Musikpflege beim Landsturm. Allerlei aus Belgien. emmer (Eimer), etter (Eiter), insmeren (einschmieren), brandladder (Feuerleiter gebabbel (Geplauder), heesch (heiser), mokken (schmollen). knoest (Knorren), sussen (stillen, beschwichtigen), aaien (streicheln), wan neer (wann afjakkeren ^abhetzen). Hochdeutsch sind diese Wörter nicht mehr, aber noch gut Vlamisch. Wir stellen nebeneinander die Wörterreihen Zieden, zood, gezooden (sieden, sott, gesotten), win nen, won, gewonnen igewinnen, gewann, gewonnen); wegen, woog, gewogen (wiegen, wog, gewogen)zen den, zond, gezonden (senden, sandte, gesandt) schen ken, schonk, geschonken (schenken, schenkte, ge- schenkt) krijgen, kreeg, gekregen ikriegen. kriegte, gekriegt) wezen, was, geweest (sein, war, gewesen). Manche Bildungen sind mit dem Hochdeutschen fast übereinstimmend, andere haben sich noch in unsern Mundarten erhalten. Wezen ist die Nennform in der Bedeutung ,,sein"und ist dem Hochdeutschen ver loren gegangen. Das Hauptwort das Wesen (das Sein, die Eigenart) ist erhalten geblieben. Dr Martin Luther, der in seiner Bibeliibersetzung den deutschen Bruderstammen das einigende Hoch deutsch gab, gebraucht noch die Mittelwortform ge weest", und Goethe hat der Vergangenheitslorm „was" in der Dichtung ein ehfendes Denkmal gesetzt. Sah etwas blinken auf der Strass', Was ein zerbrochen Hufeisen was. Wir sprechen, wie uns der Schnabel gewach- sen ist. Das deutet mancher so, als sei die Sprache etwas Willkürliches, Gemachtes. Aber ob du hoch deutsch oder in der Mundar-t redest, du stehst wie draussen das Wachstum der Natur mit deiner Sprache unter ehernen Gesetzen. Doch darüber lasst sich viel- leicht ein andermal reden. Deutschlands Söhne, laut ertöne unser Vaterlandsgesang. Unsere herrlichen deutschen Lieder auf den Lip pen traten wir unter die Waffen. zogen wir fiber die Grenzen der Heimat in das feindliche Land hinein. Und hier sind sie nicht verstummt. Immer wieder wachen sie auf und klingen durch die Stadte und fiber die Fluren Flanderns. Glücklich die Truppe, bei der der Gesang eine pflegende Statte gefunden hat. Wenn auch jene rauschende Begeisterung der ersten Kriegsmonate nicht mehr ist, so muss doch die frohe Kraft des deutschen Liedes erhalten bleiben. In der 3. Kompanie Landst. Inf. Batl. Hersfeld hat sich unter wohlwollender Fiirsorge des Herin Kompanie- fiihrers eine besondere Gesangabteilung geb'ildet Feldwebel, Unterofhziere und Landsturmmanner sieht man in edlem Wettbewerb ihre Stimmbander messen. Den Dirigentenstock hat man einem sangerprobten Un- offizier anvertraut. In guter Auswahl werden alle die wunderschönen deutschen Volkslieder aus dem Dichterwald hervorge- holt. Edelsteine, alte Volksweisen wie Das Lieben bringt gross' Freud Wer kennt es nicht schon von früher her Werden nicht die schönsten Jugenderinne- rungen lebendig. Gerne nimmt man die manchmal von beissender I Ironie getragene Kritik des Herrn Dirigenten entge- gen, denn ganz so einfach ist es ja auch nicht, die ver- schiedenen Mutterdialekte der Söhne, des Hessen-, Thüringer- und Schmalkaldener Landes in reine Ausprache zu bringen. Die Hauptsache unter seiner Leitung singt man gern, es klappt vorzüglich, ein scherzhaftes Wort - und wir wissen, es war anerken- nende Zufriedenheit. Alle Müdigkeit wird vergessen, wenn auf dem Marsche ein lustiges Lied aus der Kehle steigt. Die Belgier reissen Fenster und Türen auf, wenn wir mit dem machtvollen Lied Wirgrüssen dich, du Land der Kraft und Treue durch die Strassen Gents mar- schieren. Sie wissen es, das Lied hat seine Berechti- gung. Hat die Kompanie Alarmbereitschaft so la den neu gezimmerte Tische und Banke auf grüner, mit Gestrauch umrahmter Rasenflache im Hofe der alten Universitat zu einem Lied ein. Ohne Befehl und Pro- gramm wird gesungen, gern gibt man ein Lied zu, wenn irgend ein gütiger Spender von obenein Glas edlen Gerstensaftes in die trocknen Kehlen gies- sen lasst. Richten wir nun unseren Bliek hinüber zum Fen ster der Unteroffizierstube. Eine kleine Hauskapelle hat man dort gegründet. Violine, Trompete, Posaune, Tuba müssen das Beste hergeben. Man merkt: Uebung soil erst den Meister machen. Die Hauptperson in diesem Kreise bildet anscheinend der Herr mit dei- Tuba, machtig wird in die dicken Backen geblasen, urn den richtigen Akkord in die lustigen Weisen zu brin gen. Am Schluss findet eine kleine Kritik statt und man einigt sich auf einen Choral. Draussen blattert der Wind leise in dem frischen Grün der Zierstraucher eine harmonische Beglei- tung. Durch das geöfïnete Fenster klingt es wie ein Dankgebet über den Lichthof der alten Universitat hinauf zum dunkelblauen Nachthimmel Lobe den Herren,den machtigen König der Ehren. Sinnend denke ich über den Text nach, wo es in einem der Verse am Schluss heisst In wieviel Not hat nicht der gnadige Gott fiber Dir Flügel gebrei- tet. Hoffen wir, dass in nicht alizuferner Zeit ein sanfter Friedensmarsch wieder uns in die Heimat bringt. Wenn unsere Gedanken spater einmal zurfick in das Belgierland wandern, werden wir uns auch gern unsers Sangerchors und unserer Hauskapelle erinnern, die uns manche frohe und genussreiche Stunde schenk- ten. E. L. Eine böse Rechnung. Der Schaden der durch die Aus- schreitungen des Bruesseler Poebels in den ersten August- tagen in den Hauptstrassen der Stadtmitte (besondors sind wohl deutsche Geschaefte betroffen worden) angerichtet wurde, betraegt 342 778,40 Franken. Der Magistrat der Stadt, die fuer den Schaden aufkommen muss, hat diese Sumrne in den Haushaltungsplan fuer 1910 eingestellt. Die Lage der geflüchteten Belgier in England seheint immer misslicher zu werden. Sogar in dem Echo Beige finden sich Saetze wie Nirgends fuehlen sich die Belgier zu Hause. Unsere englischen Freunde muessten unsere peinliehe Lage besser zu verstellen wissen. - - Wir Get'r. Helmbold, 4. Komp. 4. Ldst. I. E. Batl. (XI 15 3. Komp. Ldst. Batl. Hersteld. ■■■■■■«■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■a

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Landsturm | 1916 | | pagina 5