Antwerpen, Gent, Brüssel.
Durch den König Heinrich den Ersten, welcher
den Beinamen der Vogler hat, wurde dieses Gebiet im
Jahre 925 mit Deutschland vereinigt. Heinrich ver-
maehlte seine Tochter Gerberga mit dem Herzog
Giselbert von Lothringen. Im Jahre 945 wurde das
Herzogtum in Oberlothringen und Niederlothringen
geteilt, welche beide deutsche Reichslehen waren.
Im Jahre 1088 wurde Gottfried von Bouillon von
dem Kaiser Heinrich IV. mit Niederlothringen be-
lehnt. Als er auf dem Kreuzzuge in Jerusalem gestor-
ben war, übertrug der Kaiser Heinrich V. das Herzog
tum Niederlothringen dem Grafen von Brabant, Gott
fried dem Bartigen. Spater (vom Anfang des i3. Jahrh.
an) nannten sich die Herzöge von Niederlothringen
Herzöge von Brabant. Ihre Residenz war Brussel. Im
spateren Mittelalter bestehen auf dem Gebiete des
heutigen Belgiens eine Anzahl von Herzogtümern und
Herrschaften, namlich die Herzogtümer Brabant, Lim
burg und Luxemburg, die Grafschaft Hennegau, die
MarkgrafschaftenNamur und Antwerpen,die Herrschaft
Mecheln und das Bistum Lüttich. Alle diese Teile
gehörten zum deutschen Reich. Westlich schloss sich
die Grafschaft Llandern an, welche ein selbstandiger
Staat war.
Im Jahr 1385 verheiratete sich Margarethe von
Flandern mit Philipp dem Kühnen von Burgund.
Durch Erbschaft, Kauf und Vertrage kamen die gan
zen Niederlande an das Haus Burgund. Infolge
der Heirat der Maria von Burgund mit dem Kaiser
Maximilian (14771 gelangte dieser Besitz an das Haus
Habsburg er wurde noch lange Zeit als der burgun-
dische Kreis bezeichnet. Hauptsachlich in die Zeit des
Kaisers Karl V. fallt das Aufblühen des niederlandi-
schen Handels, dessen Mittelpunkt Antwerpen war.
Um dieselbe Zeit drang die Lehre Calvins in die Nie
derlande ein, und zwar schlossen sich hauptsachlich
die nördlichen und östlichen Teile der Reformation an.
So entstand der religiose Gegensatz zwischen den
katholischen Teilen der Niederlande, aus welchen das
spatere Belgien hervorging.
Als das habsburgische Weltreich bei der Abdan-
kung des Kaisers Karl V. im Jahr i555 geteilt wurde,
kamen die Niederlande mit Spanien unter die Herr
schaft Philipps II. Er wollte die Hollander wieder
zum katholischen Glauben zurückbringen, und nun
folgten die langen Kampfe zwischen Spanien und Hol
land, welche schliesslich zur Befreiung der Nieder
lande führten. Aber die katholischen Teile der Nieder
lande, welche ungefahr dem jetzigen Belgien entspre-
chen, wurden im Frieden von Munster (1648) von der
reformierten Republik der Niederlande abgetrennt und
mit Spanien vereinigt. Jedoch wurden die spanischen
Niederlande im Jahr 1667 von dem französischen König
Ludwig XIV. besetzt. Fünf Jahre spater gelang es aber
den Hollandern mit Unterstützung des Kurfürsten von
Brandenburg und des deutschen Kaisers, die Franzo-
sen wieder zu vertreiben. Bei dem Ende des spani
schen Erbfolgekrieges (1714) kamen die Lander an
Oesterreich und hiessen fortan die österreichischen
Niederlande. Unter der Kaiserin Maria Theresia
wurde die Akademie der Wissenschaften in Brüssel
gegriindet.
Die aus dem Geist der Aufklaerung folgenden
Reformen, welche der Kaiser Josef II. einführte, riefen
im Jahr 1788 einen Aufstand hervor. Die Provinzen
erklarten sich für unabhangig und nannten sich die
Vereinigten belgischen Staaten Zwar gelang es
den Oesterreichern, das Land wieder zu besetzen,
aber ihre Herrschaft dauerte nicht mehr lange. Im
Jahr 1792 drangen die Franzosen ein und annektierten
Belgien für die neue französische Republik. Auch das
alte Bistum Lüttich, welches seit dem Mittelalter ein
deutsches Bistum war. kam jetzt an Frankreich.
Nach dem Sturz Napoleons I. im Jahr 1814 wurde
auf dem Wiener Kongress das Königreich der verei
nigten Niederlande gegriindet welches Belgien wie
der mit Holland verband. Jedoch führten die inneren
Verschiedenheiten und vor allem der konfessionelle
Gegensatz bald zu einer neuen Trennung. Als im Jahr
l83o in Frankreich die Julirevolution ausbrach, durch
die der Bürgerkönig Louis Philipp auf den Thron kam.
enstand in Brüssel auf Betreiben der Franzosen ein
Aufstand, welcher sich auch auf Liittich, Löwen und
andere Stadte ausbreitete. Die von Frankreich aus
verstarkte Revolutionspartei bildete eine provisorische
Regierung, welche am 4. Oktober i83o Belgien für
unabhangig erklarte, worauf dann im folgenden Jahr
der Prinz von Sachsen-Koburg, welcher die nachsten
Beziehungen zu dem englischen Königshaus hatte, der
erste Koning von Belgien wurde. Er vermahlte sich
mit der Tochter des französischen Königs Louis
Philipp. Als nun die Hollander Belgien zuriickgewinnen
wollten und siegreich in das Land eindrangen, erhielt
er französische Hilfstruppen. Auf das Drangen FYank-
reichs und Englands zogen die Hollander ihre Truppen
zurück, und der belgische Staat war gerettet. Von
dieser Zeit an kam Belgien immer mehr unter fran
zösischen Einfluss
(Schwabischer Merkur'.
(Erklarung der Ortsnamen.)
Antwerpen ist der Dativ des Substantives
Antwerp der bei Ortsnamen haufig vorkommt.
Antwerp war ein bekanntes Wort in der vlamischen
Sprache des Mittelalters und bedeutet Deich Das-
jenige was wider etwas geworfen vvird, ant (latei-
nisch ante) wider, gegen und werp" das Substantiv
von werpen (werfen), Deich aufwerfen, wider den
Strom. Der Name dieser Stadt ist also ganz vlamisch,
und die Geschichte beweist, dass Antwerpen noch gar
nicht zur Römerzeit bestanden hat.
Gent hat einen viel alteren Namen. Lateinisch
heisst es Ganda, wie es heute noch das französische
Gand zeigt. Gent ist keltischen Ursprungs. In dieser
Sprache heisst es Gond", das bedeutet Fluss
oder Wasser In der Tat gibt es in der Nahe von
Gent ein kleines Fliisschen, welches die Leute de
Gonde nennen und an dem ein kleines Dorf liegt,
namlich Gonde rode. Wie kommt es nun, fragt
man sich, dass hier das keltische Gonde geblieben ist,
wahrend eine Stunde von diesem Ort aus Gond
Gent geworden ist. Das ist sehr einfach zu erklaren,
denn der lateinische Name von Gent ist Ganda, und
der Uebergang vom kurzen ,,0" zum kurzen ,,a" fand
nach dem Urteil aller germanischen Sprachforcher
ungefahr 200 Jahre vor Christi Geburt statt Der Name
der Stadt Gent beweist also, dass zujener Zeit schon
dort Germanen wohnten, und zwar in überwiegender
Zahl, so dass sie den keltischen Ortsnamen verandern
konnten, wahrend wenige Kilometer davon sich eine
keltische Sprachinsel erhalten hat.