j Verordnungen und Bekanntmachungen
fiir die besetzten Gebiete.
Aus unseren Tagen.
Ein Brüsseler Bild.
kaufte. Einem Unterotfizier der 2. Ldst. Eskadr. I. (K. B.)
A. K. gelang es.durch fortgesetzte, gewissenhafte und sehr
geschickte Ueberwachung den Mann zu entlarven, so dass
seine militaergerichtliclie Bestrafung erfolgen konnte.
Belgische Kriegsgefangenen-Sendungen. Um der
Ausfulir von Lebensmitteln aus dem General-Gouvernement
vorzubeugen und einen Anlass zu Kundgebungen zu beseiti-
gen, karin die Genebmigung zur Veranstaltung von Wohl-
taetigkeitsfesten, Ausstellungen und Vorfuehrungen zugun-
sten der in Deutscliland befindlichen belgischen Kriegs- und
Zivilgefangenen hinfort nicht mehr erteilt werden.
Oelïentliche Geldsammlungen fuer den gleichen Zweck
beduerfen der Genehraigung der zustaendigen deutschen
Behoerde.
Da sicli die Versorgung der aermeren belgischen Be-
voelkerung allmaehlich schwieriger gestaltet, die belg.
Kriegsgefangenen aber in Deutscliland gut und reichlich
genaehrt werden, so duerfen vora 1. April ab
1. nicht mehr als ein 5 kg-Paket und als Brief ein
500 g-Paeckchen monatlich aus dem General Gouvernement
an sie versandt werden.
2. Fleisch, Felt, Zucker und alle mit Mehl hergestellten
Nahrungsmittel duerfen die Sendungen nicht enthalten,
wohl aber Gemuese, Obst, Fischpraeparate, Schokolade,
Zigarren u dergl. Genussmittel. Auch Druckschriften, die
.nicht vom gegenwaertigen Krieg handeln, sind zugelassen.
Uebertreter werden mit Geldstrafe Oder Freiheitsstrafe
belegt, uebcrzaehlige Pakete beschlagnahmt.
Gemachlich schlendere ich die lange Avenue
Douise hinab, lroh des ersten klaren, winterfrischen
Tages nach Regenwochen, in denen es schien, als ob
die Nordsee ansehnliche Prozente ihres Wassergehal-
"tes tiiglich über Brüssel ausschütten wolle.
Die Fensterscheiben der ruhigen, vornehmen Hauser
blinken und funkeln, als sei plötzlich ein weltumfassen-
der Scherz gemacht worden, der belacht werden miisse
trotz des Druckes, der auf aller Welt liegt. Auf dem
Reitwege traben braune Pferde, auf denen sich feld-
graue Offiziere rythmisch im Sattel wiegen. Ueber die
Fahrstrasse rennen die kleinen Tilburys, in deren
Deichsel ein geschorener Ponny trabt, mit einer Ur-
sprünglichkeit und Leidenschaftlichkeit, die ihn fast
wie ein drolliges. von der Lust an einem tollen Wett-
rennen urplötzlich begeistertes Böcklein erscheinen
lasst.
Ein kleiner Bursche steht auf dem Promenaden-
weg und starrt in das kahle Geaste eines Baumes, in
dem ein roter Kinderballon mit einem herabbaumeln-
den Stiick Schnur hangt. Er hebt Steinchen auf und
springt, nach dem verlorenen Spielzeug weriend,
federnd in den nackten zierlichen Kniegelenken. von
Zeit zu Zeit in die Höhe.
Der entflohene Ballon rührt sich nicht. Seine
Wiedergewinnung erscheint fast aussichtslos.
Der Fall interessiert mich. Ich habe auch einen
Lleinen Jungen. und dann hat dieser Spaziergang in
der schonen klaren Sonne in mir den last vergessenen
früheren Gemütsmenschen lebendig gemacht. Ich
mache dem Kleinen den Wert einer gemeinschaftlichen
Aktion mit einigen Scherzworten begreiflich. Er wird
mit meinem Schirm bewafitnet, ich emplehle ihm, sich
recht steil zu halten und stemme ihn dann, seine Beine
umfassend hoch über meinen Kopl. Aber das ganze
Manöver ist zwecklos. Alle derart aneinander gereckte
Lange von uns beiden genügt nicht, ein Erfassen der
Kordelschleife mit der Regenschirmkriicke zu ermög-
lichen.
Die Situation erscheint verzweifelt, aber sie weckt
das Interesse zweier Mynheeren, die in Holzschuhen,
einen Sack aul der Schulter, herankommen. Sie setzen
die Sacke ab, schieben die kurze Pleile in den anderen
Mundwinkel, verziehen ihre schnurrbartigen, hageren
Gesichter zu einem teilnehmenden Grinsen, und dann
sind sie einig über die Art ihrer Hülfeleistung.
Jeder holt ein Stiick geschmttenen Feuerholzes aus
seinem Sack, das in sorglaltig wagendem, gemassigtem
Werlen unter den entflohenen Ball gebracht wird.
Schon bei der zweiten Salve lösst sich der Ausreisser.
Aber er fallt nicht herab, wie wir vier Tröple wohl im
Augenblick glaubten. Er schlangelt sich hoch und
höher durch die Aeste des Baumes, um dann mit herab-
hangender Schnur in wahnsinniger Aufgeblasenheit
über die Strasse und ganz Brüssel zu steigen.
Ein Augenblick der Verbliiffung
Dann lachen die Heifer in Holzschuhen heil aul.
Jetzt fahrt er ab nach Indien, meint der eine.
Nein, er geht nach Paris, sagte der andere,
siehe nur die Richtung, die er einschlagt
Zwei kurze Pleifen werden umstfindlich aufs neue
angezündet. Zwei Paar Holzschuhe klappern weiter
über den Weg, und ich folge ïhnen unwillkürlich mit
einigen Schritten Abstand im Gelühle meiner Mitbetei-
ligung an diesem Abenteuer.
Nach kurzer Weile machcn die Sabottenmanner
abermals Halt, um den hoch über Ixelles daherfliegen-
den Ballon nachzustaunen.
Habe ich nicht gesagt, er macht sich auf den
Weg nach Paris meint der eine.
Jetzt beginnt das scherzhafte Abenteuer sich zu
einem Strassenereignis zu erweitern.
Das Wort Paris halt Vorübergehende test. Die
Gruppeverstarkt sich.Vieler Augen starren dem Finger
des Holzschuhmannes nach in die Lult.
Ah, ein Ballon Sie glauben, dass es ein fran-
zösischer ist
Certainement, sagt der eine Holzschuh-
mann, der wie sein Kollege die Sachlage sofort mit
unendlichem Vergnligen erfasst Ich habe ihn schon
lange beobachtet. Er flog anfangs niedriger. Unzwei-
felhalt ist es ein lenkbares französisches Luftschift.
Nicht wahr, mein Herr
Er wendet sich, einen Eideshelfer liir seine Be-
hauptung suchend, nach mir um, aber ich konzentriere
mich rasch rückwarts in dem wachsenden Haufen, in
dem aller Augen zu fiebern beginnen.
Die Holzschuhmanner waren keine Brüsseler, wür-
den sie diesen Witz nicht bis zur aussersten Grenze
wiederholen. Alle zwanzig Schritte bleiben sie jetzt
stehen, verursachen sie einen Volksauflauf. Zu ihrer
Freude bemerken sie schliesslich auch, wie Gruppen
lustwandelnder deutscher Offiziere dem als fernes
Pünktchen am Himmel schwebenden Kinderballon