zu roden. Ein gut Teil der Bevölkerung in den Orten,
die auf den Rodlandereien angebaut wurden, ist zwei
fellos flamischen Ursprungs. Manche Orte im Hildes-
heimischenVeisen noch jetzt auf flamische Einwande-
rung hin, wie Brtigge. Ein Werk der flamischer Bauern
war auch die Urbarmachung der Goldenen Aue und
der Sumpfliindereien bei Walkenried, die das Ried
genannt wurde. Herbeigerufen von den Aebten und
Bischöfen, machten sie aus der Wüste einen Garten
Eden. Flamen kamen auch sonst allerwarts nach den
Iruchtbaren Gegenden Mitteldeutschlands, meistens
im Gefolge der Hollander. Die Orte, deren Namen
noch jetzt den Ursprung ihrer niederlandischen Grün-
der verraten, haben auch flamische Ansiedler gesehen.
Manche Ortsnamen in der Provinz Sachsen weisen
direkt auf belgische Einwanderung, so Kamberg bei
Wittenberg, das seinen Namen von Cambray erhielt.
Flamischen Gebliits waren auch die Bauern in Nieder-
sachsen, die im Mittelalter einem Hegeding unterstan-
den. Sie wurden als Schützer der Grenzen und Grenz-
knicke angesiedelt, mit denen die Grafschaften und
Herrschaften umwehrt waren, besonders im Weser-
bergland, im Ilildesheimischen, im Calenbergischen, im
Göttingschen. auch mitunter im Osnabrückischen, in
Hoya usw. Dörfer wie Altenhagen, Grupenhagen.
Schönhagen waren ganz mit solchen Hegeleuten
beselzt.
Flamischer Herkunft sind auch die Altlander, we-
nigstens im Kerne. Die zahlreichen Zuwanderungen
von der Geest, die unausgesetzt seit Jahrhunderten vor
sich gegangen sind und noch stattfinden, haben die
anfangliche Art des Volkes nicht verwischen können.
Anstatt des Pferdekopfes stüsst der Wanderer auf den
flanderischen Schwan am First des Pauses. Mancher-
lei Anzeichen sollen nach der Ansicht eimger Forscher
auf die Genter Gegend als Auszugsland der Altlander
hindeuten. Nördlich der Elbe erinnert das Dorf Flem
hude bei Kiel an flamische Zuwanderung
Meist sind die Flamen im Vereine mit Hollandern.
Friesen, Brabantern und Niederrheinlandern von Gel-
dern und Cleve gekommen. Wir können deshalb über-
all dort, wo wir von niederlandischen Ankömmlingen
erzahlen hören. auch den Zustrom von Flamen vermu-
ten, auch haufig den von Wallonen und Nordosttran-
zosen. So werden Flamen im 12. und l3. Jahrhundert
auch nach Bremen gelangt sein, nach Hamburg, nach
den Vierlanden. nach den bremischen Marschlanden,
einen erheblichen Teil der Niederlander ausmachend,
deren Einzug Urkunden und Chroniken melden.
Sonst werden im Westen noch Flamen in Ost-
Holstein bezeugt. Adolph II. von Holstein rief sie
herbeiIm Vereine mit Hollandern und Friesen mach
ten sie Wagrien urbar. Weiter östlich hat Mecklen
burg viele flamische Einwanderer empfangen. Der
Slawenchronist Helmold berichtet, dass Heinrich der
Löwe eine Menge Volkes aus Flandern herbeiführte
und hier ansiedelte Viele Flamen sind in die Alt
mark geströmt. Stendal und seine Umgebung ist ihr
Siedelplatz gewesen und von ihnen geschaffen worden.
Sie waren auch an dem Kolonisationswerk in den alt-
markischen Marschen beteiligt.
Am gewaltigsten ist der belgische Einwanderer-
strom nach Brandenburg geflutet. Der bekannte For
scher Beheim Schwarzbach sagtvonihr ..Man ver-
gleiche, zum Beweise wie grossartig die Einwande
rung besonders lür die Mark Brandenburg gewesen,
nur einmal die altniederlandischen und belgischen
Ortsnamen mit den altbrandenburgischen Orts- und
Familiennamen und man wird staunen über die reiche
Fülle der gleichartig klingenden Namen Wiederum
beredte Stimmen für angezweifelte Vorgange Das
flamische Element war so stark, dass es einem ganzen
Landstrich, dem Fleming, den Namen geben konnte.
Eine starke flamische Einwanderung empfing auch
die Ostmark. Die Bevölkerung der preussischen Bin-
nenstadte und viele Bauern stammten aus Flandern,
Holland und Friesland Das Recht der Flamen, das
diese aus der Heimat mitbrachten, errang sich strek-
kenweise rechtliche Geltung. So in den Stadten Thorn
und Kulm. Flamen zogen auch in bedeutenden Scha
ren nach dem heutigen Königreich Sachsen und nach
Schlesien. Ihre Zahl war so betrachtlich, dass ein
Oberhof für das flandrische Recht gegründet werden
musste. Die Ackereinteilung nach flandrischen und
flamischen Hufenwar fasst ebenso üblich wie in Bran
denburg. Die Urkunden berichten haufig von solchen
Hufen. Auf zahlreiche Spuren des Belgiertums stossen
wir noch heute, an Orts- wie an Familiennamen. Wal-
lonische Koloniën gab es besonders in Mittelschlesien.
Die Stadte Neisse, Kreuzburg und Ottmachau waren
nach flamischem Rechte angelegt.
Viele Belgier wanderten auch nach Böhmen,
Mahren und Ungarn. Die Tuchmacher wurden in
Böhmen und Mahren geradezu Flanderer genannt.
Y pern und seine Nachbarstadte scheinen besonders
viele Auswanderer dahin geschickt zu haben. Das
können wir nach den erhaltenen Listen von Bürger-
namen vermuten Nach Ungarn kamen bereits im
11. Jahrhundert viele Leute aus der Gegend von Liit-
tich, von einer Hungersnot getrieben. In der Folge-
zeit folgten noch viel mehr Lütticher ihrern Beispiele.
Die ,,Zipfer in Oberungarn sollen nach der Meinung
Schlözers aus Flandern stammen, das Wort ist ur-
sprünglich flandrischer Herkunft. Ganz ausserordent-
lich zahlreich waren die Flandern unter den Sieben-
bürger Sachsen vertreten. Heissen sie doch in den
frühesten Urkunden geradezu Flanderer.
Wirtschaftliche Not, Bedrückungen des einheimi-
schen Adels und Hungers- und Wassersnot rief diese
Flamen nach Deutschland. Zu ihnen gesellten sich am
Ende des Mittelalters und beim Beginn der Neuzeit
Flüchtlinge, die aus der Glaubensnot heraus das Vater-
land verliessen. Die 100 000 Niederlander, die im
16. Jahrhundert nach Deutschland Avanderten. rührten
meistens aus Flandern und Brabant her, wo die Unter-
drückung des Protestantismus am schiirfsten auftrat
und wo man sich am wenigsten dagegen wehren
konnte. Die Zuzügler brachten viel Industrie und
Handel nach ihrer neuen Heimat mit. Das damals ein-
setzende Aufbliihen der Tuchindustrie im deutschen
Osten hing damit zusammen.
Kuno Waltemath.
Noch toben Schlachten, noch klirrt das Erz,
noch fallen die Opfer zuhauf
doch fühlt es erzitternd jedes Herz
der Morgen steigt strahlend herauf Philipp Berges.
Es steht ein Berg im Abendschein,
ob ihrn erglimmt ein früher Stern.
Einmal wird Avieder Friede sein,
dann preist die Erde Gott den Herrn... Ernst Zahn.