Auf Urlaub. fürchterlichem Krach auf dann auf einmal ist alles wieder still. Sonntag früh bis Montag früh war unser Zug aufWache. Montag Mittag 12 Uhr hiess es,der 2. Zug muss stürmen. Die Kompagnien liegen nebeneinander in den Graben, mitunter stürmt nur ein Bataillon, aber auch ein Regiment oder die ganze Division. Nun hiess es zunachst Sturmkolonne vor Dieses sind gewandte Leute, die nur mit Handgranaten arbeiten. In Schnürschuhen, Mütze und nur Koppel urn ohne Patronentaschen gehen die vor. Von unserer Stellung geht von jeder Kompagnie ein Gang oder ein Stollen nach dem gegnerischen Graben, der abgedammt ist. Die Abdammung wurde etwas geöffnet, die Sturmkolonne ging durch und warf die Granaten. Eine zweite Gruppe folgte von 8 Mann, dazu gehorte ich. Wir hatten Gewehre mit, sonst Anzug wie die Sturmkolonne, ausserdem noch Sandsacke. Dann folgte 1. mit seiner Gruppe, die waren noch mit Schanzzeug, Spaten und Hacke ausgeriistet.Nun wird „aufgerollt" so heisst diese Kampfart, es ist mehr Einzelkampf und geht mitunter sehr rasch. Diesmal aber hatten unsere Granatenwerfer einen schweren Stand, sie kamen schlecht voran. Eine Mine schlug in unsere Gruppe ein, mein Gruppenführer flog in Stücken in die Luft. Es gab eine Stockung, dann ging es doch wieder vorwarts. Nun heisst es, jeden gewonnenen Meter Graben mit Gewehren zu besetzen. Wir aber waren durch den Ver lust unseres Führers und da wir zum erstenmale stürmten, ziemlich in Unordnung geraten. Diesen Teil, die Unterstüt- zung der Granatenwerfer und die sofortige Besetzung des gewonnenen Grabens, rettete nur unser Freund I. (der Führer der dritten Gruppe.)Er rannte immer wieder hin und herüber Deckung, urn unsere Leute zu führen, gab Anweisung u. s. w., verfolgte die laufenden schwarzen und weissen Franzosen, und so war die Sache gerettet. Wir hatten einen Graben ge- nommen, den wir nun gleich einrichten mussten, urn ihn verteidigen zu können. Wir hatten noch mehr Gelande ge winnen können, wenn Anweisung da gewesen ware.... Dann ging ich in den Gang der neben uns liegenden Kompagnie, da kam mir schon Kamerad Jgst. entgegen mit durchschos- senem Arm. Im Graben trat ich auf Toten herum, es ist geradezu schauerlich hier. Gefr. Z. wurde vorgestern von einem Splitter tödlich verwundetgenau ist mir noch nicht bekannt, ob er ge- storben ist. Unheimlich viel Opfer kosten die Argonnen. Dabei keine Rast und Ruhe. Hande, die eben Tote und Verwundete getragen haben, reichen einem dann wieder Essen, Zigarren u. s. w. Die Fliegen sitzen auf den Wunden der Toten, die mitunter lange vor Deckung liegen, sitzen dann wieder auf unserem Essen. O, wie seid ihr glücklich, ihr in Alost Zu kaufen gibt es fast nichts. I. und ich sind stets zusammen und finden uns mit alledem ziemlich gut ab und sind immer noch bei Stimmung, aber wenn wir in dem Tempo weiter durch die Argonnen arbeiten, gibt es einen 30jahrigen Krieg. Grüsse mir alle Kameraden.... Dein A. E. Es war auf der Rheinfahre zwischen Melhem und Königswinter. Da stand einer mitten auf Deck, mit dem schweren Tornister bepackt, die Uniform und die Stiefel mit einge- trocknetem Lehm bedeckt. Bedrohlich wucherte ihm der rotbraune Bart urn Kinn und Backen.Mit hellen blauen Augen, die wie die kleinen Augen eines selig Betrunkenen waren, schaute er über den Rhein, den die Sonne mit goldenen Schuppen bedeckt hatte, blickte zum Drachenfels hinauf und die grünen Ufer entlang, als sahe er all dieses zum ersten Mal. Ein katholischer Pfarrer, der mit auf der Fahre war, ging plötzlich auf den Soldaten los. Mensch Jupp 1 bist du das wirklich Der Soldat lachte. Die weissen Zahne blitzten im rotbraun flackernden Bart. Der Pfarrer griff nach den Schultern des Heimge- kehrten, schüttelte ihn, lachte und fragte, und wahrend der Soldat erzahlte, dass er noch vor vierundzwanzig Stunden vorm Feind gelegen hatte, in der Champagne, nicht weit von Reims, glattete ihm der Pfarrer mit einer Zartlichkeit sondergleichen den feldgrauen Rockkragen, der sich ein wenig verschoben hatte... ein rührend hilfloser Ausdruck der Liebe des Deutschen zum Deutschen. Da die Hande nicht wagten, die braunverbrannten Backen des Mannes zu streicheln, streichelten sie den grauen Rock, der in seinen Poren noch den Geruch des Pulverdainpfes trug. Jupp Mensch Und der Bart Ich hatte dich bald nicht erkannt EIN ALTES HAUS IN YPERN. Ach, lachte der Jupp. „Das ist noch gar nichts Da sinner noch ganz andere Barte im Feld Und er machte mit der Hand eine Bewegung, die ging bis zu den Knien. Und du bist noch ganz unverwundet, Jupp Der Jupp grinste. Et hatte noch immer got gegange Jetzt hanner ich acht Tag Urlaub Acht Tage Urlaub Acht Tage ohne Kanonendonner 1 Acht Tage ohne Kugelsirren Die Fahre hielt. Der Soldat stieg aus und ging die Rampe hinauf, breitbeinig und schwerfallig wie einSeemann, der nach langer Fahrt zum erstenmal wieder sicheren Boden betritt. Ein Drochkenkutscher sass hoch auf dem Bock seines

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Landsturm | 1915 | | pagina 6