Soldatengraber in der Etappe.
Der Kaiser im Feld.
Raum heller, wenn man den ruhigen blauen Augen des
Kaisers begegnet. Seine Augen sind merkwiirdig aus-
drucksvoll. Sie erzahlen vor allem von unerschütter-
licher Willenskraft und eiserner Energie. Sie erzahlen
von Wehmut über die Blindheit derer, die nicht ein
sehen wollen, dass er nur das will, was Gott gefallig
und seinem Volke niitzlich ist. Sie erzahlen auch von
sprudelndem Witz, von durchdringendem Verstand,
dem nichts Menschliches fremd ist, und von unwider-
stehhchem Humor. Sie erzahlen von Ehrlichkeit,
Wahrheitsliebe und einer Aulrichtigkeit, die niemals
den Bliek abirren lasst, der einem fest und unerschiit-
terlich durch Mark und Bein dringt.
Sven Hedin.
Ein Volk in Waffen
Der Kaiser im Westen,
Der Kaiser im Osten,
Der Kaiser immer auf dem Posten,
Der Kaiser in Lille, der Kaiser in Lyck.
In einem Champagne-Grabenstück,
Nachschauend, was der Kronprinz macht,
Der Kaiserin Bericht gebracht,
Dankschüttelnd am Karpathen-Rand
Erzherzog Friedrich die Siegeshand,
Zu frisch gefang'nen Kosaken geh'n,
Begleitet vom Marschall von Mackensen,
Durch Russisch-Polen im Auto hindurch
Der Kaiser plötzlich bei Hindenburg,
Das Heer und Volk elektrisch durchzuckend,
Selbst in die Gulaschkanonen guckend,
Beim Feldgottesdienst Im Lazarett
Voll Mitleid schreitend von Bett zu Bett,
Zu den Verwundeten sich bückend,
Einsame Graber mit Blumen schmückend,
Gebeugt über Karten mit Generalen,
Lassend die Besten bescheiden befehlen.
Beim Chef des Stabes v. Falkenhayn
Kriegsplane in Frankreich beratend allein,
Beim Kanzier plötzlich in Berlin
Und dann beim greisen Kaiser in Wien.
Lord Kitchener wollte ihn schon séh'n
In Konstantinopel und Athen,
Eiserne Kreuze den Tapfersten reichend,
Einem fahrenden Wetterstrahl gleichend,
Bald hier, bald dort,
Erbraust ein Hurra
Der Kaiser, der Kaiser,
Der Kaiser war da
Max Bewer.
Als unsere Soldaten im schnellen Siegeszuge im August
und September 1914 durch Belgien zogen, da haben sie oft
ihre Toten dort begraben, wo sie kampfend gefallen waren.
Man hatte nicht viel Zeit, urn den Ort auszuwahlen; die Kom-
pagnie marschierte weiter, oder der Feind war, wieder vor-
warts stossend, nahe. Es gibt auch wohl keinen schöneren
Platz für den Krieger, als gerade dort zu ruhen, wo er die
Liebe und Treue für sein Vaterland mit seinem Herzensblute
besiegelte. Sein Grab bildet gleichsam den Endpunkt seines
tapferen Vorwartsstrebens. Es ruft jedem der vorbeimar-
schierenden Volksgenossen zu Bis hierher kam ich. Was
hinter mir liegt, ich hab's gewonnen; was vor mir liegt, du
solist es erringen Wie man auf den Karten kleine Fahn-
chen steekt von Ort zu Ort, urn sich das VordringeiVder
Heere anschaulich vor Augen zu führen, so haben unsere
Soldaten in Belgiens eroberten Boden Kreuz urn Kreuz ge-
steckt Zeichen des Sieges, aber auch Zeichen der Trauer
und der Mahnung. So liegen sie denn verstreut im ganzen
Lande, die Tapferen, Treuen, mitten auf freiem Felde, an den
Wegen und Strassen, im schattigen Waldesgrunde, an den
Hecken und Bachen, zwischen den Hausern, in den Parkan-
lagen der Reichen und in dem Gartchen der Armen, auf den
Friedhöfen und den Höfen der Lazarette und Kasernen..
Wer kennt alle ihre Namen Manchmal musstefman die
teuren Toten bei plötzlichem Ueberfall in der Hand des
Feindes zurücklassen, froh, wenigstens die Verwundeten
gerettet zu haben. Jener bestattete sie, ohne sich viel urn die
Namen zu kümmern. Und selbst wenn ein Freund dem
Freund die letzte Statte bereitete, wer weiss, wie bald ihm
selbst nicht das Grab gegraben werden musste. Gerade in
dem Grenzlande zwischen Brabant und Flandern, in dem
eine Zeitlang der Kampf liin und herwogte, ruhen viel' der
Namenlosen.
Als nun das Land unter deutsche Verwaltung genom-
men wurde, da war es eine selbstverstandliche Ehrenpflicht
Soldatengrab bei Aalst, im Ueberschwemmungsgebiet
eines Baches gelegen.
der deutschen Kommandanturen, für die Instandhaltung
und würdige Aussehmückung der Graber zu sorgen, umfas-
sende Nachforschungen nach den Truppenteilen und Namen
der Unbekannten anzustellen und auch einen Plan anzufer-
tigen, der genau die Lage der Graber in dem zustandigen
Bezirk festhielt. Für die Kommandantur Aalst wurde diese
Arbeit Angehörigen der 1. Comp. Landst. Batls. Hersfeld
übertragen.
Da aber steilte es sich heraus, dass man unmöglich die
Graber an den Stellen lassen konnte, wo sie sich befanden.
Hier liegt ein Grab mitten auf einem grossen Feld, im Som-