Genter Theaterleben im Kriege ganz an den Feind herankommen, da dieser durch die mit der Gefangennahme verbunderien Schüsse aufmerk- sam geworden und ein wiitendes Schnellfeuer eröftnete. Gefangene verweigerten jede Auskunft sie werden bei Tagesanbruch dem Regiment zugeführt. Sonst nichts Neues. Danke, Dietrich, guten Morgen Auf Wiederhören, Kallmorgen Rrrr... Rrrr... Rrrr... Die Morgenmeldung des zweiten Bataillons ist beendet. Kurz zuvor hatten schon das erste nnd das dritte Bataillon die Meldung erstattet und Oberleutnant Kallmorgen bringt nun in Eile die drei Berichte auf die glatte Formel von acht bis zehn Zeilen Lange. Ein anderer bombensicherer ,,Unterstand". Etwas abgelegen vom Schuss. Bombensicher deshalb, weil der Feind gar nicht so weit reicht, und ,,Unterstand", weil das Bauwerk gar kein Unterstand, sondern ein wirkliches Haus ist. Nur stark baufallig ist die Burg, weshalb die Telegraphisten kurz entschlossen zwei starke Birkenstamme unter die Decke des Stations- lokals gestemmt haben. Also schliesslich doch ein Un terstand, über dem das Verhangnis in Gestalt eines windschiefen Dachgebalks lauert Immerhin, es ist eine richtiggehende Feldlernsprechstation. Darauf lasst nicht nur der riesige Pfeil, der quer über der Strasse hangt, mit seiner Spitze direkt in die stolze Flucht hell erleuchteter Fenster ragt (es sind ihrer zwei, das eine sogar noch halb mit Pappe vernagelt), sondern auch das leuchtende weisse F im roten Felde schlies- sen. Auf einem Tische stehen nicht nur zwei Feldfern- sprecher, sondern auch noch ein geheimnisvoll aus- sehender Klappenschrank, in den zehn Fernsprechlei- tungen einmiinden und miteinander verbunden werden können. Also ein nach ahnlichen Grundsatzen erbautes Folterinstrument des technischen Jahrhundert, wie es daheim auf den Fernsprechamtern von den Telepho- nistinnen bedient wird. Noch ein anderes, dringend notwendiges Inventarstück befindet sich auf einer sol- chen Station. Auf einem grossen, weissen Blatte be findet sich eine Menge schwarzer Punkte. Alle diese Punkte sind durch kreuz- und quergehende Striche miteinander verbunden Es ist das Leitungsnetz einer Armee, das wahrend der 12 Monate Stellungskrieg eine ungeahnte Ausdehnung gewonnen hat, der Verastelung und Verzweigung eines Baumes vergleichbar. Die Krone mit all den vielen Aesten und seinen Zweiglein nach dem Feinde zeigend und der Stamm als Vereini- gung all dieser Nervenstrange der Heimat zuweisend. Unter jedem Ortsnamen sind die Truppenteile darin angeführt. So bildet die Leitungsskizze ein unentbehr- liches Werkzeug für den Telegraphisten am Klappen schrank. Mehr noch liesse sich darüber erzahlen, doch ich darf nicht aus der Schule plaudern. Auch fiber die Kojen (gieich Schlafstatten aut Handelsschifïen) der Telegraphisten, die hinter einem aus zwei Bettüchern gebildeten Vorhang sich befinden. liesse sich etwas Garn spinnen, doch lassen wir die Feldgrauen schlafen und beschaftigten wir uns lieber mit dem Nachtdienst- habenden. Dieser hat eben die Luke (Mund)zu einem herzer- quickenden Gahnen geöffnet, da fallt leise klirrend eine Klappe am Schrank. Hallo, es gibt Arbeit Schnell klappt er seine beiden Kiefer wieder zusammen. Vermittlung der... Brigade, meldet er sich. Hier Oberleutnant Kallmorgen. Ich möchte den Adjutant Ich werde rufen Hauptmann Krone Hier Oberleutnant Kallmorgen. Gestatten Herr Hauptmann die Morgenmeldung vom Regiment Morgen, mein lieber Kallmorgen, lassen Sie, bitte, hören Kallmorgen verliest nun seine vor einer halben Stunde zu Papier gebrachten Berichte der drei Batail- lone. Gieich darauf meldet sich auch das andere zür Brigade gehorige Regiment, und Hauptmann Krone vereint darauf beide Regimentsmeldungen zur Mor genmeldung der... Brigade Gegen 6 Uhr morgens ruft er die Division an. Auch hier wieder der ahnliche Vorgang. Eine knappe, genaue Wiedergabe all der kleinen oder grosseren Ereignisse. die sich im Frontbereich der Brigade abge- spielt haben. Um 7 Uhr erfahrt das Generalkommando des Armeekorps, was sich seit der gestrigen Abend- meldung im Laufe der vergangenen Nacht abspielte. Innerhalb der niichsten Stunde vermitteln die einzel- nen Korps ihre Meldungen dem Armee-Oberkomman- do, und eine halbe Stunde spiiter ist das Grosse Haupt- quartier fiber die augenblickliche Kriegslage der ge- samten Westfront, angefangen von der Nordsee bis hinunter zur Schweiz, unterrichtet. Nach den gleichen Grundsatzen arbeiten natürlich auch die Ostheere Der Bericht wird im Grossen Hauptquartier selbst gemacht. Alle Kriegsschauplatze melden dorthin die Zusammenstellung der Ereignisse. Von dort aus geht die Zusammenstellung an die Presse- Abteilung im stellvertretenden Generalstab in Berlin und wird von da weiter an das W. T. B. gegeben, das nun seinerseits durch Ferndrucker den Bericht an die Berliner Presse-Abteilung des stellvertretenden Generalstabes zuriickgibt. Erst wenn nochmals diese Kontrolle aut die Richtigkeit erfolgt ist, wird das W. T. B. ermachtigt, die Berichte an die Blatter weiter- zugeben, entweder durch Ferndrucker oder durch Telephon oder Telegraph. Dieses jagt dann die Tele- gramme an die einzelnen Redaktionen. Alsbald ist dann in den Zeitungen zu lesen, was unsere Feldgrauen getan haben, oder, was der schlimme Feind mit ihnen zu tun versuchte. Z.) Die Stadt Gent umfasst zwei grosse Partedager die eine Partei setzt sich aus den wohlhabenden vla- misehen Kaufleuten und Beamten zusammen und ist dem französischen Einfluss völlig unterlegen, die andere besteht aus dem vlamischen Volk mit ausge- sprochener demokratischer Sinnesrichtung. Demge- mass gab es auch vor dem Kriege stets zwei Parteien im Theaterleben, das französische Theater und die vlamische Schauburg, beide in stadtischer Verwaltung. Die Pforten des französischen Theaters sind auch jetzt noch geschlossen und seine Anhanger sehen mürrisch zu, wie die vlamische Bewegung machtig aufblfiht. Wahrend auch die Schauburg vordem der Tummel- platz der leichten und seichten Operette aller Herren Lander war, hat sie jetzt ein sehr verstandiges und idealeres Gewand angelegt, seitdem die deutsche B&r horde zum Winterbeginn 19x6 die Erïaubnis zur Eröff-

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Landsturm | 1916 | | pagina 3