Dir entgegen.
Unsere Landsturm - Zeitung.
(An meine Frau.)
Was immer auch sich mil" erschloss
An reinen Freuden, Stunden voll des Lir.hts
Es war mir nichts,
Wenn es nicht mit durch deine Seele floss.
Und was mein Mund je mocht' verkünden,
Was er in Liedern sang, in Worten sprach
Ich lauscht' ihm nach...
In deinem Herzen sollte alles miinden.
Wo ich auch war, auftausend Wegen,
Und zog ich lort, wie jetzt, in femes Land
Liebste, ich fand,
Ich gehe immer doch nur dir entgegen.
Nun sind 25 Nummern, 200 Seiten, des Land
sturm ins Land hinausgegangen. Ein kleines Jubi-
laum, das uns Veranlassung geben soil, auch einmal
über seine Entstehung und sein Werden zu berichten.
Schon im November 1914, als die Kompanie in
Oudenaarde lag, war an die Herausgabe einer Land-
sturm-Zeitung gedacht und Vorbereitungen getroffen
worden. Aber die plötzliche Verlegung nach Gent
machte durch den Plan einen Querstrich. Nun lolgte
ein offerer Ortswechsel, Bahnwache an entlegenen
Strecken, bis dann nach dem Einrücken und Einleben
der Kompanie in Aalst der alte Gedanke wieder aufge-
nommen werden konnte.
Von vornherein musste davon abgesehen werden,
den Druck der Zeitung mit dem Material vorzuneh-
men, das sich in der kleinen Druckerei unserer Ka-
serne vorfand. Es geniigte gerade, um die Herstellung
der militarischen Formulare zu ermöglichen. Auch
waren leider die beiden, bei den zwei Aalster Landst.
Koinpanien befindlichen Setzer durch diese Arbeit
vollauf in Anspruch genommen. Jedoch hat der Kame-
rad Franz (1. Komp. Metz) trotzdem noch manchen
Artikel für den Landsturm gesetzt.
So war der Herausgeber gezwungen, die Zeitung
in einer belgischen Druckgpei, die auf einen Teil der
ersten Nummer ihren Namen nannte, ihn aber dann
vorsichtigerweise verschwinden liess, herstellen zu
lassen. Das mag auch die vielen Druckiehler, denen
man vielfach die belgische Vaterschaft anmerken kann,
zu einem Teil entschuldigen, für den anderen Teil
wolle man die Schnelligkeit, mit der verschiedener
LTmstande wegen die Korrekturen erfolgen mussen, als
Milderungsgrund gelten lassen.
Aller Anfang ist schwer. Eine Kleinigkeit ist's,
eine Zeitung ins Leben zu rufen, deren Herausgabe
von oben her (wie das bei den Armee-Zeitungen im
Osten und bei vielen im Westen geschehen ist)befohlen
wird. Da sind die Wege geebnet und die nötigen Mittel
reichlich vorhanden. Mühsamer ringt sich ein Gedanke
von unten nach oben, und Gefreiter sein, ist ja schon
allerlei, aber doch nicht sehrviel. Doch das Wohlwol-
len der Vorgesetzten machten auch ihm" es möglich,
sein Vorhaben auszuführen. Noch fehlten Mitarbeiter
und der nervus rerum in Gestalt zahlender Abon-
nenten, doch schon die erste Nummer brachte einen
geniigenden Stamm der letzteren, wahrend es an erste-
ren (wenigstens in Prosa) leider immer noch mangelt.
Die Leserzahl war standig steigend und betragt nun
bald 1000, sie verfeilt sich hauptsachlich über ganz
Ostflandern, also über das Etappengebiet der IV.
Armee. 8 Bataillone, 2 Eskadrons, viele mihtarische
Behörden, Lazarette, Eisenbahn- und Postbeamte'sind
standige Bezieher,
Leider konnte die Zeitung nur eine Zeitlang mit
Bildern geschmiickt werden. Der zu diesem Zwecke
von der Etappen-Kommandantur Gent gewahrte 1110-
natliche Zuschuss musste fortlallen,als beiohlen wurde,
dass alle Einnahmen an das A. O. K. abznfiihren
waren. Der Spenderin aber herzlichen Dank für die
freundliche Hilfe. Auch die Beilage der Kriegszeitung
der 4. Armee, die uns durch das Entgegenkommen
ihrer Schriftleitung zunachst für alle, dann für einen
Teil unserer Bezieher zur Verfügung gestellt wurde,
konnte wegen der steigenden Papierpreise nicht mehr
dem Landsturm beigelegt werden. Also an dem
guten Willen unsere Zeitung illustrativ auszustatten,
hat es nie gelehit, bloss an den Mitteln. Das ist gewiss
bedauerlich, da sich vieles aus dem Landsturm- und
Etappenleben nur im Bilde festhalten liisst, aber ohne
einen Eingriff von oben ist da nichts zu wollen.
Der starken Steigerung der Papierpreise haben wir
gebührend dadurch Rechnung getragen, dass wir zu
immer schlechteren Sorten griffen nur so kamen wir
um eine Erhöhung des Bezugspreises herum.
Welche Aufgabe hat sich der Landsturm ge-
stellt Von vornherein war es nie seine Absicht, die
Tagesereignisse zu verlolgen. Das konnte er getrost
den Heimatszeitungen iiberlassen, die ja mit grosser
Schnelligkeit und Pünktlichkeit hier eintreften und
wohl von allen Kameraden eifrig gelesen werden. Er
wollte diese Zeitungen nicht ersetzen, sondern nur
erganzen und zwar nach zwei Seiten B e 1 g i e n und
Landsturm.
Es ist nun mal eines Deutschen Gewohnheit, mit
offenen Augen die Dinge und Erscheinungen seiner
Umgebung, wo er auch weilen mag, zu betrachten
Da möchte diese Zeitung den Kameraden heffen, luch
tige Vorstellungen von Belgien zu gewinnen; sie will
das Land zeigen in seiner Vergangenheit und Gegen-
wart, in seiner Schönheit, seinen dunkeln Schatten
und die Bewohner in ihren Eigentiimlichkeiten,
Schwachen und Vorzügen, auch ihre Stellung zum
Krieg und zu uns Deutschen beleuchten. Eine derar-
tige Beschaftigung mit Land und Leuten ist so
glauben wir wenigstens vorzüglich geeignet, unseren
Gesichtskreis nach allen Richtungen hin zu erweitern,
uns, indem wir Vergleiche ziehen miissen, zufriedener
zu machen mit den Zustanden daheim und unsere herz-
liche Liebe zur Heimat zu starken.
Neben dieser Aulgabe steht die andere, dem
Landsturm zu dienen. Unsere Zeitung will aufzeich-
nen, welches seine Aufgabe im besetzten Gebiete ist,
will hervorragende Betatigungen einzelner Kameraden
sammeln, will ihre Gedanken und Stimmungen fest
halten. Die Blatter sollen in ihrer Gesamtheit spater
einmal ein Bild geben von dem militarischen Leben
und Treiben in der Etappe, ein Bild, dessen einzelne,
feine Ztige, eben weil sie aus dem Erleben heraus
geschrieben wurden, sich spater gar nicht so wieder-
geben lassen würden.
Hier mitzuarbeiten, dürfte vielen Kameraden nicht
schwer fallen, und besonders denen, die sich in Gent,
Ldstm. Willi Bonneberg.