Vor einem Jahr. Das Spiel mit den Farben und Abzeichen in Belgien. Was den Belgiern von unseren Soldaten berichtet wurde. Wenn man belgische Zeitungen in die Hand bekommt, die kurz nach dem Kriegsausbruch erschienen sind, so muss man sich wundern nicht nur iiber die falschen Nachrichten von dem Stand der Dinge, sondern auch über die geradezu haarstraubenden Schilderungen, die iiber unser Heer ver- breitet wurden. Hier geben wir eine wieder, die der Volksstem (Aalst) vom 9-10 August 1914 entnommen ist De Duitschers zijn bang van het gevecht man tegen man. Keizer Willem kan toch zijne soldaten den noodigen moed niet inpompen. Zij gaan naar het slagveld omdat zij moeten, 't Is dan ook niet te verwonderen dat zij hunne wapens overgeven of wegwerpen en zich laten gevangen nemen, zoodra zij hunne officieren neergeveld zien. Zij zijn ook hoogst verschrikt van sabels en bajonetten. Niet zoodra doen onze jongens een aanval met het blanke wapen of, men ziet de Duitschers uiteenstuiven als hazen. Die niet zeer genoeg kan loopen geeft zich over. In Uebersetzung Die Deutschen sind bange vor einem Kampfe Mann gegen Mann. Kaiser Wilhelm kann doch seinen Soldaten den nötigen Mut nicht einpumpen. Sie gehen in den Kampf, nur weil sie mussen. Deshalb ist es auch nicht zu verwundern, dass sie ihre Waffen übergeben oder wegwerfen, und sich gefangen nehmen lassen, wenn ihre Offiziere gefallen sind. Sie sind auch höchst furchtsam vor Sabel und Bajonetten. Sobald unsere Jungen einen Angriff mit den blanken Waffen machen, so sieht man die Deutschen ausreissen wie Hasen. Wer nicht fortlaufen kann, ergibt sich. Kann man sich elendere und jammerlichere Feiglinge vorstellen als solche Soldaten. Und das wagte man über Deutschlands Heer zu schreiben als es in heldenkühnem Ansturm schon Lüttich genommen hatte und tief im belgi- schen Lande sass Man mag getrost samtliche deutschen Zeitungsblatter aus jener Zeit aufschlagen, ein derartiges geringschatzendes, beleidigendes Urteil über irgend einen unserer Feinde wird man nicht finden. Man sieht aber, was die belgische Presse ihren Lesern zu bieten wagte und wie gross ihre Mitschuld bei der Irreführung ihres Volkes ist, die so unselige Ereignisse zur Folge hatte. Die ersten deutschen Soldaten in einem belgischen Dorfe. Styn Streuvels, wohl der bedeutendste lebende vla- mi sclïê^Schrïftstenér, hat ein Kriegstagebuch heraus- gegeben, in dem er seine Eindrücke und Erlebnisse wahrend des Krieges mit wohltuender Objektivitat schildert. Wir bringen hier seinen Bericht über die Ankunft der ersten deutschen Soldaten in seinem kleinen Dorfe. Des Morgens früh sind die Gendarmen spurlos ver- schwunden, und auf der ganzen Landstrasse ist weithin kein lebendes Wesen zu entdecken. Man ist bereits an die Arbeit gegangen wie sonst auf einmal beginnen die Kinder zu schreien, als hatten sie ein frohes Ereignis zu verkünden Sie sind da Sie sind da Und wahrhaftig, es sind die Ulanen! Der erste Anblick weckt Grauen und Bestür- zung. Das Grau ihrer Kleidung hat etwas fremdartiges es erinnert an wilde Indianer. Sie reiten zwei und zwei auf der Landstrasse und halten die Lanzenstange in der Hand. Ihr Gesicht ist gebraunt, und unter dem Helm steht der Schweiss sie sehen scheu zu den Fenstern hinauf scheinbar aus Furcht oder Misstrauen und als sie uns auf der Veranda stehen sehen, lacheln sie uns zu, grüssen und winken mit der Hand, als ob sie uns beruhigen wollten. Das wiederholt sich vor allen Hausern, und infolgedessen schlagt die Stimmungder Leute plötzlich urn die Furcht weicht der Neugierde und der vertraulichen Freundschaft. Im Dorfe waren selbst die Blendladen geschlossen, die Türen und die Aushangeschilder eingezogen, aber jetzt kommen die Wirte freiwillig heraus und reichen den Soldaten eine volle Pinte Bier. Es ist für alle eine angenehme Ueberraschung, und jeder will sich möglichst entgegenkommend beweisen die Vaterlandsliebe scheint dabei für einen Augenblick ver gessen zu werden und ebenso der Hass, den man in der Presse gegen die Deutschen entfacht hatte denn jetzt scheint es nicht, dass die freundlichen Soldaten solche Bösewichter sind. Als ich auf den Dorfplatz komme, ist so viel Volk zusammengeströmt statt geflüchtetdass der letzte der zwölf Ulanen sich dauernd umwenden und mit der Lanze vor allern die Radfahrer abwehren muss. Ueber die erste und einzige Einquartierung, die Streuvels erhielt, schreibt erfolgendes Unterwegs höre ich, dass deutsche Soldaten ange- kommen sind, und kehre zurück, urn zu sehen, was daran ist. Kaum angekommen, höre ich klopfen, und ein langer Kerl meldet sich an, in dem Glauben, beim Bürgermeister zu sein. Er spricht ziemlich gut französisch und fragt, ob ich ein Zimmer habe, wo man sitzen kann. Das Familienzimmer gefallt ihm ausgezeichnet. Er fragt, ob es Schlafzimmer gibt ich zeige ihm drei. Er fragt, was wir zu essen haben und bestellt ein Diner auf vier und ein Souper auf acht Uhr. Alles wird abgemacht in einem ausserst höflichen und manier- lichen Ton, und allemal, wenn etwas zugestanden ist, heisst es verbindlich Grossartig, das ist grossartig von Ihnen Streuvels bekam einen Hauptmann, vier Offiziere und einen Oberarzt in Quartier, die ihm alle ausserordentlich gut gefielen. Ich hatte bereits so schreibt er weiter so viel nachgedacht über die Möglichkeit, deutsche Solda ten ins Haus zu bekommen und was ich dann anfangen würde. Ich sah dem mit Widerwillen entgegen und war entschlossen, bei der geringsten Unfreundlichkeit ihnen den ganzen Kram zu iiberlassen und lieber selbst davon zu Ziehen. Und nun sie hier sind, empfinde ich nichts von dem Widerwillen. Freundschaft ist ein Gefühl, das man nicht aufzwingt, aber auch nicht verweigert, man enipfangt es durch den spontanen Eindruck, den die Menschen auf das Gemüt machen. Und hier ist der Eindruck ausserst günstig... Wir haben einander beim Abschied Glück und Wohlergehen gewünscht mit dem Versprechen, uns wiederzusehen. Wir haben einander nichts Feindliches entdeckt, und es ist kein Gefühl von Abneigung oder Verachtung entstanden. Nachdem Belgien in den Septembertagen des Jahres 1830 seine Unabhangigkeit von Holland erkampft hatte, bestieg am 21. Juli 1831 der von dem National-Kongress gewahlte Prinz Leopold von Sachsen-Coburg als erster König den Thron des neugegründeten Staates. Diesen Tag der Thron- besteigung feiert man alljahrlich als den Geburtstag Bel-

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Landsturm | 1915 | | pagina 2