Generalgouverneur von Bissing über Belgiens Verwaltung. Gedanken der Katze Muisegrijper über den Krieg und die Deutschen. O du Sturm der deutschen Starke, Wunderkraft im Haltedurch, all dein Kaïnpf gilt einem Werke Deutschland, Gottes Friedensburg. Reinhold Braun. Nach der Frankf. Zeitung sprach sich der Gouver neur von Belgien, Excellenz von Bissing, folgendermassen über einige Massnahmen seiner Verwaltung aus Es ist schwierig, ein fremdes Land zu regieren. Aber wir machen Ernst mit der Anwendung der bestehenden Gesetze. Wir dringen auf die Befoigung der Sprachengesetze, die die Berechtigung der deutschen, vlamischen und wallonischen Sprache zum Inhalt haben. Auch der deutschen, gewiss, denn es gibt in der Gegend des hollandischen Zipfels bei Maastricht auf belgischem Boden reindeutsche Dörfer. Die allgemeine Schulpflicht, früher arg vernachlassigt, wird jetzt durchgeführt. Die Privatschulen der Geistlichkeit, dank der früheren belgischen Schulpolitik eine sehr grosse Zahl, stehen unter polizeilicher Aufsicht. Feindselige Beein- flussungen der Schuljugend gegen Deutschland kann ich nicht dulden, lm allgemeinen ist auch das Bestreben da, ver- nünftig auf unsere Bestimmungen und Wünsche einzugehen. Das gilt auch von den zahlreichen Beamten, die nach und nach die Arbeit wieder aufgenommen haben und dafür ihr volles Gehalt beziehen. In den Ministerien z. B. arbeiten wir bis zu den Direktoren hinauf mit rein belgischem Personal in bester Form zusammen. Nur der Eisenbahn- betrieb, der unter militarischer Verwaltung steht, schliesst die Belgier aus. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. In der Rechtspflege sprechen belgische Richter Recht. Wo die nötigen Leute alle herkommen Sehr viele waren geflüchtet, aber die Steuerstrafe, die ihnen angedroht war, hat doch die meisten bewogen, heimzukehren. Allerdings, die oberen Zehntausend ziehen es zum grossen Teil immer noch vor, im Haag oderin Paris und Genf zu bieiben. Die Schweiz scheint nicht sehr erbaut von diesen Gasten zu sein, denn es ist wiederholt urn Einlass für die Flüchtlinge nach Belgien gebeten worden. Dem steht auch gar nichts im Wege, wenn die Leute hier ihren Unterhalt irgendwie nachweisen kön- nen. Denn die Arbeitslosigkeit ist gross, und würde noch grosser sein, wenn wir nicht mit allen Mitteln dagegen an- kampften. Die belgischen I n d u s t r i e n arbeiten wohl wieder, aber der Friedenbestrieb ist natürlich nicht erreicht, Wahrend die Arbeiter früher in schlechten Zeiten als §gch- senganger nach Frankreich abwandern konnten, ist ihnen jëtzt dieser Ausweg verschlossen. Mein Bestreben war, trotz alledem, den Leuten Arbeit und Verdienst zu schaffen. Sie sollten keine Almosen-Empfanger werden. Durch unablas- sige Einwirkung auf die Gemeinden und sonstige Körper- schaften sind Notstandsarbeiten ermöglicht worden. Es besteht eine besondere Zentrale für diese Vermittlung, und so haben wirmehrere tnusend Arbeiter nach Deutschland abgegebenTdië sogar ihre Frauen mitnehmen konnten. Die Arbeiterversicherung hat hier mit grossen Schwierigkeiten zu kampfen, weil sie keine gesetzliche Grundlage besitzt und nur auf privatem Wege geschehen kann. Ich habe das belgische Rote Kreuz, das eigentlich für den Krieg, für Verwundetenpflege, noch nichts getan hat, hier zur Hilfe herangeholt, Mütter und Sauglinge zu unter- stützen und sonstiges Elend zu lindern. Ich bin doch nun schon eine ziemlich alte Katze und habe schon manches Katzengeschlecht heran- wachsen sehen und das meinige dazu getan. Aber eine solche Zeit wie die letzte, habe ich doch noch nicht erlebt. Ich verstehe die Welt nicht. Ich habe die Menschen zwar nie ganz verstanden, und das ist fi'ir eine Katze wohl auch nicht ganz möglich, weil wir Katzen es nicht fertig bringen, uns in das wider- spruchsvolle Denken und Treiben so untergeordneter Geschöpfe hineinzuversetzen. Das hat schon der berühmte Katzenphilosoph Hiddigeigei festgestellt. Aber so unvernünftig wie jetzt waren die Menschen noch nie. Es ist nun schon fast anderthalb Jahr her, da gab es auf demHofe, wo ich wohne, ein grosses Wehkla- gen. Der Bauer hatte ein Gewehr in der Hand und ging lort. und die Frau und die Kinder weinten. Dabei war der Mann schon oft mit einem Gewehr fortgegan- gen, und die Frau hatte nicht geweint. Sonst hatte er es allerdings immer nur nachts getan und diesmal war es Tag. Aber sonst hatte er auch oft gar nichts und manchmal einen Hasen mitgebracht,und bei Tage trifft man doch viel besser als bei Nacht. Warum die Frau also weinte, weiss ich nicht. In der nachsten Zeit sprachen die Menschen dann immer von den Deutschen. Ich wusste nicht, was das für Wesen waren. Die Menschen erzahlten schreck- liche Dinge von ihnen, dass sie kleine Kinder zerrissen und Blut tranken. Da dachte ich mir, es ware eine Art von ganz besonders bösartigen Hunden und das schien auch zu stimmen, denn die Menschen sagten, die Deutschen.waren Hunnen. Etwas Böseres als einen Hund kann es doch kaum auch geben, und im Gedan ken an die Deutschen machte ich immer einen Buckel. Eines Tages schrieen alle Menschen lautDie Deutschen kommen, die Deutschen kommenund verkrochen sich in die Keiler oder liefen davon. Ich dachte auch erst einen Augenblick daran, mich zu verstecken, aber schliesslich ist eine Katze doch kein Mensch und verliert nicht so leicht den Kopf. Ich beschloss, wie es sich für eine philosophische Katze gehort, die kommenden Ereignisse von einem höheren Standpunkte aus zu betrachten und kletterte auf den Apfelbaum, auf dem ich mich sonst zu sonnen pflege. Dasass ich denn und wartete, dass die Deutschen kommen sollten. Aber die Deutschen wollten nicht kommen. Wohl kamen eine Menge grauer Menschen. Einige, die eine weisse Binde mit einem roten Kreuz um dem Arm hatten, hatten auch Hunde bei sich, aber die sahen nicht schrecklicher und gefahrlicher aus als die Hunde bei uns im Lande und überdies waren sie an der Leine. Erst aus der Unterhaltung der grauen Menschen hörte ich dann, dass sie sich selbst Deut sche nannten. Aber ich habe nie gesehen, dass sie kleine Kinder zerrissen und Blut tranken. Warum ha ben die Bauern sie dann aber Hunnen genannt und sich so vor ihnen gefürchtet Das habe ich nicht herausbekommen. Ein Teil der grauen Deutschen zog weiter, ein Teil blieb hier. Die wohnten auf unserem Hof und waren gut Freund mit den Bauern, die allmahlich

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Landsturm | 1916 | | pagina 5