Verordnungen und Bekanntmachungen
für die besetzten üebiete.
Zu unseren Bildern.
Ein haeufig in Belgien wiederkehrender zunaechst
cigenartig anmutender Wirtshausname ist In de Zoete
Inval Die Erklaerung dieses suessen Einfalls sielit
man auf einem selir alten Gasthausschild in Loewen einen
Mann kopfueber in einen Bienenkorb gestuerzt, bei diesem
suessen Einfall natuerlich von den aufgescheuchten
Bienen arg zerstochen. Dieses Schild ist auch in Bruessel
nachgeahmt worden.
Wahrliaft kuenstlerische Wirts- und Gasthausschilder
sind nicht im modernen Bruessel zu finden. Draussen, in
den Vororten, findet man dagegen noch Schilder, die Auf-
tritte in Bauernschaenken in der saftigen Art von Teniers,
Ostade und anderen Meistern der grossen nederlaendischen
Kunst darstellen. Dann auch manchmal raetselhafte Aus-
hangbilder. So ist in einem ziemlich entlegenen Bruesseler
Vororte ein Schild zu sehen, das einen Mann zeigt, der mit
einer Angel ein Huhn geflscht hat. Was das bedeutet, ist
auch den WirtsEuten nicht bekannt. Aul' einem anderen
Schilde bearbeitet ein Ziegenbock eine Pauke, die er am
Tragriemen umgeschnallt traegt, waehrend ein Baer dazu
tanzt und andere Tiere, auf Aesten oder auch auf Baenken
sitzend, zuschauen.
Manchmal werden auch wallonische und franzoesische
Wortspiele auf den Schildern versinnbildlicht. Da sind
beispielsweise zwei Sousstuecke (durchloecherte 5 Centi-
messtuecke) mit einer Schnur verbunden.Das soil bedeuten
Aux deux sous liés ausgesprochen wie Aux deux sou-
liers (zu den beiden Schuhen). Ein zweiteiliges Schild an
einem Wirtshause nicht weit von dem schoenen Bosch
voorde bei Bruessel zeigt den bekannten Ledaauftritt mit
dem Schwan auf der einen Seite und auf der anderen einen
Juengling, der eine Guitarre vor einem Balkon spielt, auf
dem ein holdes Maedchen erscheint und dem Spieier eine
Blume herabwirft. Darueber steht Au signe d'amour
was der Aussprache nach gleichzeitig Liebeszeichen und
Liebesschwan (cygne d'amour) bedeutet.
Die Mythologie ist ueberhaupt auf den Wirtshausschil-
dern sehr beliebt. Nur strotzen die Goetter und die Goet-
tinnen des alten Hellas auf diesen Schildern von vlamischer
Gesundheit und jener ueppigen Gliederfuelle, die man auf
Rubensbildern bewundert.
Die derbe Lebenslust der Vlamen, die sich keine sitt-
liche Zwangsjacke anlegen laesst, aber auch der welschen
Verfeinerung als etwas Ungesundem, ihrem Wesen
Fremdem widerstrebt, lacht, jubelt und kréischt aus diesen
Schildern ebenso heil und ebenso jung, wie aus den koest-
lichen Bildern der alten vlamischen Meister. Sie zu erhalten
und die Perlen unter ihnen auszuwaehlen, urn sie an geeig-
neten Orten zur Geltung zu bringen, koennte als eine nicht
unwuerdige Aufgabe der Verehrer vlamischer Art und
vlamischer Kunst erscheinen. Belg. Kur.
Gent besitzt eine Menge interessanter Bürgerhauser, aie
in der ganzen Stadt verstreut liegen, so z. B. die schonen
mittelalterlichen Patrizierhauser am Platz der heiligen
Pharailde. Auch auf das Toreken (Türmchen), das ehe-
malige Zunfthaus der Lohgerberauf dem Freitagsmarkt, sei
hier hingewiesen, das in seiner schlichten Schönheit so
wirkungsvoll einem modernen Zunfthaus dem protzen-
haften Haus der Genossenschaft Vooruit, gegenüberliegt.
Reiche Btirger bauten in der Mitte des 18. Jahrhundert die
heutige Vlamische Akademie (im Styl Ludwig XV) und das
Haus Faligan. Unser Bild führt zwei Barockliauser
in der alten Burgstrasse vor, besonders das rechte verdient
unsere Beachtung. Es ist das Haus Zum fliegenden Hir-
schen und 1669 gebaut worden.
Ein anderes Bild zeigt das weithin bekannte Genter
R a t h a u s. Horen wir, was dartiber Prof. Graul in seinem
(in der vorigen Nr. d. Ztg. schon empfohlenen) Werke Alt
Flandern sagt
Die Baumeister Rombaut Keldermans und Herman de
Waghemaker hatten 1517 nach einem uns erhaltenen Plane
für Gent auf Grund eines alteren Baukernes, der 1481 begon
nen worden war, ein Stadthaus geplant, das in der Lange
25 Achsen aufwies. Kaum ein Viertel davon ist ausgeführt
worden, aber der Bau mit dem fünfeckig vorspringenden
Eckturm und dem reichen Masswerk im Erd- und im Ober-
geschoss und mit der abschliessenden Galerie ist ein Meister-
werk üppiger Spatgotik, deren Hochdrang durch die flachen
Fensterbögen und die kraftig betonten Gesimse gemassigt
wird. Das Haus sollte noch ein Stockwerk erhalten, aber
1535 wurden die Arbeiten abgebrochen. Erst am Ende des
Jahrhunderts wurde die Arbeit wieder aufgenommen, aber
man baute im Stile gelehrter Renaissance nach den Lehren
Serlios, die von Pieter Coeck van Aalst und Vredeman de
Vries in den Niederlanden verbreitet worden waren. So
entstand ein in seiner ntichternen Korrektheit eindrucksvolles
Werk, das neben dem alteren Werke den Gegensatz
zwischen klassischer und gotischer Formenwelt mit ausser-
ster Scharfe fühlbar macht. Die Figuren in den Nischen des
gotischen Rathausteiles sind durchweg moderne Arbeiten.
Konnten wir in Nr. 20 das Grafenschloss von
der Strasse gesehen zeigen, so führen wir es heutige von der
Wasserseite her aufgenommen vor.
p
Bestrafung von Gemeinden. Im Dezember 1915 wurde
die von der deutschen Militaerbehoerde benutzte Telefon-
leitung zwischen La erne und Wet te ren von einem
Belgier zerstoert, etwa 1200 m Draht wurden entwen-
det. Wenn auch der Taeter, ein Einwohner von Laerne,
entdeckt und bestraft werden konnte, so haben doch die
beiden Gemeinden, auf deren Boden die Tat geschah, nicht
ihrePflicht getan. Der ungestoerte Belrieb der Fernsprech-
leitung ist fuer die Militaerbehoerde von grosser Wichtig-
keit, er muss nachdruecklich geschuetzt werden. Es wur
den deshalb auf Befehl des A. O. K. IV. der Gemeinde
Laerne eine Busse von 5000 M und der Gemeinde Wetteren
eine solche von 10000 M auferlegt.
Die Gemeinde Lovendegem, auf deren Grund-
gebiet im Januar 1916'üeber 2000 mTLupferdraht der Fern-
sprechverbindung Gent-Somerghem gestohlen wurden,
ohne dass der Taeter bisher entdeckt Avorden konnte, ist
mit 5000 M. bestraft Avorden.
Bei einem Einwohner von E 1 e ne Avurde eine Kropf-
taube entdeckt. Diese Uebertretung des Befehls des A. O.K.,
nach dem alle Tauben zu toeten oder abzuliefern Avaren, ist
nur moeglich gewesen, Aveil die Gemeinde bei dem betr.
Mann keine Haussuchung bat halten lassen. Eine solche
Haussuchung musste aber stattfinden, da jede Gemeinde
fuer Uebertretung des Taubenverbots durch Einzelne haft-
bar gemacht Avorden Avar. Darum erhielt die Gemeinde
Elene 500 M Strafe.
Auch die staedt. Polizeibehoerde von Aalst hat sich
von dem etwaigen Vorhandensein von Brieftauben in der
Stadt nicht gruenalich ueberzeugt. Es Avurden bei zAvei
Einwohnern zusammen tO Brieftauben vorgefunden. Die