I
Nr. 34
1. Juli 1916
't Zal wel gaan
Die deutschen Soldaten und
die Vlamen
AALST (Belg-ien)
An Flandern.
Et sail woll gahn! Wes man geduellig,
ball kuemmt de Tid, sei is nich wid
Dauh Du man, wat Du ehr buest schuellig,
holl ut as in de olle Tid
Et sail woll gahnNah all dat Leiden
tau sin leiw Mutting kuemmt dat Kind
Nich Barg und Water sail uns scheiden,
as man de Harten einig suend
Et sail woll gahn Ii lihrt begripen,
wat voerdem swar wir tau verstahn
An jedem Bom de Blaeut will ripen.
Din ok, Din ok Et sail woll gahn
Krgszlg. d. 4 A. Fritz Bley
(Von eineni Vlamen)
Fast unbewusst fuehlt unser vlamisches Volk doch
mit den Deutschen eine Stammesgemeinschaft. Was
ein Germane ist, das weiss ein vlamischer Bauer oder
Arbeiter nichtaber dennoch verkehrt er ganz be-
quem mit dem deutschen Krieger, und besonders dann
verstandigt er sich mit- dem Deutschen fast muehelos,
wenn dessen Vaterhaus in Cleve liegt oder in Bent-
heim, in Ostfriesland oder in einem der entfernte-
ren friesischen Gaue, die sich langs der Nordsee hin-
strecken. Mir erzahlte ein Hochdeutscher, wie die
Bauern aus der Umgegend von Oudenburg ganz
fliessend, ohne weiter nach Worten suchen zu miis-
sen, sich mit ostfriesischen Soldaten unterhielten er
selbst freilich verstand nichts. Vor kurzem noch hörte
ich von einem Augenzeugen, wie freundlich und
vertraulich die wackern Bauersleute aus Geluwe, an
der westvlamischen Front, mit den Deutschen umge-
hen, ja, wie sie diese sogar bei ihren Vornamen
rufen. An Kaisers Geburtstag liessen sich eine Anzahl
Bauern in der Umgegend von Ardoije und Pithem
mit deutschen Soldaten und mit einem Bilde des
deutschen Kaisers photographieren. Aus Cortemark
erhielt ich einen Brief von Vlamlandern, die sich in
freundlichster Weise liber die Deutschen aussprachen.
Dem König von Bayern wurde bei seiner Ankunft
in Gent selbst von der Genter Bevölkerung zuge-
jauchzt. Auch aus Roesselaere und Thielt hörte ich
solche Zeugnisse, die sich auf das freundschaftliche
und erfreuliche Verhaltnis zwischen Deutschen und
Vlamlandern bezogen.
Es ist dann auch das nicht weiter erstaunlich, was
Lamprecht in der Woche vom 12. eptember 1914
von den deutschen Soldaten sagtdie sich zutrau-
lich mit der vlamischen Bevölkerung verslandigen, sich
freuen, wirklich kindhaft freuen, dass sie geradezu
mit den meisten Lcuten im vertrauten Plattdeutsch
reden können. Letzthin noch kam es mir zu Ohren,
wie im Marz 1915 der Lehrer Friedrich Emil Willems
aus der Coblenzer Gegend sich in einem vlamischen
Dorfe bei Oudenaarde beliebt gemacht hatte. U. a.
zeigten mir Kinder aus jenem Dorfe ein Soldaten-
liederbuch das er ihnen gescheukt hatte. Er hatte
ihre Namen hineingeschrieben und dann seinem eige
nen hinzugefügt: Für Gott, Kaiser und Vaterland.
Sicher ist eine Bevölkerung, die ein solches Büchlein,
das dazu noch in den deutschen Farben prangt, an-
nimmt und spater als etwas ihm Liebes zeigt, nicht
deutschfeindlich. Nein, das steht unumstösslich fest,
was auch die französierten Stadter dagegen sagen
der vlamische Bauer und Werkmann kann sich sehr
gut mit den Deutschen vertragen. Die Jahrhunderte
alte Stammesverwandschaft, welche die deutsche Ko
lonie in Flandern, die ebenfalls französiert war, ver-
wahrloste und vergass, macht sich langsam wieder
geltend.
Ein alter Vlame, der selbst seine Heimat in einem
Gehöft unfern von Oudenaarde sucht, aber der nun
schon an die dreissig Jahre in Frankreich zugebracht
hat, wanderte unlangst von Roubaix nach Gent, urn
seine Familie zu besuchon. Unterwegs erzahlte er
mir, wie dort die Stimmung über die Deutschen jetzt
so ganz verandert ist. Voll Hass sprach man über
sie. Ja, sagte er, hier in Flandern freilich liegen
die Verhaltnisse ganz andersman merkt es mehr
und mehr, dass Vlamen, Hollander und Deutsche ein
LANDSTUR
Schrïftltgr. Getr. W. NEUHAUS, 1. Komp. Ldst. Batl. Hersfeld z. Zt. Aalst (Belgien)
Die Zeitug erscheint am 1. 11. und21, jeden Monats.
Bezugsbedingnngen Bei S a m m e 1 b e s t el 1 un ge n (mindestens;lO Stueck) dnrch
die Kompanien Preis 10 Pfg f. d. Nummer. Abrechnung monatlich. Bei Einzelbezug
15 Pfg. der Betrag fuer die gewuenschte Zahl von Nummern ist im voraus einzusenderr