Wie der Bericht der obersten Ifeeresleitung entsteht. risch ausserst wichtige Angelegenheit verraten, die von einem Lauscher am Tische richtig gewiirdigt und sofort an die zustandige Stelle weitergegeben wird. Du musst namlich wissen, dass iiber das ganze be- setzte Belgien ein ausserst feinmaschiges Spionagenetz gespannt ist. Es haben sich richtige Spionage-Zentral- stellen im Lande gebildet, die alles Material, das ihnen durch ihre auch in den kleinsten Orten weilenden Zu- triiger geliefert wird, sammeln, sichten, ordnen und auf irgendeinem Wege zu unseren Feinden gelangen lassen, j Dieser Nachrichtendienst ist so vorziiglich organi- siert, dass auch die grüsste Vorsicht bei der Ausgabe von Passen, ihn nicht hat unterbinden können. Die Todesurteile und die langjahrigen Zuchthaus- straien, die unsere Gerichte so olt iiber entlarvte Spione (leider auch vielfach Spioninnen) nach dem harten Recht des Krieges aussprechen mussten, wer den gewiss manchem die Augen über die Gefahrlich- keit seines Tuns geöftnet haben, aber wir dürlen nicht annehmen, dass dadurch das Uebel ausgerottet wor den ist. Deine Nachricht von dem veranderten Standort des Regiments deines Bruders wandert also an eine der Spionage-Zentralen. Dort ist sie hoch willkommen. Es ist allerlei von anderer Seite eingelaufen über star ken Truppenverkehr auf irgendeiner oder mehreren Bahnstrecken Man hat aus Hausern in der Nahe der Bahn die Zahl der Ziige gezahlt und ihre mutmassliche Besetzung angegeben, aber strenge Absperrungs- Massregeln haben verhindert, zu erkennen, welchen Truppenteilen die Durchfahrenden angehörten, von welchem Teile der Front sie kamen und .wohin sie gin gen. Deine Angabe wirft aut einmal ein helles Licht in die Sache. Allerlei Ergiinzungen kommen aus anderen Quellen hinzu und nun ist beim Feinde volle Klarheit die X... Division ist von dort nach da verlegt. Die Heeresverwaltung verband mit dieser Verschiebung selbstverstandlich gewisse Absichten. Nun trifft der Feind noch rechtzeitig seine Gegenmassregeln, und alles war umsonst. So kann eine kleine, dir so ganz unbedacht entschliipfte Bemerkung dich, ohne dass du willst, zum Verrater am eigenen Vaterlande machen. Denn etwas anders ist das nicht. Das ist nur ein Beispiel. Wie vieles andere unüberlegt Ausgeplauderte kann aber ebenfalls dem Feinde niitzen das Vorhandensein oder gar die Lage von gewissen militarischen Einrichtungen, Werkstat- ten und Depots, Nachrichtungen über Brief- und Urlaubssperren, allerlei Erlauschtes aus den Erzahlun- gen der aus der Front kommenden Kameraden, Mit teilungen über heimische Zustande u. dergl. mehr.W ir können gar nicht t'ibersehen, was davon dem Feinde wertvoll ist. ahnen gar nicht, in welcher Art und Weise er es lür seine Zwecke ausnützen kann. Auch das, was wir in Briefen nach der Heimat in aller Sorg- losigkeit an militarisch wichtigen Nachrichten weiter - geben, kann aul vielfachen Umwegen zu den Ohren eines Verraters, die es ja leider auch in unserem Vater lande gibt, dringen. Also, Kameraden vom Landsturm, auch lür euch gilt: Vorsicht bei euren Gesprachen und beim Brief- schreiben. Denkt vor allen Dingen immer daran, dass ihr in Feindesland lebt, in einem Lande, in dem es ge wiss viele gute und brave Leute gibt, das aber doch ein Land ist, welches stark unter iranzösischem Ein- fluss stand. Welsche Hinterlist und Falschheit, Ver- stellungskunst und Heuchelei haben sich auch hier breit gemacht, dazu kommt oft fanatischer Hass gegen alles, was deutsch ist, und falsch verstandener Patrio- tismus, und ihnen gegenüber ist gutmütige Vertrauens- seligkeit wirklich nicht am Platze. Die deutsche Dis- ciplin, die offen und heimlich von unseren Gegnern bewundert wird und der wir unsere Erfolge verdanken, muss sich auch darin zeigen, dass wir schweigen kön nen, wenn es von uns verlangt wird. Unsere Heeres- leitung lordert es von uns eindringlich und nachdrück-, lich, und nur ein wenig Ueberlegung muss uns sagen, dass sie das auch von uns Landstürmern mit vollem Recht verlangenTlarf und fordern muss. s. Ein Feldzugsteilnehmer, der als Telegraphist be- schaftigt ist, gibt eine anschauliche Darstellung dieses wichtigen Meldedienstes. Es gibt viel Ungeduldige in deutschen Landen, die leicht verdriesslich werden, wenn ihnen nicht zum Nachmittagskafïee rechtzeitig auch der Tagesbericht des W. T. B. (Wolfisches Telegraphenbureau) vorge- setzt wird. Vielleicht lernen sie in Zukunft sich be scheiden. wenn sie hier ersehen, wie schwierig das Verfahren ist, aus dem der Bericht hervorgeht. Ein bombensicherer Fernsprecherunterstand am Uier der Aisne. Bombensicher nennt man das Loch, weil über einer Lage starker Baumstamme noch etwa zwei Meter Erdreich aufgeschichtet sind. Der nachste Volltreffer lreilich kann den bombensicheren Bau wie ein Kartenhauschen zusammenblasen. Doch das ist ja schliesslich eine Angelegenheit der beiden Telegraphisten, von denen der eine trotz der Knallerei draussen mit der Sorglosigkeit eines Sonnenbruders schlalt, wahrend der andere wachsam vor seinem Feld- lernsprecher hoekt. Der fahle Schein einer kümmer- lich brennenden Kerze reicht gerade hin, dass er die Schrift eines vor ihm liegenden Fernspruches entziflern kann. Draussen das Morgendammern eines Spatherbst- tages. Rrrrr... Schrill schlagt der Wecker des Apparates an. Hier Regiment..., meldet sich der Telegraphist. Hier zweites Bataillon. Guten Morgen. Bitte Uhrenzeit Es ist 4 Uhr 35. Du sag mal, wo bleibt denn eure Morgenmeldung Wird gleich kommen Ich rufe an, wenn der Adju tant «erscheint. Schluss. Wieder schrillt der Wecker. Hier Regiment,..! Hier Leutnant Dietrich. Ich möchte den Regi- mentsadjutanten Ich werde rufen, erwidert der Telegraphist und stellt die gewiinschte Verbindung her. Oberleutnant Kallmorgen Guten Morgen, mein bester Kallmorgen, die Mor genmeldung vom zweiten Bataillon Guten Morgen, Dietrich. Na, lassen Sie mal hören! Bei Errichtung von Drahtverhauen ein Mann von uns schwer, zwei leicht verwundet. Beim Gegner leb halte Tatigkeit. Er scheint ausgewechselt zu sein oder hat noch Verstarkung erhalten. Von uns ausgesandte Patrouille machte zwei Gefangene, konnte jedoch nicht

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Landsturm | 1916 | | pagina 2