Bilder aus dem Leben in der Etappe.
PUPi-Lgab. Der riihrige Direktor gibt vlamische Ueber.
setzungen deutscher Stiicke und Auffiihrungen hollan-
discher Verfasser. Neben anderen weniger bemerkens-
werten Spielen gingen wahrend der Ivriegszeit über die
Biihne Die Heimat "von Sudermann der Dieb
von Bernstein Aleid von Multatuli ein Fragment
Schakels von H. Heyermans und bekannte Lust-
spiele von Kadelburg und Schönthan. Eine Abwei-
chung vom Spielplan brachte die Urauftiihrung einer
Genter Lokalposse ,.Die Belastung der Junggesellen"
(zu einer Junggesellensteuer!) Die mitwirkenden Krafte
sind durchvveg aut der Höhe, besonders die Karikatur
feiert bei dem lustigen Genter Volk Triumphe, wenn
sie auch in den deutschen Stücken nicht immer den
Kern trifft.
Für den an ein ruhiges Aufnehmen gewöhnten deut
schen 1 heaterbesucher ist es befremdend und erhei-
ternd zugleich. mit welcher lauten, ungebundenen
Anteilrtahme das hiesige Pubiikum jeden Witz, ja nur
gering scherzhafte Wendungen belacht, und zwar so
griindlich. dass das Weiterspiel mitunter in Frage
gestellt wird. Allerdings ist auch die buntzusammen-
gewürfelte Mischung des Publikums daran schuld.
Sind doch die Eintrittspreise erstaunlich medrig
erstes Parkett (i. bis 3. Reihe). Stallen, genannt, kostet
2 Fr der Olvmp, hier Paradys oder Kiekenkot, nur
25 Cts. Da sitzt denn eintrachtlich der Arbeiter,
namentlich der landliche, neben dem Bürger und Kauf-
mann und nimmt mit voller Naivetat die Eindrücke des
Spiels in sich auf.
Für die arbeitende Bevölkerung, die bekanntlich
über die Halfte der Einwohnerschaft ausmacht und
einen engeren demokratischen Zusammenschluss hat,
ist noch in einem Genossenschaftspalast (Vooruit) eine
Bühne vorhanden, aui" der die Darbietungen ernster
und heiterer Art abwechseln. Ein Bund von Schrift-
stellern, der i\l u 11 a tu 1 i kr i n g, versorgt diese Bühne,
mit moralischen Stücken, in denen ernst- und scherz-
hai't der Wert eines fleissigen und arbeitssamen Lebens
im Gegensatz zu den Trunkenbolden, vor allem aber
der Wert und die Wichtigkeit eines organisierten
Zusammenschlusses gepreuigt wird. Gewinnt ein sol-
ches Stück noch durch lokale Redewendungen und Ge-
wohnheiten so erzielt die Bühne des Vopruit volle
Hiiuser, wie kiirzlich mit jantje und Mietje der
Geschichte zweier Genter Kinder, die wir in 6 Akten
Glück und Leiden des kleinen Genter Werkvolkes
durchkosten sehen, nicht ohne dass Humor und Satire,
in denen sich der Genter gerade so gut und gern ergeht
wie der Berliner, einen grossen Platz in dem Stück
einnehmen Es weht uns da ein Hauch entgegen, der
wehmiitige Erinnerungen an die verschollene Berliner
Lokalposse weckt.
Neben diesen ernsthaft zu betrachtenden Bühnen
blüht noch das kleine" Theater mit Einaktern, das
Variété mit der beliebten Mischung von Film und
Akrobaten und eine erschreckende AI enge von Kien-
töppen, die in ihren Darbietungen olt weit hinter dem
Geschmack der unsrigen zurückbleiben.
Zur Vervollstandigung des Bil des muss auch der
Konzerte gedacht werden, die teils von der Ivapelle
Hendrickx, teils von anderen Künstlèrn veranstaltet
werden. Diese liefern ein prachtiges Zeugnis von der
Liebe der Belgier zur Musik überhaupt, und nicht
selten begegnet man sogar Richard Wagner mit reicher
OrchesterbeseL.ung. Auch die vom Vooruit veranstal-
teten Konzerte gesanglicher und symphonischer Art
erfreuen sich neben anderen Konzertstatten mit Recht
grosser Beliebtheit.
Nach dem Urteil eingeweihter Genter bewegen
sich Theater und Konzert seit dem Kriege in ideal
aulsteigender Richtung wobei sich eine grosse Zahl
feldgrauer L^nilormen unter die Bürgersleute mischt.
Belg. Kurier.
io. Im Etappen- Magazin.
Nachdem nunmehr, über das ganze Etappengebiet
verstreut. Magazine angelegt worden sind, ist an Stelle
der sogenannten Geldverpflegung, die bisher bei den
meisten Truppenteilen üblich war, Magazin-Verpfle-
gung getreten. Bei Geldverpflegung erhielt die Kompa-
nie für den Kopf .ausser Brotgeld) I o5 M und konnte
damit einkaufen und wirtschaften, wo und wie sie
wollte, wenn sie nur ihren Leuten, die ihnen zustehen-
de Menge von Lebensmitteln zukommen liess. Waren,
die im Lande schwer zu haben waren, wurden jedoch
schon immer, natürlich gegen Bezahlung, dem Magazin
in Gent entnommen, Bei Magazin-Verpflegung aber
empfangt der Truppenteil kein Geld für die Bekösti-
gung,sondern die Waren selbst in den ihm zustehenden
genau festgelegten Mengen. Nur die Fleischversorgung
ist z. T. noch den einzelnen Kompanien überlassen.
So ist denn auch hier in Aalst ein solches Magazin
entstanden und zu seinem Besuch wollen wir heute
unsere Leser einladen.
Ehemalige Fabrikraume, einst erfüllt von der
rastlosen Arbeit der Maschinen und Menschen Dann
kam der Krieg. Er hielt die Rader an, die Menschen
flohen vor ihm, und als er seine Wogen weiter walzte,
lag die Fabrik in Schutt und Scherben. Aber aus -dem
Geröll der Steine und den Hügeln zerschossener ver-
rosteter Eisenteile liess neues Hofïen und frischer Mut
das Zerstörte neu entstehefi. Der Krieg aber dauerte
langer,als man gedacht hatte.er verhinderte, dass neues
Leben und Schaften in den erstandenen Raumen auf-
kam. Zwar fuhr er nun nicht wieder mit roher Gewalt,
die mit der Faust drein schlagt, dazwischen, nein nun
wirkten die Machte, die wie ein Gefolge hinter ihm her
schleichen und ohne lauten Larm, in heimlicher uner-
müdlicher Arbeit den Lebensnerv der kriegsführenden
Völker benagen, als da sind Abschneidung der Han-
delswege, Stockung der Ein- und Ausfuhr, Mangel an
Rohmaterialien, Betriebsstoffen und Menschen. Rings-
herum weckt die Friihlingssonne neues Leben die
Fabrik liegt still und tot und harrt der Friedens-
sonne.
Nun hat das Magazin von einem Teil der Raume
Besitz ergriften. und der Leser wolle verzeihen, wenn
wir gleichsam vor ihrer Eingangspforte diese
kleine Betrachtung, die wohl nicht ganz zur Sache
gehort, aber beim Anblick der Gebiiude sich unwill-
kiirlich aufdrangt, vom Stapel liessen. Doch nun sind
wir schon mittendrin.
Helle, luftige, saubere Lagerraume, gefüllt mit
wohlgeordnelen Vorraten. Nicht nur Kaffee, sondern
auch Tee und Kakao Hiilsenfrüchte aller Art, Sauer
kraut, Nudeln, Graupen, Gries, Griitze, Büchsenge-
müse, Dörrgemüse, Backobst, geraucherte Fleisch-
waren und natürlich alle notwendigen Gcwürze. Es