Zeitfragen.
Belgier sind doch nacli allem Englands Bundesgenossen
und wir begreifen nicht, warum wir beinahe wie Feinde
behandelt werden." Die Indépendance Beige" meint
gegen die englischen Gastgeber gewendet Ihr weigert
Kuch, uns hier Arbeit zu geben, und Eure Militaerbehoerde
erlaubt uns nicht, nach Hause zurueckzukehren. Es scheint
uns doch, als ob die Belgier ueber raehr Freiheit im freien
England verfuegen sollten.
Wir koennen uns ja nur der beginnenden Einsicht
freuen und sind gewiss, dass wenn es moeglich waere
die groesste Mehrzahl der Gefluechteten sofort heimkehren
wuerden.um unterder Herrschaft der ehemalssoverhassten
Deutschen ein geruhsameres Leben zu fuehren. So aendern
sich die Zeiten.
Belgischer Volkschulunterricht. In Huy konnten von
1500 Arbeitslosen 375 nicht ihren Namen schreiben, eben-
soviel besassen nur die Anfangsgruende des Elementarun-
terrichts Untêrrichtskurse, die man einrichtete, konnten
die Arbeitslosen auf die Dauer nicht fesseln.
Die erste Sitzung des deutschen künstlerischen Bei-
rats für den Wiederaufbau in Belgien tand in Bruessel
mit anschliessender Besichtigung der Zerstoerungen in
Loewen, Aerschot und Mecheln statt. Ein Vortrag des Chefs
des Zivilverwaltung Exc. v. Sandt ueber die Ziele und
die Organisation der Zivilverwaltung in Belgien eroeffnete
die Besprechung.
Fps. Das Kriegsernaehrungsamt. Die Lebensmittel-
versorgung des deutschen Volkes ist durch die jetzt erfolgte
Schaffung des Kriegsernaehrungsamts auf eirie
voellig neue Grundlage gestellt worden. An der Spitze dieses
Amts steht ein Praesident, der mit ganz ausserordentlichen
Vollmachten ausgeslattet ist, auf Grund deren er ueber alle
Nahrungsmittel fuer Mensch und Vieh frei vorfuegt.
E i n Kopf entscheidet also kuenftighin ganz allein,
eine e i n z i g e Hand wird gleichmaessig sorgen fuer Stadt
und Land, Sued und Nord, Ost und West. Bisher regierten
die Vielheit und die Verschiedenheit. Jeder Bundesstaat,
jede Provinz, jeder Kreis, jede Stadt arbeitete fuer sich,
ohne Ruecksicht auf die andern. Manche Bezirke schlossen
sicli durch Ausfuhrverbote vcm den andern ganz ah dadurcb
batte man hier reiehlich, dort herrschte grosser Mangel.
Hinzu kam, dass eine Kontrolle ueber die vorhandenen
Bestacnde an Nahrungsmitteln ausserordentlich erschwert
wurde. Der Zwischenhandel schob die Vorraele hin und her
und drueckte damit die Preise allmaehlich in die Hoehe. Als
dann mit der Festsetzung der Hoechstpreise der Verteue-
rung ein Riegel vorgeschoben werden sollte, da verschwan-
den die Vorraéte vom Markt. Damit wurde eine regelmaes-
sige Verteilung der Nahrungsmittel unmoeglich gemacht.
Der einzelne konnte nichts erhalten, obwohl ein Vorrat
irgendwo vorhanden war. Hier musste der Hebei angesetzt
werden. Und das ist jetzt geschehen. Man bat die gesetz-
maessigen Hindernisse. die einem einheitlichen und wirk-
samen Durchgreifen im Wege standen, beseitigt. Der Prae-
siden t des neuen Amtes verfuegt ueber alle V o r-
r a e t e und Rohstoffe," ver waltet sie, regelt
ihren V e r k e h r und V e r b r a u c h und setzt die
Preise lest. Die Preisregelung ihrerseits bedingt eine
Ueber w a c h u n g der Produktion, damit vor
allem die Erzeugung keinen Rueckgang erfaehrt. Der Fort-
schritt besteht also darin, dass nunmehr die Einheitlichkeit
und weiterhin die rasche Durchfuehrung aller Massnahmen
gesichert ist.
Man wird fragen warum ist das nicht sehon laengst
geschehen Darauf ist zu sagen, dass niemand die Entwick-
lung der Dingo, in die wir durch die lange Dauer des Krie-
ges hineingeraten sind, von vornherein bis zum letzten Ende
absehen konnte. Die Schwierigkeiten traten auch nicht
zusammen auf einmal auf, sondern eine kam nach der
andern, und auch die einzelnen Misstaenue wuchsen erst
aus kleinen Anfaengen empor. So suchte man mit den ge-
setzmaessig vorhandenen Mitteln auszukommen und zoe-
gerte mit der Ergreifung besonderer Massnahmen. Behoerd-
liche Bevormundung wird im deutschen Volk im allgemei-
nen nicht besonders willkommen geheissen Jetzt muss
jeder einsehen, dass Zwangsmassregeln von in Handel und
Wandel recht tief einschneidender Art unumgaenglich wur-
den. Im Bewusstsein der vaterlaen disc hen Not-
wendigkeit werden die leichter und freudiger getragen
werden
Freilich sind nun fuer den einzelnen keine groesseren
Portionen zu erwarten. Wir wissen, dass wir mit einzelnen
Nahrungsmitteln wie Fleisch und Fett aeussert sparsam
umgehen muessen. Aber jeder soli nun den ihm zugemes-
senen Anteil auch erhalten. Einesjedoch ist Voraussetzung
inDisziplin und Vertrauen muss jetzt auch die
Armee hinter der Front dem Fuehrer folgen. Dann sind Avir
sicher :um der Ernaehrung uns e res Volkes
willen brauchen wir auchnicht e i n e n Tag
eh er F rieden zu schliessen, das Schwert
allein wird darueber entscheiden.
Wann kommt der Friede Deutschland hat durch
den Mund seines Reichskanzlers offen vor aller Welt seine
Friedensbereitschaft verkuendigt. Sein Kriegsziel ist er-
reicht. Seine B'einde sind auf alb-n Fronten unterlegen, und
wenn diese sich auf den Boden der gegebenen Tatsachen
stellen, also die durch den-Sieg unserer Wallen geschaffenè
militaerische Lage anerkennen wuerden, waere der Weg
1'uer Friedensverhandlungen frei.
Wenn das boese Wenn Daran fehlts ja gerade, man
will auf der Gegenseite die Kriegslage nicht anerkennen.
Und vor allem ist England wieder derjenige, welcher. Es
weiss genau, dass Deutschland so sehr im. Vorteil ist, dass
bei Verhandlungèn, die auf Grund der gegebenen Lage ge-
fuelirt werden, die Niederlage des Viervérbandes zugcgeben
werden muesste. Es glaubt aber noch an eine Aenderung
dieser Lage 1) durch militaerische Erfolge, die die jetzt
an der oesterreichischen Front begonnene russische Offen
sive und die schon lange angekuendigte franzoesisch-engli-
sche bringen sollen, waehrend man wohl kaum noch auf
Italiën rechnet
2) durch die noch immer nicht aufgegebene Hoffnung
auf unsere Aushungerung man denkt allen Ernstes, dass
ganz Deutschland etwa wie Paris 1871 ueber kurz oder
lang aus Hungersnot kapitulieren muesste.
Erst also, wenn diese beiden Hoffuungsblueten Englands
verblueht und verdorrt sind, ist der Weg für den Frieden
frei. Vielleicht aber vergeht einem oder dom anderen
Ententegenossen die Lust so lange mitzumachen, bis En
gland die Augen aufgehen, weil ihm selbst inzwischen die
Augen ueber seinen englischen Bundesfreund aufgegangen
sind. Das wuerde natuerlich das Verfahren verkuerzen
Englands Hoffnungen aber werden zerfallen. Denn
wie sich draussen das deutsclie Schwert die errungenen
Vorteile nicht entreissen lassén wird, so wird auch drinnen
im Lande wegen der eingetretenen Lebensmittelknappheit
kein Dcutscher an bedingungslose Uebergabe denken.