Ein Jahr bei der 1. Compagnie Metz IV. Auch für den Metzer Landsturm brachte der August 1915 die Wiederkehr seines Geburtstags nur liegt diese früher wie bei vielen anderen Landsturmbataillonen im Etappengebiet der IV. Armee. Schon am Spatabend des 1. August 1914 erging der Aufruf, der mit6 stündiger Frist die mit der Waffe ausge- bildeten Landsturmpflichtigen des Bezirkskommandos Metz zu den Waffen rief, und bereits in der Nacht eilten die Landstürmer aus Stadt und Land zu den Sammelplatzen der drei zunachst aufzustellenden Bataillone. Das zweite der- selben, dem die in Aalst liegende 1. Kompagnie, ebenso wie die 2. in Denderleeuw, entsprangen, sammelte sich in der Prinz-Friedrich-Karl Kaserne, der alten Kaserne der tapferen 4. Bayern. Am 2. August wurde untersucht und eingeteilt, am 3. die Kompagnien formiert und eingekleidet, am 4. morgens Waffen und Munition empfangen und am Nachmit- tag des gleichen Tages schon der Marsch nach dem etwa 10 km von Metz entfernten Maizières angetreten. Aeusserlich bot sich kein allzuschönes Bild mitgrauen und blauen Litewken, mit alten Infanteriehosen und noch viel alteren Manteln, ohne Helm mit Feldmütze, ohne Tornister oder Rucksack, ohne Kochgeschirr und Trink- becher, das Gepack in Pappschachtel oder Zeitungspapier am Bindfaden neben dem Seitengewehr baumelnd, mar- schierte das Bataillon einem Burenkommando ahnlich daher. Schlimmerfreilich war der Mangel an richtigem Schuhzeug. Da zunachst keinerlei Schuhwerk ausgegeben wurde, so trug jeder, was er in der Nacht vom 1. zum 2. in der Eile angezogen hatte. Und man sah die mannigfachsten Schuh- typen von der eleganten Stiefelette bis zum grün gestickten Pantoffel. Trotzdem verlief der Marsch, zu dem die Abwehr- kanonen der Festung Metz Salut feuerten, aufs beste und als die 1. Kompagnie in der Volksschule zu Maizières Quar- tier bezog, hatte nur ein ganz Dicker (den inzwischen sein Astma in das bürgerliche Leben zurückgeführt hat) schlapp gemacht und auf dem einzigen als Kompagniewagen die nenden Lastwagen Platz genommen, wo er sich in dergleich dicken Gesellschaft des Fuhrwerkbesitzers und Landsturm- manns G. und seines braven Nero, des Seniors des Kom- pagniestalles, bald erholte. Allzulange .Ruhe ware auch nicht möglich gewesen schon urn 4 Uhr am andern Morgen gings auf die einige km entfernten, nahe der Grenze gelegenen Höhen, wo ge- meinsam mit dem Landsturm Bataillon I, mit Pionieren und Armierungsarbeitern wichtige Befestigungsarbeiten auszu- führen waren. Es waren keine leichten Tage für uns die heissen Augusttage 1914. An die vier Wochen lang urn vier Uhr heraus, mit der Grubenbahn an die Höhen und dann den Berg hinan da wurde von den einen der Wald abge- hauen, die andern zogen, im Anfang mit blutenden Fingern, kilometerlange Drahthindernisse, die dritten gruben und sprengten die Schiitzengraben, die vierten endlich cemen- tierten bombensichere Unterstande bis die Sonne sich senkte und der Rückmarsch alle wieder aufs Strohlager ohne Decke brachte. Auch mit dem Essen gabs im Anfang allerlei Schwierigkeiten und mancher, der heute bei den Fleischtöpfen Belgiens über Gebühr anspruchsvoll geworden ist, dem schmeckte die magere Kost von damals köstlich, die er gemeinsam mit einem oder zwei Kameraden aus ein und derselben Konservenbüchse und mit ein und demselben Löffel ass. Aber es wurde bald besserTeller und Töpfe wurden im nahgeiegenen Fèves requiriert, ein tüchtiger Feldofen gemauert und für Mannschaften und Offiziere Banke und Tische am Berghang gezimmert. Und von dort schweifte dann der Bliek hinab in das pays messin, Metzer Land, das in seiner ganzen überwaltigenden Pracht da ausgebreitet lag und mit seinem Zauber die Herzen gefangen nahm. Bis dann der Ingenieuroffizier erschien und an die rauhe Wirklichkeit, den nahen Feind, die notwendige Be- schleunigung der Arbeiten und den vom Gouvernement festgesetzten 14 stündigen Arbeitstag erinnerte. Manchmal gab es auch noch energischere Mahnungen So an einem der ersten Augusttage, als mit einem Male nicht nur wie schon so hanfig die Abwehrkanonen des Forts, bei dem wir arbeiteten, sondern auch seine schweren Geschütze und die Gewehre seiner bayerischen Besatzung plötzlich in lebhafte Tatigkeit traten und Landsturm und Pioniere in die halbfertigen Schützengraben eilten es war leider falscher Alarmoder spater als die Kompagnien eben ins Quartier zurückgekommen zum Alarmplatz eilten, da der Anmarsch der Franzosen gemeldet war, und nach einer kernigen Ansprache des Bataillonskommandeurs die vorher eingerichteten Verteidigungsstellungen bezog und die 1. Kompagnie die ganze lange Nacht auf Wache lag. Aber die Franzosen kamen wieder nicht und ebensowenig kamen sie, als wiederum am Spatnachmittag aus dem Ornethal von Patrouillen und Telegrafen der Einbruch einer französischen Kavallerie-Division gemeldet wurde und die 1. Kompagnie im Eilmarsch ihr nach Hagendingen entgegengeworfen wurde. Diesmal schien es wirklich Ernst zu werden, und ein froher, erwartungsvoller Kampfmut ging durch die ganze Kompagnie, die sich ausser aus Lothringer Landsturm, aus Frankfurter und Siegerlander Landwehr, die kurz zuvor in die Kompagnie eingetreten waren, zusammensetzte. In der Kesselschmiede lag Lt. Weissgerber mit seinem Zug, am Uebergang verschanzte sich Lt. Kaiser, der Rest deckte in der Mitte den Bahnhof. Aber die Rothosen trauten sich nicht heran, und so mussten wir uns, ohne Heldentaten begangen zu haben, von den dankbaren Frauen und Madchen Hagen- dingens als Helden und Retter feiern und füttern lassen. War es so mit den eigenen Waffentaten nicht weit her, so freuten wir uns umsomehr der der anderen schon am 7. abends kam die Nachricht von der Einnahme von Lüttich und wurde am 8. am frühen Morgen auf der Bergeshöhe mit frohem Hurra begrüsst. Noch grosseren Jubel löste die Nachricht vom Sieg des bayrischen Kronprinzen aus, die Nachts eintraf und sofort an die Schlafer weitergegeben wurde. Man schüttelte sich die Hande, man umarmte sich, der Kompagnieführer den Leutnant und der Leutnant, der das bessere Teil erwahlt hatte, das hübsche Telefonfraulein, das die Nachricht aufgenommen hatte, und alles atmete auf, dass die Gefahr von der Iothringischen Heimaterde gebannt war. Raumlich naher lagen noch die Kampfe der Armee des deutschen Kronprinzen, die, soweit deren linker Flügel in Betracht kam, sich wenig mehr als ein Dutzend km seitwarts vor uns abspielten. Sahen hier die Mannschaften in der Hauptsache nur den Anmarsch der gewaltigen Truppen- massen, die einmal ein ganzes Korps im Eilmarsch mit lodernder Begeisterung und jubelnden Marschliedern vorbeizogen, horten sie den gewaltigen Kanonendor.ner, sahen sie gelegentlich Gefangenen- und Verwundetentrans- porte, so durften die Offiziere zum Teil den Kampf und seine furchtbaren Spuren auf den Schlachtfeldern selbst (wie bei Audun le Roman, bei Etain und sonst) schauen. Eben waren so am 30. August der Bataillonsführer mit dem Führer der 1. Kompagnie von Schlachtfelde bei Etain zurückgekehrt, als sie den Befehl zum sofortigen Rück marsch nach Metz vorfanden. Rasch gepackt und Abschied genommen von den Kameraden des 1. Bataillons und nun gings, diesmal zum grossen Teil wenigstens mit richtigen

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Landsturm | 1915 | | pagina 2