Bei einer Maschinen-
Gewehr-Abteilung"
*Aus dem Leben in der Etappe
Es ist jetzt 8 Tage her. Im engen Beton-Unter-
stand schlafen wir zu Dritt. Ein Vierter wacht am
Telefon. Recht unruhig ist's draussen. Nur ab und
zu hallt ein Schuss über den Berg. Mitternacht ist
vorbei, da wird mein Schlaf unruhig. Irgend etwas
greift storend in den drückenden Traum. Ich wache
auf. Ein ausserst heftiges Gewehr- und Handgrana-
tenfeuer ist entbrannt. Auch mein Nebenmann erwacht.
Er scheint unruhig. Was riecht hier nur so Holt
Eure Gasmasken rufe ich. Jetzt ist alles munter,
ich untersuche das Gewehr. Töö, tö, töö, ruft das Tele
fon an. Die Nachbarstellung meldet feindlichen Gas-
angriff. Wird ein Infanterieangriff erfolgen Unauf-
hörlich krachen Schüsse und Handgranaten. Doch
tönt da nicht jenes blecherne Wupp, Wupp Unsere
Minenwerfer sind alarmiert, und schon blitzen zwei
schwere Explosionen auf. Jetzt donnern hinten die
Berge, blitzschnell pfeift's über unsere Köpfe. Das
ist gut, nun wird dem Franzmann die Angriffslust ver-
gehen. Es ist ja auch bereits Tag geworden. Hatten
sie uns nur mal den Gefallen getan, wir hatten sie
schö'n versackeitso meint mein Richtschütze halb
argerlich
Ich erhalte den Auftrag, auf meinen Unterstand
hinauf eine Treppe zu bauen und dann auf dem Dach
eine möglichst sichere Masch. Gew. Stellung vor-
zubereiten. Die Treppe kann am Tag gebaut wer
den. Eine fidele Arbeit ist es. Die beiden Rheinlan-
der Kameraden sind zu eigenartige Gesellen. Immer
wjeder bringen sie einen zum Lachen. Sie wissen
gut eine Arbeit anzufassen, kommen nie in Verle-
genheit. Sie sollen z. B. die beiden Enden eines Bal-
kens anfeuchten, dessen weisse Schnittflachen durch
Erde unsichtbar gemacht werden müssen. Wasser ist
keins zur Hand. Was tun die Burschén Das, was
Du eben selbst beinahe geraten hast. Und wie die
beiden Kerle mich dabei angucken, der eine von die-
sem, der andere von jenem Ende des Balkens...
Die Tagesarbeit ist vollendet, das Uebrige kann nur
bei Nacht gemacht werden. Inzwischen trinken wir
Kaffee, verzehren 3 Pfd. Brot, lesen Zeitung. Nun
ist's dunkel genug, wenn der Mond nur verdeckt
ware 1 Vorsichtig gehen wir auf die Deckung hinauf.
c Wupp was war das Schu, schu, schu zischt es
wie eine Lokomotive über uns weg. Weit hinter uns
krepiert eine französische Mine. Und schon wieder
ertönt jenes Wupp Wir wie der Wind in den
Unterstand. Nun folgt Mine auf Mine, die Unsern
antworten. Wann sollen wir nur unsere Arbeit vol
lenden 1st sie so wichtig, dass wir sie trotz des
Feuers erledigen müssen Doch, Gott sei Dank, nun
tritt eine Feuerpause ein, und meine Bedenken finden
ein Ende. Emsig, aber gerauschlos schaffen wir art
der Stellung. Ab und zu erscheint eine Leuchtkugel,
dann schmeissen wir uns platt auf den Bauch.
Zwei Uhr ist's, die Arbeit ist getan. Die Kame
raden legen sich schlafen, doch ich verweile noch ein
wenig im Freien. Wie schön war doch die Nacht,
auf die ich bis da garnicht geachtet hatteGegen
den matthellen Sternenhimmel hoben sich schauerlich
schön die zerissenen Stümpfe schwerer Tannen ab.
Zwischen ihren schwarzen Schatten leuchtete in der
Unendlichkeit eine feine Mondsichel, ab und zu durch
leichtes Gewölk verdeckt. Rundum gewaltige dunk-
Ie Bergmassen. In regelmassigen Zwischenraumen
schwebten an zartem Fallschirm französische Leucht-
kugeln herüber. Wie sanft und ruhig sie durch die
Baume herüber glitten. Dann ging auch ich schlafen.
Nun folgte noch eine Nacht, in der wir mit Sicher-
heit feindliches Trommelfeuer erwarteten. Bis auf den
letzten Mann sollte die Stellung gehalten werden.
Da eine Menge Handgranaten, Munition und Lebens-
mittel in den Unterstand geschafft wurde, da der
ausserst aufgeregte Leutnant uns immer wieder zu
Ruhe und Umsicht ermahnte und vor unseren Augen
sein Testament schrieb, so glaubten wir, es gehe
tatsachlich an den Kragen. Doch kein Schuss erfolgte.
Dann kam an einem Mittag unser Trommelfeuer,
das der Bataillonsstab von unserem Unterstand aus
beobachtete. Man konnte sehen, wie am spaten Abend
unsere Patrouille zum Feind hinüberging. Zum Glück
sind sie alle gesund zurückgekommen. Dann eine
Nacht, in der wir einen Gegenstoss erwarteten. Und
nun die wohlverdiente Ruhe...
13. EINE SITZUNG BELGISCHER
GEMEINDE-VORSTEHER
Der Sitzungssaal des Aalster Rathauses ist bis auf
den letzten Platz gefuellt. Buergermeister, Gemein-
desekretaere, Mitglieder des Unterstuetzungs-Komi-
tees sind aus dem ganzen Kommandanturbezirk zu-
sammengekommen, urn zu vernehmen, welche Bestim-
mungen die Etappen-Inspektion ueber die Verwer-
tung und Verteilung der diesjaehrigen Ernte getroffen
hat. Der Kommandant tritt in Begleitung seines Bue-
ro-Vorstehers ein, alle erheben sich ehrerbietig von
den Plaetzen. An Hoeflichkeit fehlt es den besseren
Staenden in Vlamland nicht.
Ohne lange Einleitung geht's gleich frisch an die
auf die Tagesordnung stehende Sache heran. Mit
militaerischer Kuerze verkuendet der Kommandant
den Willen der Etappen-Inspektion. Satz fuer Satz
folgt ihm der Landsturm-Dolmetscher. Wie sich die
beiden Sprachen gegenueberstehen Erst das kurz.
abgerissene, befehlsgewohnte soldatische Deutsch,
das Gehorsam heischt, und dann das weiche, in vie
len Redewendungen sich ergehende Vlaemisch, das
einen Befehl in moeglichst angenehmer und ver-
bindlicher Form an die Hoerer heranbringen moechte
Folgende frische Schilderung erhielt ein
Kamerad in einem Briefe seines Sohnes,
eines Unteroffiziers bei einer Masch. Gew.
Abtlg. Wir geben ihr gern Raum.
Schrftltg.