wohlwollende Besatzung erinnere, mit der die Gemeinde besser wie mit den eigenen französischen Truppen gefahren sei. Das war vielleicht kein grosses Lob, aber wir freuten uns seiner doch. Und es war nicht ganz unverdientWie viel arme hungernde Weiber und Kinder haben die deut- schen Barbaren in jenen Tagen mit durchgefüttertSpa- ter erfuhren wir übrigens, dass in der Tat der Bürgermeister, als unsre Nachfolger die Namen andern wollten, sich fiir die Erhaltung derselben mit Erfolg eingesetzt hatte. Vom eigentlichen Kriege sahen wir jetzt etwas weniger als in und urn Noveant insbesondere die Durchmarsche waren seltener. Und doch war der Kampfplatz uns nahe genug wenige km vor uns war die deutsche Linie, lagen die ganz oder teilweise zerstörten Statten der voraufgegan- genen Kampfe wie Etain, Rouvres und andere bei hellem Wetter sah man mit blossem Auge die fortsgekrönten Höhen urn Verdun. Oft drang das Dröhnen der Kanonen und das Knattern der Gewehre zu uns beriiber und in der Nacht blitzten rings vor uns die Kanonenschüsse auf. Nicht nur die zerstörten Ortschaften zeigten uns die Wut der vergan- genen Kampfe allenthalben stiess man auf verlassene Lager und Schi'itzengraben. In den Waldern aber fanden unsre Mannschaften zahlreiche Waffen, Uniformen und Ausrüs- tungsgegenstande und stiessen gelegentlich auf tote Freunde und Feinde, die Dickicht und Blatterfall den Blieken ent- zogen hatten. Schon.richteten wir uns auf Ueberwintern ein, als am 29. XL neuer Marschbefehl eintrafdanach hatte die Kom- pagnie mit einer Kompagnie des Bataillons Diedenhofen, dem sie seit Abmarsch von Noveant zugeteilt war, zu tauschen und ab 1. XII. deren Sicherungsbezirk Conflans bis Waville mit dem Standort in Puxieux und den Unter- abschnittsitzen in Mars-la-Tour und Chambley zu über- nehmen. Damit kamen wir wiederum mitten in das Auf- marsch- und Kolonnengebiet hinein iiberfiillte Ortschaften, grundlose Wege, Konservenverpflegung und andere Uner- freulichkeiten kennzeichneten die Lage. Wieder gingen wir an's Einrichten und Bauen. In Puxieux (im Soldatenmunde Flohheim) einem der dreckigsten kleinen Dörfer, die der Herr in seinem Zorn erschaffen hat, lagen wir mit drei bayrischen Kolonnen, wozu am Vorabend unseres Abmar- sches noch zwei Bataillone Infanterie kamen. Wiedererstand hier Kantine, Verkaufshalle und Backerei die vernachlassig- ten sanitaren Einrichtungen verursachten, da der Kompagnie die Ortskommandantur zufiel, mancherlei Arbeit. In Cham bley, wo es von Lazaretten, Magazinen, Werkstatten usw. wimmelte, wurde an einem Wachthause gebaut und die Küche der durchkommenden verwundeten und unverwun- deten Mannschaften am Bahnhofe übernommen in Mars-la- Tour arbeitete ein Halbzug für die dortige Etappenkomman- dantur, in Wachen, Gefangenentransporten und Getreidedre- schen. So gingen die kurzen Tage in eifriger Arbeit dahin. Des Abends ging man vor den Ort und sah und hörte den Geschützkampf an der Cöte Lorraine, die sich wie eine unheimliche, langgestreckte Bastion gen Westen dahinzog. So war man mitten in den Arbeiten drin, als neuer Befehl am 8. XII. die Kompagnie mit Stab und zwei Zügen der Etappenkommandantur Conflans, mit einem Zuge der- jenigen von Mars-la-Tour zuteilte. Damit trat die Kompagnie zum ersten und bisher einzi- gen Male unter das direkte Kommando einer Etappenkom mandantur, die damit erfolgte Unterbrechung des gewohnten Bahnschutzdienstes war jedoch sehr kurz und dauerte nur 10 Tage. Im Grossen und Ganzen war der Pflichtenkreis in Conflans und Mars-la-Tour ziemlich der Gleiche Wacht dienst und Gefangenentransporte nahmen die meisten Krafte in Anspruch daneben liefen mancherlei Einzelauftrage und in Conflans die Leitung und Ueberwachung des in einem Privathause untergebrachten Etappengefangnisses, dessen ordnungsmassige Herrichtung manche Arbeit und Miihe beanspruchte. Naturgemass sah es weder in Conflans noch in Mars- la-Tour so friedlich und gemütlich aus wie an den uns heute naheliegenden Sitzen von Etappenkommandanturen.Dazu war schon die Front zu nahe, von der und nach der hin dauernd Kolonnen und Truppen, Verwundete und Gefangene pas- sierten Kriegslazarette, Verpflegungsanstalten, Proviant- magazine, Feldbackereien gaben auch hier ein belebtes, kriegerisches Biid die Belegung mit Truppen aller Art ging, zumal in Mars-la-Tour, bis an die Grenze des Möglichen der Dreck war allerorts unheimlich gross, dazu Regen, nichts als Regen Wer von Conflans nach Jarny zum Bahnhof hinüberging, tat gut einen Rettungsgiirtel umzuschnallen, urn nicht in den Schlammassen zu versinken wer auf den unglücklichen Gedanken kam, seine Abteilung im Exerzier- marsch Ehrenbezeugung erweisen zu lassen, der sah seine Leute nach wenigen Augenblicken nur mehr in rotgelbem Schlammüberzug wieder. Solch ungewöhnliche Umstande lockerten selbst strenge militarische Sitte der Ausdruck der Subordination und Ehrbezeugung rutschte mehr in die oberen Körperteile unten tasteten dabei die Beine mit allseitig stillschweigender Duldung vorsichtig und in losester Haltung nach dem festen Grunde In dieser wenig poetischen Umgebung vollzog sich gleichwohl ein künstlerisches Ereignis von einiger, wenn auch beschrankter Bedeutung die Gründung der Kompag- niekapelle. Sergeant L., seines Zeichens früherer Hoboist, dann Grubenbeamter und als solcher Mitglied der Rom- bacher Hüttenkapelle, regte den Versuch einer musikalischen Anleihe an und begab sich, versehen mit den Empfehlungen des dort auch gut bekannten Kompagnieführers nach Rom- bach. Der Erfolg war vollstandig die Hütte i'iberliess der Kompagnie leihweise die notwendigen Instrumente und eine Anzahl Noten. Ein starkes Dutzend musikverstandiger Leute fand sich bald dazu und so wurde am 10. Dezember zur allgemeinen Freude die Kompagnie-Kapelle geboren. Sie benahm sich übrigens im Anfang nicht anders wie sonstige Neugeborene sie trank ziemlich und machte einen scheuss- lichen Larm ein in der Nahe des Uebungslokals wohnender Leutnant protestierte mit allen Zeichen schwindender Feld- dienstfahigkeit gegen die Fortsetzung der Proben. Aber, zur Ehre unserer Musikanten sei es gesagt, dieser Zustand besserte sich, wenigstens was seine musikalische Seite an- langte, mit jedem Tage und als sie am 19. Dezember mit einem Geburtstagsstandchen für den Kompagnieführer in aller Herrgottsfrühe zum ersten Male vor eine grössere Offentlichkeit traten, da blusen sie schon einigermassen. Noch besser zwar gelangen die flotten Armeemarsche, mit denen die Kapelle am Nachmittag desselben Tages der Kompagnie voran zum Bahnhofe zog. Denn schon wieder hatte die Abschiedsstunde von Conflans und seinem wohlwollenden Kommandanten, dem Corvettenkapitan St.,geschlagen und hatte allen Weihnachts- planen ein Ende gemacht. Schon in der Nacht zum 20. De zember landeten wir in Longeville bei Metz in der Kaserne der 67er. Wir fanden interessante Hausgenossen die Cousinen der dicken Berthaösterreichische Kameraden waren vor uns mit ihren Motorbatterien dort eingekehrt. So kam es, dass auf demselben Kasernenhofe österreichische Artilleristen und Metzer Landsturmleute ihre Exerzierübungen machten. Aber auch das dauerte nicht lange man wusste von

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Landsturm | 1915 | | pagina 2