Kleinere Mitteilungen
Unsere alten Kameraden aus Aalst im Feuer.
telegraphieren sind die viel höheren Zahlen, die der
Vertreter der Anklage, ein Kriegsgerichtsrat, gegen sie bean-
tragt hat. Das arme Frauchen des einen drückt noch
einmal schnell, ehe er den Saal verlasst, die Hand ihres
Mannes. Ein paar heisse Tranen fallen drauf. Er zuckt
zusammen. Da geht er nun auf mehrere Jahre ins Gefangnis,
bisher ganzlich anbescholten, für ein Verbrechen, was bisher
niemand als ein solches angesehen hat, sondern als etwas
ganz Selbstverstandliches, durchaus Notwendiges, dass man
namlich in Belgien eine Schusswaffe im Hause hat. Wie hart
ist doch der Krieg
Eine Ordonnanz raumt die Waffen, die soviel Unheil
angerichtet haben, weg, und still liegt der schone Sitzungs_-
saal des Aalster Stadtparlamentsjia. Die alten Biirgermeister
der Stadt, die so stattlich von den Wanden aus den Gold-
rahmen herausschauen, werden sich nun auch zufliistern
Wie hart ist doch der Krieg Aber sie werden sich auch
gestehen mtissen, dass die Richter wirklich nach dem Spruch,
den ihnen der eine Anwalt zuriefJustiz soli mit Mitleid
gepaart sein gehandelt haben. Ganz gelinde Strafen für
Vergehen, auf denen Todestrafe steht, und Freisprechung der
erwachsenen Mitglieder der einzelnen Familien, die nach
dem Buchstaben des Gesetzes als Mitwisser und darum
Mitschuldige herangezogen werden konnten und z. T. auch
vor dem Gerichtshof standen. s.
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Stafetten - Verbindung. Zur schnelleren
Uebermittlung der Etappen-Befehle und bequemeren Ver-
mittlung des Briefverkehrs zwischen den einzelnen Kom-
mandanturen, Kriegsgerichten, überhaupt allen militarischen
Dienststellen ist seit dem 1. August im Etappen- und Opera-
tionsgebiet der IV. Armee in West- und Ostflandern eine
Stafettenverbindung durch Kraftradfahrer hergestellt.
Sie reicht aber auch in das General Gouvernement und
nach Frankreich hinein. Die Centralstelle ist Gent, Neben-
stellen befinden sich in Antwerpen, Aalst, Brugge, Roulers
und Ronse. Auf der Strecke Thielt, Roulers, Deynze ver-
kehren wegen der starkeren Inanspruchnahme z. T. Klein-
autos (Zweisitzer). Zwischen Gent-Thielt ist taglich eine
viermalige Verbindung hin und zuriick, auf den anderen
Strecken fahren taglich drei mindestens aber zwei Stafetten.
Von Aalst aus geht eine zweimalige Fahrt nach Brfissel,
Gent, Geerardsbergen und Dendermonde.
Fahrplane hangen in alien militarischen Dienststellen
aus.
Zu unseren Bildern. Die grösste Stadt in
dem noch nicht von uns besetzten belgischen Gebiet ist
Ypern. Einst~~eine Stadt von zweihunderttausend Be-
wohnern, wo reiche Tuchherren die grossartige Kathedrale
St. Martin und die ihr gegenüberliegenden machtigen
Tuchhallen mit dem stolzen Belfried, das bedeutendste
Bauwerk dieser Art in Belgien, bauten, heute eine Landstadt
mit 17,500 Einwohnern und der Spitzenklöppelei als einzige
Industrie. Der Tod von Ypern, die Kriege, der unerbittlich
unpersönliche Zug der Entwicklung haben die Hallen, die
Strassen, die Platze, den Martinsdom langst geraumt
Dieser Winkel Europas, war wohl einer der stilisten im
ganzen Erdteil, auch Nieuwport und Furnes liegen hier, sie
hatten zur Gegenwart von sich aus kaum noch eine Be-
ziehung, Gehause, in denen nicht der leiseste Herzschlag
pochte," nennt ein Schriftsteller sie,„Sarkophage ohne Inhalt,
selbst ohne Staub Vordem war auch Furnes wichtig, es
lag am Meer, heute geht man zwei Stunden nach Coxydé
oder La Panne zum Strand.
Und gerade hier, wo es wie schwermütige Ruhe und
wie ein Traumen von dem Vergangenen über der Landschaft
lag, tobt jetzt der grosse Weltkrieg am wildesten. Was wird
er übrig lassen von ihren schonen Baudenkmalern,von denen
unsere Bilder nur einen kleinen Teil zeigen können
(Aus einem Brief eines ehemaligen Landsturmmannes
der 1. Kompagnie Landsturm Batl. Metz IV,)
Argonnen, den 6. August 1915.
Wir kamen, 200 Mann stark, am Donnerstag hier tief im
Wald, zwei Stunden hinter der vordersten Stellung an und
wurden auf 12 Kompagnien verfeilt. Es kommen noch taglich
Leute hinzu, da die Kompagnien mitunter nur 50-70 Mann
hatten und wieder auf 250 gebracht werden.Von hier ging es
gleich durch einen 2 m tiefen Graben zur Kompagnie-Unter-
kunft, wo wir unsere erste Höhle bezogen. Die Geschosse
sausten durch die Luft, wir mussten uns platt auf den Boden
legen oder in der Höhle bleiben.... Freitag früh wurden wir in
drei Züge eingeteilt, ich bin mit 1. im zweiten. Der erste Zug
kam gieich für 24 Stunden in die vorderste Stellung auf
Wache, die beiden anderen Züge machen unterdessen Ar-
beitsdienst. Ein Zug muss bei der Kompagnie im Tal das
Essen holen, der andere macht Schanzarbeiten. Aber beides
ist nicht ungefahrlich. Der lange Laufgraben wird stets um
die Zeit, wenn Essen geholt wird, heftig beschossen, so gibt
es auch bei dieser Arbeit wie beim Schanzen stets Verluste.
Hier sehen die Soldaten schlimmer aus als die Zigeuner, die
Kleider kommen nicht melir vom Leib, gewaschen wird sich
gar nicht,da grosser Wassermangel herrscht. Von dem ganzen
Betrieb kann man sich gar keine Vorstellung machen, wenn
man so etwas nicht gesehen hat. Auf Wache vorn sein, ist
eigentlich die angenehmste Arbeit, soweit man hier von
angenehm reden darf. Man liegt etwa 30-50 m den schwar-
zen und weissen Gegnern gegenüber, man sieht durch
seine gut gebaute Schiessscharte, beobachtet und schiesst
MARKTPLATZ IN FURNES.
dann und wann. Nachts gibt es oft einen Feuerüberfall d. h.
von irgend einer Seite bei uns oder drüben, gewöhnlich
von Aengstlichen, wird lebhaft geschossen, der Nachbar
wird auch angstlich, schiesst ebenfalls, auf einmal ist
auf der ganzen Linie ein Höllenlarm, die Maschinengewehre
knattern. Die Franzosen fürchten einen Angriff, schiessen
Leuchtkugeln ab, sodass man das Gelande überblicken kann,
siegeben ihrer Artillerie Zeichen, die schiesst lebhaft, unsere
Artillerie setzt auch ein, die Handgranaten fliegen unter
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