Nr. 5
II. Septemb. 1915
tieimaturlaub.
Vom Landsturm Im
General Gouvernement.
Mecklenburgischer Landsturm
vor hundert Jahren.
Schriftleitung Gefr. W. Neuhaus, 1. Kompagnie Landsturm Bataillon
Hersteld z. Zt. Aalst (Belgien).
Die Zeitung erscheint am 1. 11. und 21. jeden Monats.
Bezugsbedingungen auf der letzten Seite.
AALST (Belgien).
Nun hab ich wieder dich gesehen,
mein Heinratland, und sorgenschwer
griisst ich die waldbekranzten Höhen,
der Aehrenfelder wogend Meer.
Im Sommerschmuck stehn Baum und Reben
wie einstens in der Friedenszeit
und draussen gehts auf Tod und Leben
durch griimne Not und blut'gen Streit.
Doch kommen Feinde auch aufs neue
so zahllos wie der Sand am Meer
halt aus in alter, deutscher Treue,
und wenn die Welt voll Teufel war
Sei ohne Furcht und ohne Zagen,
dich halt ja eine starke Hand
auch jetzt in deinen schwersten Tagen
Gott ist mit dir, mein Vaterland
U'offz. Breitling
Ldst. Batl. Calw.
Es spricht für die verdienstvolie Tatigkeit des Land-
sturms in Belgien, dass fast in jeder Nummer des Militar-
Verordnungsblattes für das General-Gouvernement der
General-Gouverneur Belobigungen über das Verhalten ein-
zelner Leute oder Abteilungen vom Landsturm bei den
verschiedensten Gelegenheiten aussprechen kann. Da ist
durch einen schweren Fuhrwagen, der auf dem Geleise
festsass, ein heranbrausender Zug gefahrdet worden. Mit
Umsicht wurde der Zug rechtzeitig gewarnt und das Hin
dernis beseitigt, an anderer Stelle wurden Schienenbriiche
entdeckt und bei Namur bei einern zerrissenen beladenen
Güterzug schweres Unheil verhindert. Ein Zusammenstoss
zweier Züge, von denen der eine auf einem falschen Geleise
fuhr, konnte durch die Aufmerksamkeit der Landsturnnvache
vermieden werden, ein Transport, bei welchem ein mit
Langholz beladener Güterwagen in Brand geraten war,
wurde durch das Eingreifen des Bahnschutzes vor Schlim-
meren bewahrt und das Feuer gelöscht. Bei der Station
Farcienne konnte durch die Aufmerksamkeit eines Land-
sturm-Postens das Auffahren eines Truppen-Transport-
Zuges auf einen Leerzug vermieden werden. Ein Böschungs-
brand bei Villers-la-Tour, der einen Wald und ein Feuer auf
der Staateisenbahnwerkstatte Luttre bei Charleroi, das einen
Gaskessel stark gefahrdete, wurden durch Landstiirmer
rechtzeitig entdeckt und gelöscht. Wie gut der Bahn-
schutz durchgefiihrt wird, zeigt auch die Tatsache, dass
innerhalb des letzten Vierteljahres nur zwei Falie angefiihrt
sind, wo eine Gefahrdung der Bahnlinie durch feindliche
Hand versucht wurde. Einmal waren schwere Steine auf
das Geleis gelegt worden, die aber, ehe sie Schaden anrich-
ten konnten, entfernt wurden, und ein andermal konnten vier
Belgier festgenommen werden, die wahrscheirilich einen
Anschlag auf den Bahndamm zwischen Vilvorde und
Mechein (vielleicht auch nur einen Telegraphendraht-Dieb-
stahl) auszuftihren beabsichtigten.
Aber nicht nur im Bahnschutzdienst auch ander-
weitig konnten Landstürmer, oft unter schwerer Le-
bensgefahr, hilfreich eingreifen. So wurden Waldbrande
bei Radelange, Martelange u. a. a. O gelöscht, ein durch
Selbstentztindung entstandener Heidebrand, der das Dorf
Tontelingen sehr gefahrdete, wurde erstickt. Eine Feuers-
brunst in Bastogne und in St Léger wurde auf ihren Herd
beschrankt, trotzdem in letzterem Orte die Wasserbe-
schaffung recht schwierig, die Feuerlöschvorrichtungen
mangelhaft und die Bewohner untatig waren. In einem an
der Bahnlinie Yvoir-Ciney liegenden Hause wurden bei
einem Brande die im Schlafe liegenden Bewohner vor den
Gefahren des Erstickens oder Verbrennens durch Land-
sturmleute bewahrt. Auch bei einem Brand der Kirche in
Ghoy bei Lessen (Lessines) und in einer Holzsagerei bei
Cerfontaine griffen Kameraden tatkraftig und mit bestem
Erfolg ein.
Andere Kameraden haben sich bei einem Zusammen
stoss mit Wilderern ausgezeichnet, auch von fünf Belgiern,
die bei Lommel die Grenze nach Holland überschreiten
wollten, vier festgenommen. Der f infte wurde bei der
Verfolgung erschossen.
Da das Militar-Verordnungsblatt erst vom Mai ds.
ab erscheint, auch nur aus dem Gebiet des General-Gou-
vernements berichtet, so ist im Vorstehenden selbstver-
standlich nur ein kleiner Bruchteil der Geschehnisse aufge-
zahlt, bei denen sich Angehörige des Landsturms hier im
Westen in anerkennungswerter Weise betatigen konnten.
Als im Jahre 1813 der Befreiungskrieg gegen Napoleon I.
ausbrach, fasste man wie in vielen anderen deutschen
Landen so auch in Mecklenburg im Sturm der kriegerischen
Begeisterung den Gedanken an eine allgemeine Volksbewaff-
NDSTURM
V