Ylamische Dichtung.
über eine Stadt zu horen, die im Anfang des Krieges
die Gemüter schon stark erregt hat, die aber zweifellos
beim Frieden noch mehr im Vordergrunde der Erör-
terung stehen wird Antwerpen
Ich denke an schone Sommertage genau ein Jahr
vor Ausbruch des Krieges, als ich die lebhafte Schel-
destadt besuchte. Der Zauber regsamen Friedens lag
über dernvon starken Mauern umgürteten Hausermeer.
Nach langer Fahrt durch den Festungsgiirtel endlich
der Hauptbahnhol. Ich trete auf den Vorplatz. Lange
'habe ich Iremde Art um mich herum gesehen. Und nun
Antwerpen Der Bahnhof, die Keyser-Lei, das ist
allen französischen Bezeichnungen im Baedecker zum
Trotz deutsch, ganz und gar deutschUnd nun
besinne ich mich etwas über Antwerpen. 400 000 Seelen
zahlt die Stadt. Der überwiegende Teil davon ist
vlamisch, das heisst niederdeutsch. Dazu kommen als
Fremde etwa i5 000 Reichsdeutsche und gegen 20 000
Hollander, als nur stammverwandte, bzw. stammes-
gleiche Elemente, die gewiss nicht dazu beitragen,
den vlamischen Charakter Antwerpens zu verwischen.
Doch nicht nur der Bevölkerung nach ist der grosse
Scheldeplatz deutsch, mehr noch durch sein Stadtbild.
Schon ein flüchtiges Beobachten bestatigt das auf
Schritt und Tritt. Gleich der Bahnhof selbst erinnert
in vielen Dingen an die grossen Bahnhofsbauten West-
deutschlands, z. B. Kölns, Frankfurts. TJeberall sieht
man in grossen Lettern deutsche Bezeichnungen. Und
nun das Strassenbild Wieder wird man an West-
deutschland erinnert. Ich dachte immer an die Iiölner
Ringstrassen, wenn ich durch die grossen Avenuen
wanderte. Oder die Altstadt mit ihren Winkeln und
Gasschen, genau wie in Alt-Köln oder Alt-Frankfurt.
Und die Geschaftswelt Wie zahlreich sind die
deutschen Finnen Gewaltig hebt sich das Waren-
haus Leonhard Tietz am Meir hervor, und dann all die
bekannten Namen aus Düsseldorf, Krefeld, u. s. w.
Allein, vergessen wir in diesern Zusammenhange nicht
die Annehmlichkeiten des Lebens Wie heimatlich
mutet es den Westfalen an, wenn er nach Ale und
Stout in England und Holland in Antwerpen endlich
mal wieder ein vernünftiges Glas Dortmunder Bier
trinken kann. Den ganzen, grossen Kranz Dortmunder
Brauereien hndet er vertreten. Bloss die französische
Küche ist storend. Dass in allen Lokalen hochdeutsch
verstanden wird, braucht nicht erwahnt zu werden,
wenn auch in der Unterhaltung das Vlamisch über-
wiegt.
Und noch ein Letztes, das besagt, Antwerpen ist
deutsch, das ist seine uralt deutsche Geschichte und
Kultur. Nicht bloss die Anfange, vor allem die Zeit der
Blüte im sechzehnten Jahrhundert. Unter Karls V.
machtigem Schutz entwickelte sich die Stadt schon
damals zu einem der ersten Haf en Europas. Und das
Hinterland Lediglich das westliche Deutschland. Ein
Augsburger Fugger war es, der an diesem Aufschwung
den lebhaftesten Anteil hatte. Und als der spanische
Landesherr, König Philipp II., der Stadt zum Be-
drücker wurde, wie mannhaft hat sie sich dagegen
welsches Wesen vierzehn Monate lang verteidigt
Die Blüte war zwar dahin, aber immer noch blieb dem
Gemeinwesen innere Kraft genug, dass es einem so
bedeutendem Maler wie Rubens als Wohnstatte zu
dienen und selbst einen diesem ebenbürtigen Künstler,
A. van Dyck, hervorzubringen vermochte. So ist die
herrliche Antwerpener Kathedrale heute ein Tempel
Rubens'scher Meisterwerke. Hier befinden sich u. a.
die Aufrichtung des Kreuzes von 1610 und die ergrei-
fende Kreuzabnahme von 16x1/14. Die andre Vereh-
rungsstatte Rubens'scher, wie überhaupt vlamischer
Kunst, 1st das Königl. Museum im Südwesten der
Stadt.
Vor dem Kriege waren die Verkehrsbeziehungen
Antwerpens zum Deutschen Reiche wohl noch inniger
als in den früheren Jahrhunderten. Fitr einen grossen
Teil Westdeutschlands ist die Scheldestadt derniichste
grosse Seehafen, der durch den Schelde-, Maas--und
Nordkanal seine Fühler sogar bis in die preussischen
Rheinlande Düsseldorf erstreckt. Eine direkte Eisen-
bahnverbindung über Roermond-M. Gladbach mit
taglich drei Schnellzugspaaren verband Antwerpen mit
dem rheinisch-westfalischen Industriegebiet auf das
allerengste. Infolgedessen ist es nur natürlich, dass die
einzelnenlndustriezweige hier ihreVertretungen haben.
Sie befinden sich in eigenen, geschmackvollen Bauten,
von denen sich am meisten das Hansahaus der Firma
W. von Mallinckrodt auszeichnet, an dessen Fassaden
sich bildliche Darstellungen der deutschen Fliisse
Schelde, Rhein, Weser und Elbe neben denen von
Handel und Schiffahrt hervorheben. Da Antwerpen
nachst Hamburg der bedeutendste Hafen des euro-
paischen Festlandes ist, so ist es selbstverstandlich,
dass die grossen deutschen Rhedereien, die Hamburg-
Amerika Linie und der Norddeutsche Lloyd,hier eben-
falls Niederlassungen haben. Beiden liegen unmittelbar
am rechten Ufer der Schelde lang dahin gestreckt.
Besonders die Terrassen, welche die Dacher der
Lagerhauser des Norddeutschen Lloyd bilden, sind
mit die interessantesten Punkte im Hafenleben von
Antwerpen. In der angenehmsten Weise kann man von
hier aus das wechselvolle Bild auf dem breiten Schel-
destrom beobachten, oder des Abends, wenn der Fluss
in zahlreichen Lichtern erglüht, dem stimmungsvollen
Nachtlauten der nahe gelegenen Kathedrale lauschen,
in das sich vielfach der wehmütige Sang der Hafen-
schifler mischt. Und wenn man über die Beobachtung
des Tages nachdenkt, so hat man nicht das Gefiihl, in
der Fremde zu sein. Was man in Antwerpen geschaut,
das war seinem Wesen nach durchaus deutsch, nieder
deutsch wie in dem benac.hbarten Holland. Daran
andern auch nichts die deutschfeindlichen Kundgebun-
gen in den ersten Kriegsmonaten.
Schluss.
JESUS' SLAPENGAAN.
Als Jesus zou slapen, 's avonds spa
volgden hem steeds elf engelen na,
die hielden heel hoog en lichten hem voor
veel sterren, zilverzacht van gloor.
En als hij nu in zijn bedje lag,
traden zij nader, vol heilig ontzag,
en namen elkaar heel stil bij de hand
ten neidans om zijn ledikant,
en zongen liedekens, wondërzacht,
gelijk nachtegalen bij Lentenacht.
Vielen dan 's kindsjes oogelijns dicht,
dan doofden zij gauw hun sterrenlicht,
en ieder koos zich, zonder geluid,
voor heel den nacht een plekjen uit.
Dr. H.Droyhaus.