Beginenhöfe. sclien sind dumme Leute da erheben sie die Kontributionen in Raten die erste werden sie bekommen, aber die folgen- den niemals, da sind sie langst fort Nicht nur alle Jahreszeiten sondern auch alle Nationen wurden Trager der belgischen Hoffnungen. Als die Franzosen und Englander, auch für die Belgier sichtbar, versagten, fasste der Hoffnungsanker in Russlands unendlichen Gefilden festen Grund, als auch dieser durch die deutschen Siege in Galicien gelockert wurde, kam Italien an die Reihe. Als dieses den Krieg erklarte, war Deutschlands Verderben besiegelt. Ich habe einen Postbeamten gekannt, der gewohnt war, seiner Wirtin in Briissel das Logis nionatlich voraus zu zahlen. Aber am l.Juni wollte die ehrliche Seeledas Geld nicht annehmen, er bliebe doch keinen Monat mehr bei ihr. Ja, aber warum denn nicht Aber Sie wissen doch Italien Und nur nach langem Zureden war sie dazu zu bewegen, wenig- stens das Geld für einen halben Monat anzunehmen. Eines guten Tages blieben die hollandischen Zeitungen aus irgend einem Grunde aus. Das genügte für die auf Hoffnung ge- stimmten Gemiiter Hurra, Holland macht mobil Denn Holland ist auch so eine Knospe, die immer nahe vor dem BHihen ist. Und was hat man alles noch in Reserve Griechenland, Bulgarien, Rumauien, Amerika und schliess- lich ist man infolge des guten Zuspruchs der engl-franzö- sischen Zeitungsnachrichten bei England und Frankreich wieder angelangt. Sie hatten halt nicht genügend Munition gehabt, waren durch den Krieg iiberrascht worden, auf den sich die Deutschen in aller Ruhe vorbereitet hatten und der Kreislauf der Hoffnungen kann fröhlich von Neuem beginnen Kinder sind die Belgier in vielen Sachen, aber in politi- schen Dingen sind sie kleine Kinder Inmitten des gewerbfafigetv&rauseudeff Lebens,das Bel- gien in Friedenszeiten erfüllt, inmitten der verkehrsreichen Kanale und Landstrassen, des dichtesten Netzes von Eisen- bahnlinien liegen wie weltenferne, stille Insein die Höfe der Beginen. Malerische, kleine, in sich abgeschlossene Stadt- chen, an denen die letzten Jahrhunderte scheinbar spurlos vorübergegangen sind. Es ist immer dasselbe Bild In der Mitte eines grossen Vierecks liegt eine breite Rasenflache oft wie in Brügge von machtigen Baumen bestanden und rings herum, dicht eins an dem andern, die kleinen schiichtweiss- getünchten Hauser der Beginen mit roten Ziegeldachern, grünen Fensterladen und immer ein kleines, wohlgepflegtes Gartchen dabei. Respektsvoll lassen sie auf einer Seite den Platz frei für ihre Kirche. Sie ist der Mittelpunkt ihres stillen Lebens, sie ist das in gleichmassiger Ruhe schlagende Herz dieser gottzugewandten, kleinen Gemeinde, die auf alles irdische Wünschen verzichten gelernt hat. Eine hohe Mauer umgibt alles und halt die Welt da draussen fern. Die Beginen sind junge und alte Madchen, die sozusa- gen mit einem Fuss in und dem anderen ausserhalb der Welt stehen. Bei ihrem Eintritt kommen sie zunachst auf einige Jahre in das Noviziat, wo sie unter der Obhut einer Begine zusammen leben. 1st diese Probezeit, die in der Regel 2 Jahre dauert, vorbei, so können sie sich unter den Hausern des Hofes eins zu ihrer Wohnung auswahlen. Meistens wohnen zwei zusammen, die hier gemeinsam ihren Hausha'lt führen. Ganz unbemittelt darf eine Begine nicht sein, denn sie muss die Miete für ihre Zimmer und die Kosten ihres Lebensunterhaltes selbst aufbringen. In der Zeit, die nicht durch fromme Uebungen ausgefüllt wird, mag sie sich nach Belieben beschaftigen und ein wenig Zuschuss zu ihren Geldmitteln verdienen. Einige waschen, andere nahen und flicken, wieder andere beschaftigen sich mit feineren Hand- arbeiten. Früher waren die Beginenhöfe die Statten, wo die feinsten Brüsseler Spitzen entstanden, eine Kunst, die sich von ihnen aus über ganz Flandern und Brabant verbreitet hat. Aber auch heute noch kann man hier die Weiblein flinter ihren Fenstern oder vor ihren Türen über das Klöp- pelkissen gebückt sitzen sehen, wie sie die Klöppel durch- einander werfen und die feinen Nadeln ein winziges Stück- chen nach dem andern vorrücken lassen eine mühselige, entsagungsvolle, dabei schlecht bezahlte Spinnenwebekunst. Die Vorschrift gebietet den Beginen das Tragen von weissen Strümpfen und schwarzen oder tiefdunkelblauen, Kleidern, auf dem Kopf haben sie grössere oder kleinere steife, weise Hauben. Genau ist ihr Tageslauf geregelt. Um 5 Uhr stehen sie auf, um 7 Uhr geht es auf eine Stunde zur Kirche. Dann mogen sie ihre Arbeit verrichten oder in der Stadt Besorgungen machen, von 10-11 Uhr aber müssen sie wieder im Hofe sein, um diese Stunde im Gebet und erbau- lichen Betrachtungen, auch bei stiller Arbeit, zu verbringen. Sprechen dürfen sie dann nicht, das Gleiche haben sie Nachmittags von 3-4 Uhr zu beachten, um 7 Uhr ist wieder Kirchgang. Abends 9 Uhr wird die Eingangspforte geschlos- sen und um 10 Uhr liegt alles in tiefster Ruhe. Ein mann- liches Wesen darf sich nach Toresschluss nicht mehr im i Beginenhöfe aufhalten. Die Fastentage werden streng gehalten. Am bekanntesten sind die Höfe von Brügge,Mecheln,Gent, und Aalst geworden. Ein Besuch in letzterem sei hier geschil- dert. Wenn man von der Brüsseler Strasse aus in die Pforte hineintritt, liegt vor uns eine kleine, schmale Gasse, die auf 1 beiden Seiten mit kleinen Hauschen besetzt ist. Wir gehen sie hinunter und kommen dann erst auf den grossen von Hausern umstandenen Rasenplatz, der sich hinter den Bür- gerhausern der Brüsseler Strasse, deshalb war auch eine Zugangsgasse notwendig, erstreckt. Niemand kann sich dem stillen Frieden dieses Bezirkes entziehen. Alle die sauberen Hauschen tragen den Namen eiries Heiligen, ein paar bunte Blumen schmücken die Fenster. In einem ist eine Begine mit Waschen beschaftigt, allerlei priesterliche und kirchliche Waschestücke von der benachbarten Stadtkirche, womit sie sich ein paar Groschen verdient. Wir treten in ein anderes Haus, müssen das wohlbestellte Gemüsegartchen und den kleinen Hühnerhof bewundern. Die kahlen Zimmer sind peinlichsauber und mit etwasgediegenem altemHausrat gefüllt. So ist es überall, so ist es auch in dem Kirchlein. Manche Hauser sind leer, viele von Nicht-Beginen bewohnt, denn die Beginen sterben langsam aus. 50 Hauser zahlt der Hof, aber nur noch 10 Beginen. Man zieht es eben vor, in ein Kloster zu gehen, wo man zwar nicht dieselben Frei- heiten geniesst, aber doch ganz kostenlos unterkommt. Ein freundlicher Pastor, dem die Seelsorge in dieser kleinen Gemeinde anvertraut ist, führt uns zu einer kleinen Kapelle, die der Kirche gegenüber auf dem grossen Grasplan gebaut worden ist. Hier war früher der Beginen-Friedhof und dort, wo die Kapelle steht, das Grab eines Beginchens mit Namen Dedemaeken, die 1631 gestorben ist. Sie hat ein heiliges Leben geführt, und an ihrem Grabe sind viele Wun- der geschehen. Die vielen wachsernen Glieder u. s. w. im Kirchlein bezeugen, dass die Wunderkraft dieses Ortes nicht erloschen ist. Es ist dem hl. Antonius geweiht und am Dienstag mag man kommen, um für etwas, was man verlo ren hat, zu bitten. Jetzt kommen viele sagt unser wür- diger Begleiter, und bitten um den Frieden Wir sehen ihn fragend an. Ja sagt er, um den Frieden, der verloren gegangen ist in der Welt Von ihm hören wir dann auch, dass dieser Beginenhof im 13. Jahrhundert

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Landsturm | 1915 | | pagina 4