchen Wenige Jahre, und der Kadett ist O f f i z i e r
(von officium Pflicht). Als L e u t n a n t beginnt er seinen
Lauf. Lieutenants du roi, Stellvertreter des Königs, nannte
man zuerst die königlichen Prinzen Frankreichs in Komman-
dostellen. Hier erkennen wir noch die ursprüngliche Bedeu
tung lieu tenant ist Stelle haltend also Stellver
treter, spater nicht mehr nur das Königs, sondern des über-
geordneten Offiziers, des capitains, des Hauptmanns,
dessen Namen wir nicht zu erklaren brauchen. Die niichst-
höhere Stufe auf der militarischen Rangleiter erstieg der
Major. Der majorist der Grössere, der Höhere
und die Stammsilbe dieses Wortes finden wir in den Namen
Max und Maximilian. Aus gleicher Wurzel erwuchs der
Magister der dann zum Meister eingedeutscht ward,
erwuchs auch Majestat. Der Magister ist ja nunfreilich heute
nicht so was besonders Grosses Jedenfalls steht der
Minister weit über ihm. Und doch stammt dieser Titel des
höchsten Staatsbeamten von minus weniger, geringer
und bedeudet also nichts anders als Diener. Wieder gut
deutsch und daher ohne weiteres verstandlich ist die Be
zeichnung O b e r s td. i. der oberste Hauptmann. Ihm
folgt der General. Das lateinische generale bedeutet
allgemein zum Allgemeinen gehorig und der Titel
deutet also an, dass dieser Offizier ursprünglich keiner be
sonderen Truppengattug angehörte, sondern der „allgemeine"
über allen stehende Befehlshaber war. Besonders verdiente
Generaleerhalten den Titel Feld marschalk Umge-
kehrt wie beim Magister liegt hier ein Bedeutungswandel
zum Höheren vor. Marschall ist, obgleich fremd klingend und
auch im Heerwesen fremder Völker vorhanden, ja sogar von
uns aus dem französischen Heere übernommen, doch deut
schen Ursprungs marah ist der Gaul, das Pferd (Mahre
und scale ein Wort, das wir noch in Seneschall, Gott-
schalk und im Schalksknecht wiederfinden heisst
Knecht (senex Greis, Seneschal also der alteste
Diener). Der marahscalc war bei unsern Vorfahren mithin
der Pferdeknecht. Spater wurde er zum Aufseher über