Biider aus riem Leben in der Etappe. Allerlei aus Belgien. 8. Die Aufgaben einer Etappen-Kompanie. Zwei Aufgaben sind es in der Hauptsache, die der Landsturm in der Etappe zu erfüllen hat die Siche- rung der riickwartigen Verbindungen (also vor allem der Bahnlinien) der kampfenden Armeen und die Sorge fur die Ruhe und Ordnung im besetzten Lande, die Aufschliessung seiner Hiilfsquellen, die uns militarisch niitzen können u. s. f. Wir müssen also zwischen Kompanien bezw. Ba- taillonen, denen der Bahnschutzdienst iibertragen ist, und solchen, die, wie man kurz sagt, Etappendienst verrichten, unterscheiden. Letztere sind den Etappen- Kommandanturen unterstellt, in die man in Anlehnung an die friihere Kreiseinteilung das Etappengebiet ge- gliedert hat. Wie mannigfaltig die Aufgaben einer solchen Etappenkompanie sind, ist hier schon hin und wieder berührt worden. Heute aber wollen wir uns einmal einen vollen Ueberblick über ihre Tatigkeit verschaften und zwar an der Hand einer Aufstellung, die von der I. Kompanie Ldst. Batls. Hersfeld Ende Februar vor- genommen wurde. Wie in Friedenszeit erfordern zunachst einmal die Bedürfnisse der Kompanie selbst eine Anzahl Leute. Die taglichen Schreibarbeiten wollen erledigt sein, die Licht-, Heizungs- und Badeanlagen der Kaserne gebrauchen. Bedienung, Personal für Küche, Ofhziers- Kasino, Kantine, Schneider- und Schusterwerkstatt muss gestellt werden. Einige Fahrer sorgen fur die Wagen und Pferde. Verpfiegungsoffizier, Kammer- unterofitzier, Sanitatsunteroffizier und der Unterofh- zier vom Dienst können nicht entbehrt werden. Ein Mann fahrt taglich nach Gent zum Bataillon, um Mel- dungen hin und Befehle her zu besorgen. Der Hauptteii der Mannschaften, Unterofhziere und Oftiziere steht im eigenthchen Etappendienste. Auf dem Passbüro sind allein I Ofiizier und i5 Mann be- schaftigt, das Meldeamt erfordert I Ofhzier, i Unter ofhzier und 6 Mann, das Beitreibungs-Priifungs-Kom- mando, das die von den Truppen s. Zt ausgestellten Anerkenntnisscheine an Ort und Stelle nachprüft, 1 Oftz-Stellv., X Unterofhzier und I Mann. Das Etap- pen-Magazin Aalst hat 7, das Hafenamt 3 von unseren Leuten nütig. Der Geheimen Feldpolizei, dem Kriegs- gericht und dem Sol datenhgim_sind je 1 Mann zuge- wiesen worden. Fur die Etappen-Drucker ei (Formu- lare und kurze Bekanntmachungen), die Passkontrolle am Bahnhof, die Bewachüng der angekommenen Schifte auf dem Dender, fur die Verladung der aus den Gemeinden angeforderten Heu-, Stroh-und Fruchtmen- gen in Schiften und Waggons waren 7 Mann tatig. Ein sogenanntes Pionier-Kommando von 2 LTnterofhzie- ren und 4 Mann iiberwacht die Abholzung, Verfuhr und Verladung von Strauchwerk in den verschiede- nen Orten der Kommandantur es wird zur Anferti- gung von Hiirden von der Armee benötigt. Auf der Kommandantur selbst sind 1 Unterofhzier und 5 Mann beschaftigt, 9 Radfahrer unterhalten taglich ihre Ver- bindung mit allen 5i Ortschalten des Gebietes. In den Zügen der Vollbahn forschen 1 Unterofhzier und 2 Mann wahrend der Fahrt nach, ob die Reisenden im Besitz ordnungsgemass ausgestellter Reisescheine sind. und ob sie keine verbotenen Waren mit sich führen für die Kleinbahn besorgen das 2 Unterofh ziere und 2 Mann.Das Kaiserliche Postamt hat 3Mann angefordert, die Etappen-Telefonie ist mit 1 Unter ofhzier und 2 Mann besetzt, die Ausgabe und Annahme der Einwohnerpost besorgt 1 Mann. Die Nahe der Grenze zwischen Etappe und Gou vernement gibt Veranlassung zum Schmuggel von aller-, hand Lebensmitteln in das Gouvernement hinein, wo sie bedeutend teurer bezahlt werden. Die Kompanie hat deshalb in einige Ortschaften hart an der Grenze drei Patrouillen (zusammen 1 Unterofhzier und 14 Mann) gelegt, die sie durch standige Patrouillen- gange hauptsachlich Nachts liberwachen. Zu ihrer Unterstützung dient die Militar-Polizei (3Unterofhziere und 5 Mann), der ausserdem die Markt- und Wirt- schaftskontrolle, Haussuchungen, Verhaftungen u. dergl. obliegen. Den Wachdienst, der gegen früher erheblich ein- geschrankt wurde, verrichten 88 Mann. Ein Flieger- beobachtungsposten versieht seinen Dienst in luftiger Höhe; vor der Kommandantur, Kaserne, dem Bahn hof und einigen Stadtausgangen stehen standige Po sten, andere Ausgange werden durch Patrouillen iiber wacht. Immer sind auch Leute nach auswarts abkomman- diert, so zum Bataillons-Stab, zur Artilleriewerkstatt, Drahtfabrik, Baudirektion, zum Rekrutendepot u. s. w. Alle diese Aufgaben und Arbeiten erfordern den vollen Bestand der Kompanie,zumal doch stets einige Leute trotz des durchweg guten Gesundheitsstan- des sich im Revier und Lazarett behnden, auch eine Anzahl auf Urlaub in der Heimat weilt, wenn nicht gerade eine Urlaubssperre eingetreten ist. So können denn besondere Aufgaben, die sehr hauhg an die Kom panie herantreten.lz. B. Hilfe bei den Pferdemusterun- gen, Begleitung der ausgemusterten Pierde nach Gent und von Lebensmitteln an die Front, Transport von Civil-Gefangenen nach Deutschland oder Telgischen Gefangnissén,'ausserördentliche Absperrung der Gou- verments-Grenze) nur so erledigt werden, dass die Wachen ohne Ablösung weiterstehen und die anders beschaftigten Leute in ihrer freien Zeit herangezogen werden. Daneben werden natiirlich taglich soweit Mannschaften und Zeit zur Verfiigung stehen Exerzieriibungen, Appelle und Instruktionsstunden abgehalten. Aus alledem aber wird hervorgehen, dass der Landsturm in der Etappe keineswegs auf der Baren- haut liegt, sondern auch seinerseits dem Heere und dem Vaterlande nach allen seinen Kraften dient. s. Wie die Alten sungen. Es ist unglaublich, wie leiclit sich die unsirmigsten Luegen und Ungereimtheiten noch bis auf den heufigen Tag in Belgien verbreiten. Das Volk scheint dort fast gar keinen Wahrheitssinn zu haben die liandgreiflichsten Wahrheiten werden geleugnet oder in einem falschen Lichte vorgestellt wie die neuesten Zeiten zur Genuege dargetan liaben. Es ist vergebliche Muehe, den Poebel eines Bessern belebren zu wollen. Das steht zu lesen in der Geschichte der Niederlande von N. G. van Kampen, erschienen in Hamburg bei Fried- rich Perthes im .Tahre 1831. Der Ausspruch bezieht sich auf Ereignisse in Gent im Jahre 1539, unter der Regierung Karls V.. dei denen der

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Landsturm | 1916 | | pagina 5