wurde erhöht. Ursache hierfür ist wahrscheinlich das Steigen
des Wasserspiegels der Schelde und Leie gewesen. Das
unsterste Stockwerk des alten Kastells und einen Teil des
darüberliegenden verwendete Philipp von Elsass, um den
Keller seines Meeste Toren zu schaffen. Die westliche Wand
des ursprünglichen Baues zeigt in ihrer siidlichen Halfte eine
doppelte Mauer. 1m Zwischenraum sieht man jetzt noch die
dunkelen Gefangnisse, zu denen man im Keller auf Holztrep-
pen gelangen kann. Erwahnen wollen wir hier noch die
vier Saulen, die durch Steinbogen mit geringer Spannung
verbunden sind. Die Decke bestand einstaus Backsteinge-
wölben, von denen Ausatze noch sichtbar sind. Wir verlas
sen den Keller, steigen auf einer Hoiztreppe durch die Reste
der Vorhalle und kommen in den grossen Saai über dem
Keller des Meeste Toren.
Der untere Teil des
Mauerwerkesgehört noch
dem Bauwerk des 9.
Jahrhunderts zu. Philipp
von Elsass erhöhte das-
selbe, um sein Kastell zu
bauen. Noch ist unter den
schmalen Fenstern die
Fuglinie der beiden
übereinander gestellten
Bauwerke zu erkennen.
Die östliche Mauer zeigt
noch Ueberreste eines
Kamins. Das Gewölbe an
der Nordseite tragt die
Treppe, die von der
Kammer des Kastel
lans nach der Plattform
führt. Der Bogen davor
und weitere Bogenansatze
beweisen, dass der Bau-
meister anfangs ein Rost-
werk, in Bogen und
Querbalken bestehend,
anlegen wollte, davon
aber absah, um eine
Holzdecke auf Balken
dem Saai zu geben. Ne-
ben dieser Unschlüssig-
keit des Baumeisters ist
in diesem Raum noch
der Fischgratenverband
in der westlichen Mauer
bemerkenswert. Die we-
nigen schmalen Oeffnun-
gen Hessen den Saai
auch am hellen Tage in
halber Dunkelheit. Bei
allen Festlichkeiten
und ihrer sind viele hier
abgehalten strahlte
der Raum im hellen Kerzenlicht. Im 12. 13. und 14. Jahrhun-
dert gaben die flandrischen Grafen hier glanzende
Festmahle. In stattlichem Zuge erschien hier die Bürger-
schaft mit ihren Schöffen an der Spitze, um kostbare
Geschenke ihrem Fürsten zu überreichen Scharlachtuch
und edlen Rheinwein. Am 6. November 1445 nach been-
deter Sitzung im Empfangssaale ordneten sich hier die
Ritter des Goldenen Vlieses zum Festzuge nach der
Sint-Baafs-Kirche (Kathedrale). Am folgenden Tage gab
der Herzog von Burgund Philipp der Gute seinen Rittern ein
BAROCKHAEUSER IN GENT.
Prunkmahl im Grossen Saaie. Jetzt schmückt ein grosser
Teppich mit dem flandrischen Löwen die Nordwand, und in
der Ecke links daneben hat der Waffenmeister sein Geschafts-
zimmer errichtet. An der Westseite führt eine Tür auf eine
Treppe, die zwischen zwei Mauern nach dem Saai des
ersten Stockwerkes emporsteigt. Ein prachtiger Festsaal
nimmt uns auf. Wir verstehen, dass die Gaste bei festlichen
Gelagen sich hier wohl fühlten. Die steinernen Banke in
den Fensternischen laden zum fröhlichen Geplauder ein.
Freundlich strahlt das Tageslicht durch die Butzenscheiben.
Ein riesiger Kamin sorgte für Erwarmung und die nahe
Küche an der Nordseite für Speise und Trank. Unter einem
Steinbogen hinweg tritt man an der Ostseite in die Kapelle
mit den freundlichen Rundbogenfenstern. Die Raume, die
sich nach Westen hin
anschliessen, sind uns,
von aussen gesehen,schon
bekannt der überdeckte
Gang, das Zimmer der
Grafin mit dem trauten
Bliek auf den Wasser-
arm der Lieve hinab und
das Zimmer des Grafen.
Vom Festsaal besteigen
wir wieder auf
einer Treppe zwischen
zwei Mauern die Platt
form des Schlosses. Der
letzte Teil unseres Gan
ges führt uns auf einer
Wendeltreppe im Innern
des siidwestlichen Eck-
turmes empor, an einem
Raum vortiber, in dem
man allerlei Stoffe zur
Verteidigung aufbewahr-
te. Nun stehen wir auf
dem Wehrgang, der in-
nerhalb der Zinnen rings
um die Plattform herum-
lauft. Vor uns liegen drei
schwere Falltüren. Sie
decken ein gewaltiges
schrag abwarts gehendes
Wurfloch, durch welches
man allerlei Wurfstoffe
auf die Belagerer fallen
liess. Wir stellen uns auf
die mittlere Falltür. Von
hier schweift unser Bliek
über die Stadt mit all
ihren herrlichen Bauten.
Vor uns liegt der Fisch-
markt (Sinte Veerleplein)
mit seinen Giebelhausern
aus dem 16. und 17. Jahr-
hundert. Die Geschichte der Platzes ist mit der des Grafen-
schlosses aufs engste verknüpft. Hier stand die grafliche
Hofkirche Sinte-Veerle. Hier starben unglückliche Opfer den
Feuertod. Sinte-Veerleplein war für Flandern der einzige
Strafplatz für Falschmünzer. Die Brticke rechts von uns war
gleichfalls eine Hinrichtungsstatte. Im Mittelalter war sie
befestigt. Die Mittagssonne glanzt auf derGrasleie. Die alten
Gildenhauser geben dem bunten Marktleben am Kanal einen
ehrwürdigen Rahmen. Rechts von der Kornmarktsbrücke
steht wie eine Festung St-Michael mit dem unvollendeten