Hauptquartier. Meine Erlebnisse im 9. Lothr. Inf.=Regiment 173. heraus genommen werden muss, bekommt er gut, sehr gut bezahlt, und für Leib und Leben braucht er nicht zu fürchten. Auch für ihn steht im Südwesten schützend die feldgraue Mauer da, und in Tagen und Nachten, wenn von dort her das Gebrüll der Kanonen so laut herübertönt, dass die Fenster seiner Stube erklirren und der Boden leise bebt, da mag er wohl die Hande faiten und heimlich bitten, dass der deutsche Wall festbleiben und sein Land vor aberma- liger grausiger Kriegsflut bewahren möchte. Wer einmal Herr des Landes wird ihm kann es gleich sein, als toch de oorlog gedaan is (werm nur der Krieg zu Ende ist)Die bisherige franzosenfreundliche Regierung war ihm immer innerlich fremd, auf jeden Fall hat sie es nicht einmal verstanden, ihn und sein Eigentum kraftig zu schützen und dem Rauber- und Diebsbandenwesen zu steuern, das das Land unsicher machte und auch jetzt noch immer nicht ver- schwinden will. Wie er selbst in Genügsamkeit, mit Fleiss und Ordnungsliebe sein Haus und Feld verwaltet so wünscht er sich die Regierung Flanderns. Welchen Namen sie führt, das tut nichts zur Sache. h Ein elend Nest. Fusshoch der Schmutz umher. Vor niedrer Tür Litauer, Russen, Juden, Und Trödelkram in hundert Bretterbuden, Die sich zu Gassen reihen kreuz und quer. Das Strassenpflaster weicht bald hier, bald dort Dem Knüppeldamm, und der weicht dem Morast. Sechs Schritt noch, Jungens. Lustig Tritt gefasst. Hei, wie das spritzt Hier bleibt das Hauptquartier. Ein Schlossbau halt So sitzt ein satter Gauch Behabig über seinem Bettelvolke Und ahnt zu Haupten nicht die Wetterwolke, Die ihn erschlagt beim ersten Morgenrauch. Wer ist der Hausherr Herr General, das Schloss Gehort des Zaren Reiterregiment. Offizierskasino, wie's nur Russland kennt Ja, ja, man riecht's, dass hier Champagner floss. Das Tor steht auf, und galmend lauft der Gang Durch Prunkgemacher, die vor Leere geistern. Kein Bett, kein Stuhl, die Miidigkeit zu meistern, Nicht Bank noch Bild die kahle Wand entlang. Was niet- und nagelfest im Stein nicht sass, Herausgezerrt in heller Diebessucht Und mitgezerrt auf eil'ger Reiterflucht. Nur Unrat blieb und blinder Mottenfrass. In der enttauschten Offiziere Kreis Der General mit heitren Jünglingsaugen. Hier bleibt das Hauptquartier. Es wird schon taugen, Wenn man soldatisch raschen Rat sich weiss. Den Mantelsack. Das Kaiserblild heraus. Ein Hammerschlag da prangt es an der Wand. Und die wir nahmen heut mit Stiirmerhand, Die Fahnen bringt. Nun sind wir gleich zu Haus. Und tief die Spitzen vor dem Bild geneigt Rammt er sie ein, dass Stoff und Stangen stöhnen. Quartier bereit. Nichts weiter zu verschonen. Und alles steht, vor Andacht heiss, und schweigt. Und vor dem Bilde und der Beutezier Lüpft still vom Haupt den Helm der General Mir ist mir ist als könnt' im Himmelssaal Kein besser Wohnen sein. Heil Kaiser dir Rudolf Herzog. Auf dem Marsche. Bei Longwy. Es war am 12 August 1914 vormittags, als aus dem I.andsturm- Infanterie-Bataillon II Metz, jetzt IV. Metz, welches sich s. Z. in Mai- ziéres bei Metz befand, aus jeder Kompagnie 25 Mann herausgezogen wurden, um dem 3. Bataillon obengenannten Regiments zugeteilt zu werden. Auch die 1. Metz musste die bestimmte Anzahl stellen. Bei diesen 25 (Landw. I.) war auch Schreiber dieses als Landsturmmann. Noch am selbenTage gelangten wir mit dem Dampfrossnach St Avoid. Nachdem am darauffolgenden Morgen der feldgraue Anstrich vorge- nommen und Gewehr nebst Patronen emptangen waren, riickte unser kleiner Trupp, pünktlich wie befohlen, um 11 Uhr abends unter Absingen von patriotischcn Liedern durch die dunkle Nacht zum Bahnhof, um mit dem Dampfross bis Kurzel gebracht zu werden. Dann ging's zu Fuss den Kompagnien entgegen, wo wir um 5 Uhr morgens anlangten und vorerst in eineScheune untergebracht wurden. Ein herzerquickender Schlaf folgte. Welch' Erstaunen meinerseits, als ich bei Einreihung in die Kompagnie meinen ehemaligen Leutnant, der mich ausgebildet, als meinen Kompagniechef vor mir sah. Auch ein ehemaliger 8 Jager, welcher mit mir gedient, hatte sich eingefun- den Dann folgte .die Vorstellung vor dem Bataillonskommandeur. Ueberall sah man hellaufleuchtcnde Gesichter, als der Befehl zumAb- rücken kam; jeder freute sich, nun endlich mit dem Feinde in Be- rührung zu kommen Zum Marschieren gehort auch Musik, dachte unser Hauptmann, als er durch einen Musketier, der auf recht kiinstlerische Art seine Weisen auf einer Mundharmonika ertönen liess, angeregt, ungetahr ein Duizend dieser schonen Dinger kommen liess. Gleich meideten sich so und so viele ,,Künstler'', die dieses Instrument mehr oder weniger beherrschten In Zügen gleichmassig verteilt, war jeder Spieier bestrebt, sein ganzes Können zum Besten zu geben; teilweise waren es auch recht kiinstlerische Leistungen, die wir zu hören be kanten Leichten und frohen Herzens rückten die Kriegel' den schon mit dem Feinde in Berührung gekommenen Truppen nach. Unser Marsch derGrenze entlang liihrte uns auch durch die Stadt Diedenhofen Die Bevölkerung liess es sich nicht nehmen, uns beim Durchmarsch durch die Stadt allerlei Süssigkeiten zuzureichen. Wir freuten uns sehr dariiber. Dann führte uns der Weg durch das Luxemburger Landchen. Noch in Luxemburg wurde das Bataillon am 20. August nachmittags, gerade beim Appell in cisernen Portionen, alarmiert. Im Eilmarsch ging es dem Grenzstadtchen Aumetz entgegen. woselbst wir zwischen 10-11 Uhr abends bei strömenden Regen ankamen. Das Stadtchen war gepfrolft voll Soldaten, und wir wurden mit knapper Not in Scheunen untergebracht. In aller Frülie am anderen Tage wurde die Grenze überschritten. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht, un- barmherzig sandte sie ihre brennenden Strahlen auf die einen unend- lich hohen Berge hinaufkletternden Truppen Mancher Ruck wurde dem schwerdriickenden Tornister gegeben, bis endlich das Plateau erreicht war. Die Pferde an den Patronen- etc. Wagen waren nicht imstande, diesediesteile Höhe hinaufzubringen und somusste denndie Mannschaft 3 mal den Weg wieder zurücklegen und die Wagen mit- tels langer Taue heraufziehen hellen. Dann wurde dem Magen sein Recht zuteil. Noch eiue kurze Pause und der Weitermarsch wurde angetreten. Schon hörte man deutlich, dass unsere Spitze den zuriick- weichenden Feind gestellt hatte lm Augenblick waren die Kompag nien auseinandergezogen und gefechtsbereit gemacht. Kurz darauf erhielt die 10. Kompagnie den Auftrag, das vor uns liegende Dort'von Einwohnern zu saubern. Haus für Haus wurde von den Soldaten mit aufgeptlanztem Seitengewehr durchsucht. Zirka 300 Personen waren nach kurzer Zeit zusammen Diese Vorsichtsmassnahme wurde ge- trotfen, weil man aus den Hausern auf uns geschossen hatte, wobei 4 brave Musketiere ihr Leben hatten lassen mussen. Die Schlacht bei Longwy, die unser Kronprinz am 22. August den Franzosen lieferte, war im vollen Gange. als unsere Abteilung zwischen 3 und 4 Uhr in einem Walde seitwarts Longwy Aufstellung nahm. Kurz darauf kam der Angriffsbefehl. Drei Kompagnien, die 10. als Reserve zurücklassend. griffen mit aller Wucht den Feind an. Hier konnten wir, die 10. Kompagnie sehen, was es heisst, dicht hinter der Feuerlinie in Reserve zu liegen. Massenhaft schlugen die Geschosse vor und hinter uns ein. Eigenartig zischend brachen sich dieselben durch Aeste und Blatter Bahn. Ganz test an die Erde geschmiegt, wartete die Kompagnie weitere Befehle ab.

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Landsturm | 1915 | | pagina 3